Wer eine als gemeinnützig anerkannte Organisation ins Leben ruft, konzentriert sich häufig auf die gemeinnützigen Zwecke und deren Maßnahmen zur Verwirklichung in der Satzung – vor allem, wenn man schon konkrete Projekte dazu geplant hat. Die Vermögensanfallklausel in der Satzung findet dabei wenig Beachtung, ist aber ein ebenso entscheidender Bestandteil: Wird eine solche Regelung nicht oder unzureichend getroffen, steht die Gemeinnützigkeit auf dem Spiel. Mit den Anforderungen an eine solche Klausel hatte sich das FG Niedersachsen in einem Urteil vom 25.04.2024 befasst.
Finanzamt versagt gGmbH Anerkennung als gemeinnützig
Klägerin war im gegebenen Fall eine Unternehmensgesellschaft, die die Erbringung spezialisierter ambulanter medizinischer Dienstleistungen für Schwerstkranke und Sterbende sowie aller damit im Zusammenhang stehender Dienstleistungen zum Gegenstand hatte. Im Jahr 2016 beschlossen die Gesellschafter mit Wirkung zum 01.01.2017 eine Aufstockung des Stammkapitals sowie die Umwandlung der Gesellschaft in eine gemeinnützige GmbH (gGmbH). Der Gesellschaftsvertrag sah dabei für den Fall der Auflösung folgende Regelung vor:
„Bei Auflösung oder Aufhebung der Gesellschaft oder bei Wegfall steuerbegünstigter Zwecke fällt das Vermögen der Körperschaft, soweit es die eingezahlten Kapitalanteile der Gesellschafter und den gemeinen Wert der von den Gesellschaftern geleisteten Sacheinlagen übersteigt, an eine juristische Person des öffentlichen Rechts [oder] an eine andere steuerbegünstigte Körperschaft, die es unmittelbar und ausschließlich für gemeinnützige und mildtätige Zwecke zu verwenden hat.“
2019 beantragte die gGmbH erstmals die Anerkennung als gemeinnützig, wobei sie den Gesellschaftsvertrag unverändert vorlegte. Die Anerkennung als gemeinnützig wurde der gGmbH daraufhin durch das zuständige Finanzamt versagt. Der eingereichte Gesellschaftsvertrag entspreche nicht den inhaltlichen Anforderungen der Mustersatzung gem. Anlage 1 zu § 60 AO und erfülle daher nicht die satzungsmäßigen Voraussetzungen gem. §§ 59, 60, 61 AO. Weder der angegebene Unternehmens-/Satzungszweck noch die geregelte Vermögensbindung seien hinreichend klar und umfassend formuliert.
Die gGmbH legte hiergegen zunächst Einspruch ein, welcher jedoch als unbegründet zurückgewiesen wurde. Anschließend erhob die gGmbH Klage vor dem FG Niedersachsen.
FG Niedersachsen: Vermögensanfall unzureichend in Satzung geregelt
Das FG Niedersachsen urteilte, dass die im Gesellschaftsvertrag verwendete Klausel trotz der Ausrichtung am gesetzlichen Grundsatz der Vermögensbindung unzureichend sei. Es fehle an hinreichend konkretisierten Bestimmungen zur abschließenden bzw. künftigen Mittelverwendung.
Zwar sei die Aussage enthalten gewesen, dass das Vermögen auf eine steuerbegünstigte Organisation übergehen sollte, welche es ausschließlich für steuerbegünstigte Zwecke verwenden sollte. Offengelassen wurde allerdings, auf welche Organisation genau das Vermögen übergehen sollte. Es wurde durch die gGmbH kein konkreter steuerbegünstigter Zweck aufgeführt, welcher mit den Mitteln hätte verwirklicht werden sollen.
Darüber hinaus sei durch die Verwendung der Worte „gemeinnützig“ und „mildtätig“ zwar eine grobe Orientierung bezüglich der bedachten steuerbegünstigten Person gegeben, eine überprüfbare Zweckbindung hinsichtlich des übergehenden Vermögens sei dadurch jedoch nicht möglich.
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Sofern in einer Satzung bei der Pflichtregelung zum Vermögensanfall die Variante gewählt werde, die keine bestimmte steuerbegünstigte Empfängerorganisation nennt, müsse nach der Mustersatzung zumindest ein konkreter gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zweck i.S.d. §§ 52–54 AO angegeben werden. Beides sei vorliegend nicht ausreichend erfolgt. Die Formulierung in der Satzung werde daher aufgrund ihrer Unbestimmtheit den Anforderungen der Mustersatzung inhaltlich nicht gerecht.
Revision zum BFH zugelassen – Wortlautgetreue Übernahme der Mustersatzung?
Die Mustersatzung nach Anlage 1 zu § 60 AO enthält diejenigen Angaben, die erforderlich sind, damit eine Organisation von der Finanzverwaltung als gemeinnützig anerkannt wird. Sie ist dabei keine komplette Satzungsvorlage, sondern enthält nur die konkret für den Status der Gemeinnützigkeit steuerrechtlich relevanten Regeln.
Die Finanzverwaltung vertritt diesbezüglich in Teilen die Ansicht, dass Organisationen, die die Anerkennung als gemeinnützig anstreben, die Mustersatzung wortwörtlich übernehmen müssen. Demgegenüber geht die Rechtsprechung davon aus, dass es genügt, wenn die in der Mustersatzung enthaltenen Festsetzungen ihrem Inhalt nach in den Satzungen der gemeinnützigen Organisationen enthalten sind. Eine endgültige Entscheidung dieses Streits ist bisher nicht ergangen.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache wurde die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen. Folglich wird sich dieser mit der Frage befassen, welche Formulierung die Satzung einer gemeinnützigen und mildtätigen Körperschaft hinsichtlich des Kriteriums der Vermögensbindung haben muss, um als steuerbegünstigt zu gelten.
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FG Niedersachsen, Urteil v. 25.04.2024, 10 K 70/21
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