Wir haben bereits über das BFH-Urteil vom 14.03.2018 (V R 36/16) berichtet. Hier hatte der Bundesfinanzhof (BFH) festgestellt, dass die Erwähnung einer Gruppierung im Verfassungsschutzbericht eines Landes gem. § 51 Abs. 3 Satz 2 Abgabenordnung (AO) dann für den Entzug der Gemeinnützigkeit sorgen kann, wenn diese im Bericht als extremistisch eingestuft wurde.
Verein klagt gegen Entzug der Gemeinnützigkeit
Vor dem FG München versuchte ein Verein den Entzug der Gemeinnützigkeit abzuwehren. Ihm war die Gemeinnützigkeit entzogen worden, weil er im Verfassungsschutzbericht in den Jahren 2009 bis 2015 als extremistisch eingestuft worden war. Dabei handelte es sich nicht nur um eine bloße Erwähnung, dem Kläger wurde vielmehr ein eigenes Kapitel in den Berichten gewidmet. Nun brachte er vor, dass diese Einstufung zu Unrecht stattgefunden hätte. Der Verfassungsschutz habe also in seiner Einschätzung falsch gelegen und der auf dieser Einschätzung beruhende Entzug der Gemeinnützigkeit sei nicht zu rechtfertigen. Auch argumentierte der Kläger, dass anderen Landesverbänden sowie dem Bundesverband die Gemeinnützigkeit nicht aberkannt worden sei. Zudem habe das Landesverfassungsschutzgesetz eine gänzlich andere Zielrichtung als die AO und sei daher als Kriterium beim Entzug der Gemeinnützigkeit nicht heranzuziehen.
FG München: Kläger muss Beweis des Gegenteils erbringen
Während die Argumentation des klagenden Vereins zu den unterschiedlichen Schutzrichtungen schon vom BGH abschließend geklärt worden ist und sich der abweichende Umgang mit anderen Landesverbänden mit einer anderen personellen Besetzung dieser Verbände begründen lässt, stellt das FG klar, dass es gerade nicht zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Erwähnung zuständig sei.
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Der BFH hat in seinem Urteil vom 11.04.2012 (I R 11/11) klargestellt, dass § 51 Abs. 3 Satz 2 AO dann einschlägig ist, wenn der Verein im Bericht des Verfassungsschutzes als extremistisch eingestuft wurde. Das FG bestätigt nun, dass es auf die dahinterstehenden Erwägungen des Verfassungsschutzes nicht ankommt. Dem Kläger bleibt nur die Möglichkeit, die Vermutung, die aus § 51 Abs. 3 Satz 2 AO erwächst, zu widerlegen. Sie muss also den sog. vollen Beweis des Gegenteils antreten. Dies sei dem Kläger vorliegend nicht gelungen.
Grenzen zwischen Zivil- und Verwaltungsgerichtsbarkeit
Die Erwähnung bzw. Einstufung in einem Verfassungsschutzbericht ist also zunächst eine öffentlich-rechtliche Materie. Aus einer solchen können wie vorliegend zivilrechtliche Konsequenzen erwachsen, die dann auch vor der Zivilgerichtsbarkeit, insbesondere den Finanzgerichten, geklärt werden.
Durch sein Urteil steckt das FG München die Grenzen zwischen der Zivil- und Verwaltungsgerichtsbarkeit ab. Gerade bei einem solchen rechtsgebietsübergreifenden Sachverhalt konkretisiert das FG das Urteil des BFH um wichtige Fragestellungen. Der Kläger hat gegen das Urteil des FG München Revision eingelegt. Es bleibt daher abzuwarten, welche Entwicklungen sich in dieser Fragestellung noch ergeben.
FG München, Urteil v. 27.09.2021, 7 K 3347/18
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Erwähnung im Verfassungsschutzbericht führt zum Entzug der Gemeinnützigkeit