Krankenschwestern, die für die Schwesternschaft des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) arbeiten, sind keine Arbeitnehmer. Ihre vereinsrechtliche Mitgliedschaft begründet nämlich kein Arbeitsverhältnis. Das hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf in seinem Beschluss vom 27. August 2014 festgestellt. Das Gericht gibt damit Aufschluss über die Abgrenzung von Vereinsmitgliedern zu Arbeitnehmern.
Betriebsrat darf Zustimmung nicht verweigern
Hintergrund des Beschlusses war ein arbeitsrechtlicher Streit, bei welchem der Betriebsrat der DRK-Schwesternschaft Essen e.V. die Zustimmung zu einer internen Versetzung einer Krankenschwester verweigerte. Das LAG Düsseldorf entschied, dass der Betriebsrat seine Zustimmung nicht hätte verweigern dürfen. Er hatte sich nämlich auf § 99 Abs. 2 Nr. 1 des Betriebsverfassungsgesetzes berufen, weil er annahm, dass die Versetzung der Schwester gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz verstoße. Doch dieses war laut LAG Düsseldorf gar nicht anwendbar, weil es sich bei der Schwester eben nicht um eine Arbeitnehmerin handelte.
Leistet jemand Dienste in persönlicher Abhängigkeit, kann die Vereinsmitgliedschaft genauso gut die Rechtsgrundlage dafür sein wie ein Arbeitsverhältnis. Das Leisten von Diensten könne nämlich als Mitgliedsbeitrag im Sinne von § 58 Nr. 2 BGB gewertet werden, so das LAG Düsseldorf. Rechte und Pflichten der Vereinsmitglieder werden durch die Satzung des Vereins begründet. Darüber hinaus kann sich der Verein in freier Selbstbestimmung eine eigene innere Ordnung geben. Äußere Grenze sei allein, dass mit den vereinsrechtlichen Arbeitspflichten nicht zwingende arbeitsrechtliche Schutzbestimmungen umgangen werden dürften, also der Bestandsschutz, die Vergütung und die Mitbestimmung, heißt es in dem Beschluss.
Vergütung von Vereinsmitgliedern kann sich nach Tarifvertrag richten
Vor diesem Hintergrund können mitgliedschaftlich verbundene Rote-Kreuz-Schwestern dem LAG Düsseldorf zufolge nicht als Arbeitnehmerinnen qualifiziert werden. Eine Umgehung arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften könne nicht festgestellt werden. Im Gegenteil: Das Mitglied einer Schwesternschaft unterliege sogar einem deutlich stärkeren Schutz als ein Arbeitnehmer. Das Mitglied einer Schwesternschaft könne nämlich nach Ablauf einer einjährigen Einführungszeit nur noch dann „gekündigt“ werden, wenn ein wichtiger Grund vorliege. Demgegenüber könne ein Arbeitnehmer, sofern zu seinen Gunsten überhaupt das Kündigungsschutzgesetz Anwendung finde, nicht nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes, sondern auch bei personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Gründen im Sinne des § 1 Kündigungsschutzgesetzes seinen Arbeitsplatz verlieren.
Auch im Hinblick auf die Vergütung stünden die Vereinsmitglieder nicht schlechter als Arbeitnehmer, weil sich – zumindest bei den Rote-Kreuz-Schwestern – deren Vergütung am Tarifvertrag orientiere. Darüber hinaus würden Zulagen, Zuwendungen sowie Reise- und Umzugskosten gewährt. Krankenbezüge würden bis zum Ende der sechsten Woche einer Krankschreibung gezahlt, ab der siebenten Woche gebe es einen Krankengeldzuschuss. Schließlich werde sogar, entsprechend einer betrieblichen Altersversorgung, ein Ruhegeld zugesagt.
Mitgliederversammlung als Arbeitnehmervertretung
Einzig die Mitbestimmungsrechte der Mitglieder der Schwesternschaft unterschieden sich erheblich von denen eines Arbeitnehmers, räumte das Gericht ein. Letztere haben nämlich eine Arbeitnehmervertretung. Vereinsmitglieder können dafür aber ihre Rechte in der Mitgliederversammlung verteidigen. Die Mitgliederversammlung wählt ja nicht nur den Vorstand und neue Mitglieder, sondern sie kann auch Satzungsänderungen beschließen, genauso wie eine Umwandlung oder gar die Auflösung des Vereins.
Die Rechte der Schwestern gingen damit weit über diejenigen eines Arbeitsnehmers in einem Betrieb hinaus. Dabei sei, so das Gericht, zwar zu beachten, dass ihr Einfluss nur mittelbar bestehe und im Tagesgeschäft relativ gering sei. Auch könnten die Mitglieder unterschiedliche Stimmrechte haben, je nachdem, ob sie ordentliche, außerordentliche, aktive oder inaktive Mitglieder seien. Trotzdem sei ein dominierender interner Einfluss der Mitglieder auf die Geschicke des Vereins institutionell verankert.
LAG Düsseldorf, Beschluss v. 27.08.2014 – Az. 7 TaBV 3/14
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