Bank- und Versicherungsprodukte werden in der Praxis oft durch selbstständige Vermittler vermittelt. Diese geben ihren Kunden im Rahmen ihrer Beratungen Ratschläge zu den verschiedenen Produkten und bewegen sie gegebenenfalls dazu, sich aufgrund dieser Informationen für das eine oder andere Produkt zu entscheiden. Was passiert jedoch, wenn die Verbraucher nicht ausreichend informiert worden sind und die Anlageziele sich nicht realisieren lassen?
Zurechnung bei der Verletzung von Aufklärungspflichten
Grundsätzlich gilt: Desto komplexer das Produkt ist, das vermittelt werden soll, desto umfangreicher müssen auch die Informationen sein, die der Kunde erhält. Banken und Versicherungen haben eine Vielzahl von Informations- und Aufklärungspflichten. Es stellt sich jedoch immer die Frage, ob bei der Verletzung einer dieser Pflichten die Vermittler haften oder das Verhalten der Vermittler der Bank oder der Versicherung zuzurechnen ist. Es geht hierbei vor allem um die sogenannten vorvertraglichen Informationspflichten. Deutsche Gerichte begründen eine Zurechnung der Haftung an Banken und Versicherungen durch eine umfassende Aufgabenübertragung an den selbständigen Vermittler.
BGH bejaht Schadenersatzansprüche
Im Jahre 2012 hatte sich der BGH mehrfach mit Sachverhalten auseinanderzusetzen bei denen es um den Vertrieb von Lebensversicherungen des englischen Versicherers Clerical Medical ging (vgl. zum Beispiel Urteil vom BGH 17.12.2012- IV ZR 164/11).
In diesen Fällen sank aufgrund negativer Entwicklungen der Wert der Verträge, die die Kunden unterschrieben hatten. Mit Klage wurde von der Versicherung unter anderem der Ersatz des Vertrauensschadens begehrt, der aufgrund der Verletzung von Aufklärungspflichten entstanden war. Begründet wurden die Ansprüche damit, dass die von den Versicherungen und Vermittlern prognostizierten Renditeerwartungen unrealistisch gewesen seien.
Der BGH bejahte die Schadensersatzansprüche. Leitlinie war, dass der Vermittler im Rahmen der Vertragsverhandlungen seine Aufklärungspflichten verletzt hat. Diese sind über die Erfüllungsgehilfenhaftung gemäß § 278 BGB der Versicherung zuzurechnen. Wörtlich sagte der BGH folgendes: „ Übernimmt ein Vermittler mit Wissen und Wollen einer Vertragspartei Aufgaben, die typischerweise ihr obliegen, steht der Vermittler unabhängig von seiner etwaigen Selbstständigkeit und einer Tätigkeit auch für den Vertragspartner in ihrem Lager, wird in ihrem Pflichtenkreis tätig und ist als ihre Hilfsperson zu betrachten (vgl. BGH 17.12.2012- IV ZR 164/11).
Zurechnung nur in bestimmten Konstellationen möglich
Nicht immer hat der BGH eine Zurechnung der Vermittler bejaht. Vielmehr wird jetzt gefordert, dass sich die Versicherung bei der Risikoaufklärung dem Vermittler bedient. Dies ist dann der Fall, wenn der Vermittler im Pflichtenkreis der Versicherung tätig wird. Es kommt dabei immer auf den Pflichtenkreis des Vermittlers im Einzelfall an, ein solcher Pflichtenkreis kann jedoch nicht immer begründet werden.
Prüfung im Einzelfall unerlässlich
Wenn es darum geht, das Verhalten eines Vermittlers einer Versicherung oder Bank zuzurechnen, muss geprüft werden, ob dieser auch im Pflichtenkreis des zuzurechnenden Unternehmens steht.
Zwar gibt es schon Legislativvorschläge auf EU-Ebene (MiFID II Richtlinienentwurf) mit dem Ziel, die Verbraucher durch Informationen und Beratungen vor Fehlvertragsvertragsabschlüssen zu schützen. Diese enthalten jedoch keine Regelungen dazu, ob das Verhalten selbstständiger Vermittler und Berater stets der Bank oder Versicherung zuzurechnen ist.
Es bleibt nur zu empfehlen, sich in solchen Fällen an spezialisierte Anwälte zu wenden, die dann genau prüfen können, ob das Verhalten im Einzelfall der Bank oder der Versicherung zugerechnet werden kann.