Zahlungen einer Familienstiftung an ihre Destinatäre führen zu steuerpflichtigen Kapitaleinkünften. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Destinatäre Einfluss auf das Ausschüttungsverhalten der Stiftung nehmen können. Wie sonst im Rahmen der Abgeltungssteuer, ist auch die Familienstiftung zum Einbehalt der Steuer bei der Ausschüttung selbst verpflichtet. Behält sie die Steuer für ihre Destinatäre nicht ein, haftet sie bei Nachforderungen.
Nach § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG sind Zahlungen dann Kapitaleinkünfte, wenn die Leistungen aus einer nicht von der Körperschaftsteuer befreiten Vermögensmasse herrühren und mit Gewinnausschüttungen einer Kapitalgesellschaft vergleichbar sind. Der letzte Zusatz zur Vergleichbarkeit wurde im Jahr 2002 angefügt. In dem nun durch den BFH entschiedenen Fall beriefen sich die Destinatäre einer Familienstiftung gerade auf das Fehlen einer solchen Vergleichbarkeit der an sie geflossenen Zahlungen mit Gewinnausschüttungen einer Kapitalgesellschaft.
Hatte die Vorinstanz dieses Argument noch akzeptiert, folgte der BFH ihm nicht mehr. Obgleich die Destinatäre einer Familienstiftung nicht unmittelbar an deren Vermögen beteiligt sind, seien sie wirtschaftlich dennoch den Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft vergleichbar. Dies gelte insbesondere im entschiedenen Fall, da die Destinatäre durch das Kuratorium der Stiftung unmittelbar Einfluss auf das Ausschüttungsverhalten nehmen konnten. Bei den Ausschüttungen der Familienstiftung handelte es sich daher um Kapitaleinkünfte der Destinatäre.
Als Kapitaleinkünfte unterlagen die Zahlungen zugleich der 25%igen Abgeltungssteuer, die vom Auszahlenden (hier der Stiftung) selbst einzubehalten und abzuführen war, § 43 Abs. 1 Nr. 7a EStG. Da die Familienstiftung dem nicht nachgekommen war, haftete sie für die Nachforderungen. Argumente zur Gutgläubigkeit – die Stiftung berief sich auf Meinungen im juristischen Schrifttum, welche zum damaligen Zeitpunkt eine Vergleichbarkeit und damit die Pflicht zum Einbehalt der Steuer bestritten – ließ das Gericht nicht gelten.
Hinweis: Der BFH hat zu erkennen gegeben, dass er der Einflussnahmemöglichkeit auf das Ausschüttungsverhalten künftig wohl keine wesentliche Bedeutung zumessen wird. Es darf also vermutet werden, dass Ausschüttungen von Familienstiftungen regelmäßig zu Kapitaleinkünften führen werden. Der in der Wissenschaft und Rechtsprechung seit längerem schwelende Streit um die richtige Klassifizierung der Einkünfte von Destinatären – entweder als Kapitaleinkünfte nach § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG oder als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 1 a EStG – ist damit höchstrichterlich entschieden.
BFH, Urteil v. 03.11.2010, Az. I R 98/09.