Auch gemeinnützige Einrichtungen können wirtschaftlich tätig werden. Wenn die Tätigkeit unmittelbar zur Erfüllung ihrer Satzungszwecke dient, kann sie als Zweckbetrieb steuerbegünstigt sein. Bezieht sich das wirtschaftliche Tätigwerden auf Geschäftsfelder, die auch von nicht steuerbegünstigten Akteuren bedient werden, kann es durchaus zu Abgrenzungsschwierigkeiten kommen.
Konkurrentenklage im Bereich des Verkaufs von Hilfsmitteln für Blinde
So geschehen ist es zwischen einem gemeinnützigen Verein, der als Selbsthilfeorganisation die Interessen von blinden und stark sehbehinderten Menschen vertritt, und der Klägerin, die Waren für blinde und sehbehinderte Menschen verkauft.
Der Verein verkauft im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit ebenfalls Hilfsmittel für blinde und sehbehinderte Menschen über das Internet, im Ladengeschäft und auf Messen. Die daraus erzielten Umsätze hatte das Finanzamt als Leistungen im Rahmen eines Zweckbetriebs mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz besteuert.
Gegen diese ermäßigte Besteuerung erhob die Klägerin Konkurrentenklage, die vom Sächsischen Finanzgericht als unbegründet abgewiesen wurde.
BFH: FG hat Zweckbetrieb falsch beurteilt
Der BFH hat das Urteil des Finanzgerichts aufgehoben. Das Finanzgericht habe in seiner Entscheidung die Anforderungen an einen begünstigten Zweckbetrieb verkannt und infolgedessen die Leistungen des Vereins zu Unrecht als umsatzsteuerbegünstigt beurteilt.
Allein der Verkauf von Hilfsmitteln für Blinde und Sehbehinderte sei noch keine Rechtfertigung der Umsatzsteuerbegünstigung. Wenn der Verkauf von Hilfsmitteln durch den Verein nur eine handelsübliche Beratung umfasse, dann sei eine Steuerbegünstigung nicht erklärbar. Um eine solche zu erlangen, müsse der Verein neben dem Verkauf und der Beratung auch weiterführende fürsorgeorientierte Hilfestellungen geben.
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Ein Zweckbetrieb nach § 68 Nr. 4 AO läge bspw. dann vor, wenn erblindeten Personen neben einer reinen Produktberatung weitere Hilfestellungen gegeben werden oder wenn Verkaufstätigkeiten im Zusammenhang mit einem unentgeltlichen Kursangebot zur Förderung der gemeinnützigen Tätigkeit stehen.
Es muss also die Verkaufstätigkeit des Vereins von der Verkaufstätigkeit eines gewerblichen Anbieters anhand des Grades der zusätzlichen fürsorgeorientierten Leistungen unterschieden werden. Wenn der Verein zwar in einzelnen Verkäufen durchaus die Anforderungen an einen Zweckbetrieb erfüllt hat, während er dies in anderen nicht getan hat, so verneint der BFH eine Aufteilung der Verkäufe und nimmt einen überwiegenden Charakter als gewerbliche Tätigkeit an.
FG muss genaue Umstände klären
Der BFH verwies die Sache zurück an das FG mit dem Hinweis, dass Feststellungen zu den Modalitäten der Verkäufe durch den Verein zu treffen seien.
Wenn Sie Fragen zu Tätigkeiten im Zweckbetrieb haben, wenden Sie sich jederzeit gerne an unsere Experten im Gemeinnützigkeitsrecht.
BFH, Urteil v. 17.11.2022, V R 12/20
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