
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat klargestellt, dass die Verwaltung von unselbstständigen Stiftungen durch einen Verein eine umsatzsteuerpflichtige Leistung darstellen kann. Entscheidend ist, dass ein eigenständiger entgeltlicher Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen Stifter und Treuhänder besteht – unabhängig davon, ob das verwaltete Vermögen bereits dauerhaft auf den Treuhänder übertragen wurde. Das Urteil hat erhebliche Auswirkungen auf die Praxis vieler gemeinnütziger Organisationen, die unselbstständige Stiftungen verwalten.
Hintergrund: Der Streit um die Umsatzsteuer bei Treuhandstiftungen
Ein gemeinnütziger Verein verwaltete im Rahmen von Treuhandverträgen verschiedene unselbstständige Stiftungen. Für diese Verwaltungsleistungen erhielt er jährliche „Stiftungsbeiträge“, die nach der Höhe des jeweiligen Stiftungsvermögens gestaffelt waren. Das Finanzamt behandelte diese Leistungen als umsatzsteuerpflichtig, während der Verein argumentierte, es handele sich um Innenleistungen innerhalb des eigenen Unternehmens, da das Stiftungsvermögen zivilrechtlich in sein Eigentum übergegangen sei. Das Finanzgericht Münster gab zunächst dem Verein Recht.
Wann liegt eine steuerbare Leistung vor?
Der BFH hat die Entscheidung des Finanzgerichts aufgehoben und betont, dass für eine steuerbare Verwaltungsleistung bereits ausreicht, dass sich diese auf ein Sondervermögen bezieht, das wirtschaftlich fremden Zwecken dient. Es kommt nicht darauf an, ob der Leistungsempfänger eigene oder fremde – etwa gemeinnützige – Vermögensinteressen verfolgt. Maßgeblich ist, dass zwischen dem Stifter und dem Treuhänder ein eigenständiges Rechtsverhältnis besteht, in dem der Treuhänder gegen Entgelt Verwaltungsleistungen erbringt.
Der BFH sieht die Verwaltungsvereinbarungen nicht als bloße Präzisierung einer Schenkungsauflage, sondern als eigenständigen entgeltlichen Geschäftsbesorgungsvertrag (§ 675 BGB). Auch wenn das Vermögen zivilrechtlich auf den Treuhänder übergeht, bleibt es wirtschaftlich ein Sondervermögen, das getrennt vom übrigen Vereinsvermögen zu behandeln ist. Der Stifter erhält durch die Verwaltung einen verbrauchsfähigen Vorteil, da er die Verwaltung im eigenen Interesse oder im Interesse des von ihm bestimmten gemeinnützigen Zwecks beauftragt und steuern kann – etwa durch Weisungsrechte und Kündigungsmöglichkeiten.
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Der BFH betont, dass die Verwaltungsleistung auch dann steuerbar bleibt, wenn der Stifter keine wirtschaftlichen Vorteile mehr aus dem Vermögen zieht, etwa nach seinem Tod und ohne Rechtsnachfolger. In diesem Fall entfällt die Steuerpflicht, weil kein identifizierbarer Leistungsempfänger mehr vorhanden ist.
Rechtssichere Gestaltung von Treuhandverträgen
Das Urteil ist für die Praxis von großer Bedeutung: Viele gemeinnützige Organisationen – zumeist (rechtsfähige Stiftungen) verwalten unselbstständige Stiftungen im Rahmen von Treuhandverträgen und erhalten hierfür Verwaltungsentgelte. Der BFH stellt klar, dass solche Entgelte grundsätzlich der Umsatzsteuer unterliegen, sofern ein eigenständiger entgeltlicher Vertrag vorliegt und die Verwaltungsleistung nicht lediglich eine (nicht steuerbare) Schenkungsauflage darstellt.
Für die rechtssichere Gestaltung empfiehlt sich, die vertraglichen Beziehungen zwischen Stifter und Treuhänder genau zu prüfen und klar zwischen Schenkung unter Auflage und entgeltlicher Geschäftsbesorgung zu unterscheiden. Die Vertragsdokumentation sollte eindeutig regeln, welche Leistungen gegen Entgelt erbracht werden und welche Rechte und Pflichten sich daraus ergeben.
Umfassende Beratung zur Umsatzsteuer
Das BFH-Urteil schafft Rechtssicherheit, verlangt aber von gemeinnützigen Organisationen, ihre Vertragsgestaltung und Abrechnungspraxis kritisch zu überprüfen. Die Umsatzsteuerpflicht kann erhebliche finanzielle Auswirkungen haben und sollte frühzeitig in der Kalkulation berücksichtigt werden. Wer unselbstständige Stiftungen verwaltet, sollte seine Verträge und die praktische Umsetzung auf die neuen Vorgaben hin überprüfen und gegebenenfalls anpassen.
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BFH, Urteil v. 05.12.2024, V R 13/22
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