Gewinne aus dem Verkauf von Kryptowährungen sind nach einer Haltedauer von einem Jahr steuerfrei. Deutschland als Steuerparadies! Dies gilt aber nicht für Gewinne aus dem kurzfristigen Handel mit Kryptowährungen. Sie sind mit dem persönlichen Einkommensteuersatz zu versteuern.
Viele kurzfristig orientierte Trader erwägen daher einen Umzug in ein steuergünstigeres Land. Doch Vorsicht: Das deutsche Außensteuergesetz enthält zur Verhinderung von Steuerflucht in § 2 AStG eine hochkomplizierte Regelung, die eine Besteuerung auch nach dem Wegzug ins Ausland vorsieht – und zwar für bis zu elf Jahre.
Welche Voraussetzungen für die erweitert beschränkte Steuerpflicht gelten?
Folgende Voraussetzungen müssen dafür erfüllt sein:
- Deutsche Staatsangehörigkeit
- Unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland in mindestens fünf der letzten zehn Jahre
- Umzug in ein Niedrigsteuerland
- Beibehaltung wesentlicher wirtschaftlicher Interessen in Deutschland
- Bezug von „nicht ausländischen Einkünften“ im Sinne des § 34d des Einkommensteuergesetzes
Was gilt als Niedrigsteuerland?
Ein Land wird als Niedrigsteuerland eingestuft, wenn die Einkommensteuerbelastung bei einem fiktiven Jahreseinkommen von 77.000 Euro um mehr als ein Drittel geringer ist als in Deutschland. Selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, ist eine Niedrigbesteuerung auch dann anzunehmen, wenn am neuen Wohnort speziell auf Kryptogewinne keine oder deutlich geringere Steuern erhoben werden. Klassische Niedrigsteuerländer sind – um nur einige wenige zu nennen – Dubai, Panama und sonstige Offshore-Länder wie z.B. die Bahamas.
Was sind nicht ausländische Einkünfte?

Der Besteuerung unterliegen nur „nicht ausländische Einkünfte“. Der sperrige Begriff möchte ergänzend zu den sowieso der beschränkten Steuerpflicht unterliegenden inländischen Einkünfte weitere Einkünfte in die Steuerpflicht einbeziehen, die nicht ausländisch sind. Man spricht daher auch von „erweiterten inländischen Einkünften“.
Wann im Fall von Kryptoinvestments von ausländischen Einkünften auszugehen ist, ist allerdings bisher nicht geklärt und zudem äußerst schwierig zu bestimmen.
Auf den ersten Blick scheinen Kryptowerte auf der Blockchain belegen zu sein und damit gewissermaßen „überall und nirgendwo“. Wollte man davon ausgehen, lägen sie also sowohl in jedem ausländischen Staat, aber eben auch in Deutschland. Einkünfte daraus wären daher nicht (nur) ausländisch und damit Gegenstand der erweiterten beschränkten Steuerpflicht.
Das ist offensichtlich ein unbefriedigendes, weil willkürliches Ergebnis. Kryptowerte wären dann nämlich immer Gegenstand der erweiterten beschränkten Steuerpflicht, auch wenn jedweder Bezug zu Deutschland fehlte. Ähnlich unbefriedigend und zufällig wäre – aus unterschiedlichen Gründen – das Anknüpfen an Kriterien wie z.B. an den Sitz der Nodes oder des Emittenten oder des Walletanbieters oder auch an den Ort, an dem sich die Private Keys bzw. Wallets des Steuerpflichtigen befinden.
Wohnsitz entscheidend: Kryptogewinne im Ausland und erweiterte beschränkte Steuerpflicht
Unserer Rechtsauffassung nach kommt es in solchen Fällen daher entscheidend auf den Wohnsitz bzw. den gewöhnlichen Aufenthalt des Steuerpflichtigen an. Sofern sich dieser nach dem Wegzug aus Deutschland im Ausland befindet, sind die Kryptowerte unserer Meinung nach also im Ausland belegen. Gewinne aus dem Handel mit Kryptowährungen wären dann ausländisch und gerade nicht „nicht ausländisch“. Sie unterfielen dann nicht der erweiterten beschränkten Steuerpflicht.
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Unklare Rechtslage – Abstimmung mit Finanzamt ratsam
Von gerichtlicher oder behördlicher Seite gibt es hierzu jedoch bislang noch keine belastbare Aussage. Wer sich nicht auf einen Streit mit dem Finanzamt einlassen möchte, sollte daher entweder eine verbindliche Abstimmung mit seinem Finanzamt anregen (sog. verbindliche Auskunft) oder in ein Land verziehen, mit dem Deutschland ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) geschlossen hat. Denn vielfach wird die erweiterte beschränkte Steuerpflicht durch ein solches DBA ausgeschlossen oder modifiziert. Bevor Sie einen Wegzug in Erwägung ziehen, empfehlen wir dringend eine gründliche Prüfung Ihrer individuellen Situation. Gerne sind wir Ihnen dabei behilflich.
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