Gemeinnützige Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen betreiben gerne Auftragsforschung. Um ihre Gemeinnützigkeit nicht zu gefährden, bedienen sich viele Einrichtungen dafür einer steuerpflichtigen Tochter-GmbH. Dieses Gestaltungsmodell hat das Finanzministerium (FM) Sachsen-Anhalt nun in einem Erlass bestätigt.
Finanzierung gemeinnütziger Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen
Ausgangspunkt für das Gestaltungsmodell ist die Tatsache, dass die Einnahmen von gemeinnützigen Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen zu mehr als 50% aus Quellen stammen müssen, die keine Gegenleistung für sogenannte Auftragsforschung sind. Nur dann handelt es sich bei ihnen um steuerbegünstigte Zweckbetriebe nach § 68 Nr. 9 der Abgabenordnung (AO). Forschungseinrichtungen stecken damit in einem Dilemma: Denn die Forschung im Auftrag von Unternehmen, des Staates oder einzelner Personen ist für die Einrichtungen finanziell meist äußerst attraktiv.
Häufiges Gestaltungsmodell
Um mehr Auftragsforschung zu ermöglichen, hat sich in der Praxis daher folgendes Gestaltungsmodell etabliert:
- Die Einrichtung gründet eine steuerpflichtige Tochtergesellschaft (in der Regel eine GmbH).
- Ein Teil der Auftragsforschung wird auf die Tochtergesellschaft übertragen.
- Die Muttereinrichtung überlässt der Tochtergesellschaft hierfür Personal und Geräte gegen Entgelt. Die Entgelte sind bei der Tochtergesellschaft als Betriebsausgaben steuerlich abzugsfähig.
- Bis zur Grenze von 50% führt die Mutter jedoch weiterhin selbst die Auftragsforschung aus.
Der Clou dabei: Der Großteil der Auftragsforschung bleibt weiterhin steuerbegünstigt, da er von der gemeinnützigen Muttereinrichtung durchgeführt wird. Darüber hinaus führt die Tochtergesellschaft die (dann steuerpflichtige) Auftragsforschung aus, um die Gemeinnützigkeit der Muttereinrichtung nicht zu gefährden.
Gestaltungsmodell in Sachsen-Anhalt zulässig
Und das hält das FM Sachsen-Anhalt für zulässig. Berücksichtigt werden müsse nur, dass die Gewinnausschüttungen der Tochter und die Entgelte für überlassenes Personal oder Geräte zum steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb der Muttereinrichtung gehören. Für gemeinnützige Wirtschafts- und Forschungseinrichtungen in Sachsen-Anhalt ist das eine positive Entwicklung: Sie müssen künftig keinen Ärger mehr mit dem Finanzamt fürchten und können sich sicher sein, dass der Betriebsprüfer dieses Modell im Rahmen seiner Prüfung ebenfalls als zulässig einstufen wird.
Vorsicht ist im Rest der Republik geboten
Für den Rest der Republik hat der Erlass aber zunächst einmal keine Auswirkungen. Denn: Bindungswirkung hat der Erlass nur für die Finanzämter in Sachsen-Anhalt. Es handelt sich also gewissermaßen um einen Alleingang des Bundeslandes, über dessen Gründe nur spekuliert werden kann. Ob die anderen Länder nachziehen werden, ist aktuell noch offen.
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Einen Seitenhieb versetzte das FM Sachsen-Anhalt schließlich noch dem Bundesfinanzhof (BFH), indem es die Finanzämter in Sachsen-Anhalt anwies, ein Urteil des BFH (BFH, Urteil v. 10.05.2017, Az. V R 43/14) nicht umzusetzen. In dem Urteil hatte der BFH klargestellt, dass bei der Berechnung der 50%-Grenze die Umsatzsteuer nicht zu berücksichtigen ist. Weil diese Entscheidung für die Finanzämter aus sich heraus keine Bindungswirkung hatte, bestand für die Anweisung des Finanzministeriums objektiv gesehen kein Anlass. Warum sich das FM Sachsen-Anhalt dennoch aktiv gegen den BFH positionieren wollte, wirft Fragen auf.
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FM Sachsen-Anhalt, Erlass v. 02.04.2020 – 42 – S 0187 – 6
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