Beiträge zu einer Versicherung unterliegen der Versicherungssteuer, die als Pendant zur Umsatzsteuer 19 Prozent der Prämie beträgt und vom Versicherer abzuführen ist. Das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) hat jetzt entschieden, dass es sich bei der durch Mitgliedsbeiträge finanzierten Pannenhilfe des ADAC um Versicherungsleistungen handelt und für die Jahre ab 2014 entsprechende Steuern in Höhe von 90 Millionen Euro nachzuzahlen sind.
Pannenhilfe als Versicherungsleistung
Mitglied des ADAC wird nicht unbedingt nur, wer sich für Kraftfahrtwesen und Motorsport interessiert. Als größter Vorteil der Mitgliedschaft wird von den meisten Mitgliedern wohl weniger die Förderung dieser Interessengebiete als vielmehr die Möglichkeit der Pannenhilfe angesehen. Preis dafür ist der jährliche Mitgliedsbeitrag, den viele Autofahrer angesichts der möglichen Hilfeleistung jedoch gern in Kauf nehmen. Letztlich funktioniert das Kernmodell des ADAC daher wie jede andere Versicherung: Gegen eine Versicherungsprämie werden drohende Risiken, in diesem Fall Unfall- und Pannenhilfe, von der Versicherung abgedeckt. Ein hoher Anteil der bisher steuerfreien Mitgliedsbeiträge ist daher als steuerpflichtige Versicherungsbeiträge für die Pannenhilfe des ADAC zu qualifizieren.
Geänderte Zuständigkeit führt zu Neubewertung
In der Vergangenheit wurde die Pannenhilfe des ADAC jedoch nicht besteuert, da die vormals zuständige bayerische Steuerverwaltung offenbar der Auffassung war, dass die Pannenhilfe des ADAC steuerlich nicht relevant sei. Mittlerweile hat sich die Zuständigkeit jedoch geändert und die Hoheit über die Versicherungssteuer liegt beim BZSt in Bonn. Dieses sieht in der Pannenhilfe eine Versicherungsleistung und verlangt für die Jahre 2014 und 2015 nun Versicherungssteuer in Höhe von rund 90 Millionen Euro. Für die Jahre 2016 und 2017 sowie die Zukunft sind zwar noch keine Steuerbescheide ergangen, doch ist es wahrscheinlich, dass nun jährlich zusätzliche Versicherungssteuern in zweistelliger Millionenhöhe fällig werden. Für die Jahre vor 2014 hat sich der Club nach Medienberichten auf den sogenannten Vertrauensschutz berufen können. Auf Vertrauensschutz kann sich ein Steuerpflichtiger berufen, wenn die Verwaltung ein ihr zurechenbares Vorverhalten gezeigt hat (Vertrauenstatbestand) auf Grundlage dessen (Kausalität) der Steuerpflichtige vertraut (Vertrauensbildung) und konkrete Dispositionen getätigt hat (Vertrauensbetätigung).
Problemtopf ADAC
Der ADAC scheint den Kopf nicht aus der Schlinge zu bekommen. Erst sah er sich zu einer großen Umstrukturierung genötigt, um der Löschung aus dem Vereinsregister zu entgehen. Die nun aufkommenden Steuernachzahlungen kosten nicht nur Geld, sondern werden wohl auch eine Neukalkulation der Beiträge für die nächsten Jahre erforderlich machen. Daneben laufen Verhandlungen mit dem Betriebsrat über den Abbau von rund 400 Stellen sowie Kartellvorwürfe seitens der Abschleppunternehmer. Die Zeiten bleiben also unruhig für den größten deutschen Automobilclub.
Nicht nur der ADAC bietet versteckte Versicherungsleistungen
Nicht nur der ADAC hätte sich übrigens Gedanken über eine mögliche Versicherungssteuerpflicht machen sollen. Auch andere Vereine wurden bereits nachträglich besteuert, da sie durch die Verteilung eines bestimmten Risikos auf alle Mitglieder, finanziert durch Mitgliedsbeiträge, letztlich als Versicherer auftraten. Oftmals haben Vereine ihre Leistungen auch statt der Versicherungssteuer, der Umsatzsteuer unterworfen. Unterfällt eine Leistung der Versicherungssteuer, können die Vereine anders als bei der Umsatzsteuer keinen Vorsteuerabzug mehr geltend machen. Vereine mit entsprechendem Mitgliedsangebot sollten also genau prüfen, ob sie der Versicherungssteuer unterliegen.
Gerne sind Ihnen unsere erfahrenen Anwälte bei der Prüfung behilflich. Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme!
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