Der Vereinsvorstand ist gem. § 26 Abs. 1 Satz 2 BGB der gesetzliche Vertreter des Vereins. Daraus ergibt sich für ihn die Befugnis, Rechtsgeschäfte im Namen des Vereins abzuschließen, die den Verein berechtigen und verpflichten. Diese sog. Vertretungsmacht kann, muss jedoch nicht, uneingeschränkt bestehen. Denn es sind Satzungsregelungen möglich, die insbesondere die finanzielle Tragweite von Vorstandsentscheidungen „im Alleingang“ limitieren. Möglich ist dies beispielsweise durch Einführung einer bestimmten Betragsgrenze, ab der eine weitergehende Legitimation, beispielsweise durch einen zustimmenden Beschluss der Mitgliederversammlung, erforderlich ist.
Der Beitrag widmet sich der Frage, ob derartige Beschränkungen notwendig und/oder sinnvoll sind – und wie man eine betragsmäßige Beschränkung der Vertretungsmacht am besten ausgestalten kann.
Viele Banken sehen betragsmäßige Beschränkungen kritisch
Der oftmals risikobewusste – und zuweilen löblich vorausschauende – Gedanke hinter solchen Regelungen ist zwar nachvollziehbar, kann aber praktische Erschwernisse nach sich ziehen. So kann es beispielsweise dazu kommen, dass Banken bei Vorliegen einer betragsmäßigen Vertretungsbeschränkung des Vorstands die Kontoführung verweigern. Dieses Verhalten wurzelt oftmals in der Unsicherheit über die tatsächliche Berechtigung des Vorstands sowie – insbesondere bei betragsmäßig geringen Beschränkungen – in einem erhöhten Verwaltungsaufwand. Schließlich müsste die Bank bei jedem Zahlungsvorgang, der die Betragsgrenze überschreitet, den Nachweis der zusätzlichen Legitimation anfordern. Dieser ist aber auch aus Vereinsperspektive oftmals gar nicht so leicht zu erbringen, denn es bedarf des Nachweises der Beschlussfassung/Zustimmung durch die Mitgliederversammlung (oder ein anderen satzungsmäßig berufenen und mit der Aufgabe betrauten Gremiums), wodurch sowohl die Einholung als auch der Nachweis der Berechtigung für den Verein mit gesteigertem Verwaltungsaufwand einhergehen.
Wie wirkt es sich aus, wenn Vorstände die Beschränkungen ignorieren?
Jenseits der Betragsgrenze und ohne zusätzliche Legitimation vom Vorstand abgeschlossene Rechtsgeschäfte sind nicht etwa ipso iure nichtig. Der Vorstand wird in diesem Fall vielmehr ein Vertreter ohne Vertretungsmacht (sog. falsus procurator). Das hat verschiedene rechtliche Konsequenzen, die in den §§ 177, 179 BGB niedergelegt sind. Genehmigt das Legitimationsorgan (also z.B. die Mitgliederversammlung) das in Rede stehende Geschäft nicht nachträglich, wirkt es nicht (für oder) gegen den Verein (§ 177 Abs. 1 BGB). Grundsätzlich hat der Vertragspartner gem. § 179 Abs. 1 BGB dann die Wahl, den Vertreter persönlich zur Erfüllung des Rechtsgeschäfts oder zum Schadensersatz heranzuziehen. Inwieweit der falsus procurator dann real haftet, bestimmt sich allerdings nach dem Kenntnisstand von „Vertreter“ und Vertragspartner. Glaubt der handelnde Vorstand nämlich, dass er zur Vornahme des Rechtsgeschäfts befugt sei (und ist die Nichtberechtigung nicht erkennbar), haftet er nur für den sog. Vertrauensschaden des Vertragspartners.
Eine solche Konstellation ist bei einer satzungs- und betragsmäßigen Beschränkungen bei unklarer Satzungsformulierung betreffend die von der betragsmäßigen Beschränkung umfassten Geschäfte denkbar (wenn auch unwahrscheinlich), wenn die betragsmäßige Beschränkung nur einzelne Geschäfte betrifft. Interessant sind hingegen die Fälle, in denen der Vertragspartner die fehlende Berechtigung kannte bzw. hätte erkennen können. Dann haftet der Vertreter gem. § 179 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht. Das hat den Hintergrund, dass dem Vertragspartner das schutzwürdige Vertrauen auf das Bestehen der Vertretungsmacht in diesem Fall abzusprechen ist.
Was heißt das im Kontext von Bankgeschäften?
Wird ein Vereinskonto angemeldet, fordert die Bank üblicherweise die Satzung an, aus der sich die betragsmäßige Beschränkung ergibt. Das bedeutet, vereinfacht gesprochen, dass die Bank in diesem Fall „Bescheid weiß“ und sich mithin etwaiger Schadensersatzansprüche beraubt (freilich sind die dahinter stehenden Dreieckskonstellationen, die in der Regel bei Überweisungen und Gutschriften vorliegen, und die Schadenskompensation komplex, worauf aber an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden soll).
Welche anderen Möglichkeiten gibt es, um einen Missbrauch durch Vorstände zu verhindern?
Auch wenn die betragsmäßige Beschränkung der Vertretungsmacht mit den oben genannten Hürden einhergeht, ist der Verein keinesfalls wehrlos, wenn es darum geht, ein missbräuchliches Verhalten von Vorständen in dieser Hinsicht zu vermeiden.
Eine Möglichkeit besteht darin, den Abschluss umfangreicherer Rechtsgeschäfte an die Zustimmung aller Vorstandsmitglieder zu knüpfen, sofern ein mehrgliedriger Vorstand bestellt wurde. Dies kann der Bank gegenüber beispielsweise durch eine entsprechende, seitens aller Vorstände unterschriebene Vollmacht nachgewiesen werden und erfordert somit nicht die Einberufung einer Mitgliederversammlung, inkl. ordnungsgemäßer Beschlussfassung, Protokollierung, etc.
Ferner sind auch rein interne Vertretungsbeschränkungen möglich. Diese werden nicht in der Satzung niedergelegt und somit auch nicht ins Vereinsregister eingetragen. Sanktionsmöglichkeiten bestehen jedoch trotzdem. Auch wenn die Beschränkung nach außen hin dann nicht erkennbar ist, kann im Innenverhältnis zwischen Verein und Vorstand bei Überschreitung von im Innenverhältnis wirksam festgelegten Beschränkungen ein sog. Missbrauch der Vertretungsmacht vorliegen. Dann ist das Geschäft für und gegen den Verein zwar voll wirksam, der Verein kann jedoch beim Vorstand Regress nehmen, ihn also persönlich in Haftung nehmen. Ausnahmen bestehen dort, wo Vertragspartner und Vorstand bewusst zur Schädigung des Vereins zusammenwirken (sog. kollusives Zusammenwirken) oder wenn die Vertretungsbeschränkung im Innenverhältnis für den Vertragspartner offensichtlich war. Dann gilt der Vorstand als falsus procurator mit den oben dargestellten Konsequenzen.
Gemeinsame Vertretung von zwei Vorständen
Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit, eine gemeinsame Vertretung von beispielsweise zwei Vorständen zur Voraussetzung für die rechtsgeschäftliche Verpflichtung des Vereins zu machen. Bei belegbasierten Überweisungen wird dies über zwei Unterschriften der jeweils handelnden Vorstände nachgewiesen. Im Fall des Onlinebankings ist dies etwas herausfordernder, da prinzipiell jeder Überweisungen tätigen kann, der die Zugangsdaten kennt. Hier kann allerdings über das optische TAN-Verfahren geholfen werden: in diesem Fall ist neben den Zugangsdaten auch die Bankkarte erforderlich. Teilt man den Zugriff auf Bankkarte und Zugangsdaten zwischen zwei Vorstandsmitgliedern auf, ist ein Zusammenwirken zur technischen Durchführung zwingend erforderlich, sodass Alleingänge nicht mehr möglich sind.
Vorsicht ist besser als Nachsicht
Das Fundament einer ordnungsgemäßen Amtsführung ist und bleibt jedoch stets die Vertrauenswürdigkeit der einzelnen Vorstandsmitglieder. Es empfiehlt sich daher eine sorgfältige und kritische Prüfung im Vorfeld der Wahl, um sich einen soliden Eindruck der Kandidaten zu verschaffen.
Sollte es doch einmal zu spät sein oder wollen Sie im Vorfeld auf Nummer sicher gehen, stehen Ihnen unsere Experten gern mit Rat und Tat hinsichtlich Satzungsgestaltung, Vorstandshaftung und allen Rechtsthemen rund um den Verein zuverlässig zur Seite.
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