Im Verein einen Dorfladen betreiben, kostenpflichtige Sportkurse anbieten oder andere Dienstleistungen erbringen? Ob und inwiefern dies im Rahmen des eingetragenen Vereins möglich ist, beschäftigt immer wieder die Gerichte.
Was bedeutet wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb?
§ 14 AO definiert den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb als eine selbständige nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden. Von einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb spricht man also immer dann, wenn der Verein planmäßig, auf Dauer angelegt und nach außen gerichtet, eigenunternehmerische Tätigkeiten erbringt, die zum finanziellen Vorteil des Vereins oder seiner Mitglieder gedacht sind.
Vorsicht bei vordergründigem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb
Ab wann aber kann die Ausführung eines solchen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs für den Verein problematisch werden?
Grundsätzlich kann ein eingetragener Verein einen wirtschaftlichen Nebenbetrieb führen, wenn dieser seinen ideellen Hauptzweck fördert. Beispielhaft sind Trägervereine für Kindertagesstätten anzuführen. Der Verein an sich verfolgt ideelle Zwecke zu dessen Verwirklichung er einen Kita-Betrieb führt. Wichtig ist dabei, dass die wirtschaftliche Betätigung den Vereinszweck fördert und nicht den Hauptgrund der Vereinstätigkeit darstellt.
Steht der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb im Vordergrund, so handelt es sich nicht mehr um einen Idealverein, sondern einen wirtschaftlichen Verein. Ein solcher wird u.a. nicht im Vereinsregister eingetragen.
Aktuelle Rechtsprechung zum wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb
Wann aber ist ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb nur Nebenzweck und ab wann ist er als Hauptzweck zu klassifizieren? Damit haben sich jüngst erneut zwei Gerichte auseinandergesetzt.
1. OLG Stuttgart: Betrieb eines Dorfladens
So hat das OLG Stuttgart kürzlich festgestellt, dass eine wirtschaftliche Betätigung in Form des Betriebs eines Dorfladens, kein Eintragungshindernis darstellt, wenn dieser zur Verfolgung eines ideellen Vereinszwecks eingesetzt wird. Laut dem Gericht sei zwar das Betreiben eines Supermarktes eine wirtschaftliche Betätigung, diese sei aber nur dem ideellen Hauptzweck des Vereins untergeordnet. Dies macht das OLG unter anderem an der Satzung des Vereins fest, nach der eine nachhaltige Einkaufsmöglichkeit im Dorf geschaffen und ebenso ein gemeinschaftliches Miteinander ermöglicht werden soll.
Mit dieser Einschätzung weicht das OLG Stuttgart von der Linie des OLG Celle ab, was bei einem Verein, der eine Dorfgaststätte betreiben wollte, der Ansicht war, dass die Konstellation gerade der Paradefall des wirtschaftlichen Vereins sei. Auch wir sehen die Entscheidung des OLG Stuttgarts kritisch. Ein Dorfladen mit einem Verein zu führen ist im Grunde das, was einen wirtschaftlichen Verein ausmacht.
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2. OLG Brandenburg: Förderung des Austauschs zwischen Unternehmen
Die zweite Entscheidung zum Thema kommt vom OLG Brandenburg. Hier hatte ein Verein es sich zum Ziel gemacht den Austausch unter mittelständischen Unternehmen zu fördern. Das Amtsgericht war der Ansicht, es handle sich dabei um eine Leistung, die Vereinsmitglieder normalerweise am Markt erwerben würden. Es läge also ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb als Hauptzweck vor. Unserer Ansicht nach hat das OLG Brandenburg hier richtig entschieden, dass bereits ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vorliegt. Die Leistungen des Vereins sind keine solchen, da sie nicht individualisiert auf die Mitglieder zugeschnitten sind, sondern insgesamt für alle Mitglieder angeboten werden.
Alternativen zum Verein suchen
Wenn die Gründung eines Vereins zur Durchführung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs im Raum steht, sollte noch einmal geprüft werden, ob der eingetragene Verein die beste Rechtsform für dieses Vorhaben darstellt. Neben dem eingetragenen Verein kann auch eine Genossenschaft als Rechtsform in Betracht kommen. Bei Fragen aller Art wenden Sie sich gerne an unsere Spezialisten im Vereins- und Gemeinnützigkeitsrecht.
OLG Stuttgart, Beschluss v. 11.01.2022 – 8 W 233/21
OLG Brandenburg, Beschluss v. 23.03.2022 – 7 W 37/22
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