Immer wieder müssen sich Gerichte mit der Frage beschäftigen, wie Zweckbetriebe und steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe voneinander abgegrenzt werden. Für die betroffenen Organisationen geht es dabei oft um viel Geld. Denn werden vermeintliche Zweckbetriebe von den Richtern als steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe eingeordnet, drohen hohe Steuernachzahlungen. In einem aktuellen Urteil hatte nun das Finanzgericht (FG) Mecklenburg-Vorpommern diese Frage zu klären.
Zweckbetriebe sparen Steuern
Die Einnahmen und Ausgaben von gemeinnützigen Organisationen lassen sich in „vier Sphären“ einteilen. Eine davon ist der steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetrieb, eine andere der Zweckbetrieb. In beiden Fällen ist die gemeinnützige Organisation wirtschaftlich tätig und generiert Umsätze.
Während für den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb Körperschaft- und Gewerbesteuern fällig werden, sind Zweckbetriebe davon ausgenommen. Die Abgrenzung zwischen den beiden Formen der wirtschaftlichen Betätigung ist allerdings fließend und bedarf einer Einzelfallprüfung.
Was ist ein Zweckbetrieb?
Damit eine wirtschaftliche Tätigkeit als Zweckbetrieb eingeordnet werden kann, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Die Tätigkeit muss in ihrer Gesamteinrichtung dazu dienen, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Organisation zu verwirklichen.
- Die Zwecke müssen nur durch einen solchen Zweckbetrieb verwirklicht werden können.
- Der Zweckbetrieb darf in keinem unverhältnismäßigen Wettbewerb zu steuerpflichtigen Betrieben stehen.
Alle drei Voraussetzungen müssen gleichzeitig vorliegen. Daneben nennt die Abgabenordnung (§§ 66 – 68 AO) allerdings einige spezielle Geschäftsbetriebe, die auch ohne das Vorliegen dieser Voraussetzungen Zweckbetriebe sind, wie z.B. Kindergärten, Krankenhäuser oder Einrichtungen der Wohlfahrt.
Abrechnungsleistungen verwirklichen keine eigenen Zwecke
In dem vom FG Mecklenburg-Vorpommern entschiedenen Fall hatte ein im Rettungsdienst tätiger gemeinnütziger Verein Abrechnungen für Krankentransporte und Notfallrettungen eines fremden Leistungserbringers gegenüber den Sozialleistungsträgern übernommen. Die Richter hatten nun die Frage zu klären, ob es sich bei der Abrechnungstätigkeit um einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäfts- oder um einen Zweckbetrieb handelte.
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Der Verein argumentierte, dass er mit seinen Leistungen eine Einrichtung der Wohlfahrtspflege und damit einen Zweckbetrieb i.S.v. § 66 AO begründe. Durch die Übernahme der Abrechnungen für andere gemeinnützige Rettungsdienste habe er mit diesen zusammengewirkt, um den von beiden Organisationen geteilten Satzungszweck zu verfolgen. Das FG sah dies jedoch anders: Durch die Abrechnungsleistungen habe der Verein lediglich als Hilfsperson den fremden gemeinnützigen Zweck der Rettungsdienste unterstützt und nicht unmittelbar zugunsten der Patienten gewirkt.
Zwecke hätten auch anders erreicht werden können
Auch die Voraussetzungen eines allgemeinen Zweckbetriebs nach § 65 AO verneinte das Gericht. Ausschlaggebend dafür war, dass die Zweckerreichung des Vereins nicht nur durch die Rechnungsstellung für Dritte erfüllt werden konnte. Der Verein hätte seinen Zweck – das Erbringen von Rettungs- und Krankenfahrten – auch ohne die Abrechnungsleistung für Dritte verfolgen können. Zudem hätten die Abrechnungen auch von einem privaten Unternehmen übernommen werden können. Der Verein stand daher in größerem Umfang im Wettbewerb mit der privaten Konkurrenz.
Das Urteil bringt den Verein nun in eine missliche Lage, denn durch die Zuordnung der Abrechnungsleistungen in die Sphäre des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs werden dafür rückwirkend Gewerbe- und Körperschaftssteuern fällig, die der Verein nachzahlen muss.
Schwierige Abgrenzung von Zweckbetrieben und wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben
Das Urteil bestätigt, dass die Abgrenzung von Zweckbetrieben und steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben eine der schwierigsten Fragen des Gemeinnützigkeitsrechts darstellt, die gemeinnützige Organisationen regelmäßig herausfordert. Um Steuernachzahlungen zu vermeiden, empfiehlt sich schon bei der Planung einer wirtschaftlichen Aktivität die vorausschauende Prüfung, ob die Voraussetzungen für einen begünstigten Zweckbetrieb vollständig vorliegen. Zu diesem Zeitpunkt lässt sich das geplante Vorhaben noch gestalten und optimieren. Zumindest hat die Organisation dann Planungssicherheit (z.B. auch durch das Einholen einer verbindlichen Auskunft). Gerne sind unsere erfahrenen Rechtsanwälte Ihrer Organisation dabei behilflich.
FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 28.08. 2019 – 3 K 114/15
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