Dürfen Vereine Personen ausschließen, die eine extreme politische Gesinnung verfolgen? Und wenn ja, kann die Satzung nachträglich geändert werden, um bestimmte Mitglieder auszuschließen?
Sportverein schließt NPD-Funktionär aus
Diese Frage stellte sich bei einem Sportverein, der 2018 eines seiner Mitglieder aufgrund von dessen Tätigkeit als NPD-Funktionär ausgeschlossen hatte. Das Vereinsmitglied war seit 2014 im Sportverein aktiv. Bereits seit 2009 war es Mitglied der NPD und ab 2016 dann Landesvorsitzender. Der Sportverein hatte versucht, den Ausschluss des betreffenden Mitglieds bereits in den Jahren 2015 und 2016 zu erwirken. Beide Male erfolglos.
Daraufhin hat die Mitgliederversammlung des Vereins im Jahr 2018 die Satzung derart geändert, dass die Grundlage der Vereinsarbeit das Bekenntnis aller Mitglieder zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung ist. Explizit wurde in die Satzung aufgenommen, dass extremen Bestrebungen entgegengetreten wird und die Mitgliedschaft nur dem angeboten wird, der sich diesen Grundsätzen verschreibt. Beispielhaft wird die NPD als verfassungsfeindliche Organisation aufgeführt.
Zudem wurde ein weiterer Punkt aufgenommen, der bestimmt, dass Mitglieder ausgeschlossen werden können, wenn sie an extremistischen Veranstaltungen teilnehmen.
Im Anschluss an diese Satzungsänderung wurde das Mitglied aus dem Verein ausgeschlossen.
Landgericht weist Klage ab
Gegen diesen Ausschluss hat das Mitglied vor dem Landgericht Itzehoe Klage erhoben. Dieses lehnte die Klage des Mitglieds ab. So sei der Vereinsausschluss wirksam. Maßnahmen des Vereins, die Disziplinar- oder Ordnungscharakter haben, seien vor dem Hintergrund der Vereinsautonomie nur eingeschränkt gerichtlich zu kontrollieren. Der Verein habe die in seiner Satzung festgeschriebenen Regelungen auch im Einzelfall richtig angewandt. Die Ziele der NPD stünden den Zielen des Vereins entgegen.
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Auch OLG Schleswig sieht Klage als unbegründet an
Das OLG sah ebenfalls keine Anhaltspunkte für die Rechtswidrigkeit des Ausschlusses. Zwar sei anzuerkennen, dass der Grundsatz „keine Strafe ohne Gesetz“ auch auf vereinsrechtliche Sanktionsnormen bezogen werden könne, in diesem Fall liege aber nur eine sog. unechte Rückwirkung vor. Das bedeutet, dass die neu geschaffene Satzungsregel zwar auch an ein Verhalten aus der Vergangenheit anknüpfe, dieses aber auch weiterhin stattfindet. Das Vereinsmitglied hatte erklärt, es würde sein Leben lang in der NPD bleiben. Damit war das sanktionierte Verhalten noch nicht abgeschlossen, und eine zulässige unechte Rückwirkung liegt vor.
Verfassungsbeschwerde abgewiesen
Gegen das Urteil des OLG Schleswig erhob das Vereinsmitglied Verfassungsbeschwerde. Diese hat das Bundesverfassungsgericht als unbegründet nicht zur Entscheidung angenommen. So sei nicht ersichtlich, dass das OLG Schleswig das Anwendungsspektrum von Grundrechten missachtet hat. Die Entscheidung des Vereins, Mitglieder mit extremistischen Hintergründen auszuschließen, verstoße nicht gegen Grundrechte.
Satzungsregeln zum Ausschluss einzelner Mitgliedergruppen müssen durchdacht sein
Sollen Vereinsmitglieder mit extremistischen Hintergründen aus einem Verein ausgeschlossen werden, ist eine Einzelfallbetrachtung unumgänglich. Lassen Sie sich daher gerne von unseren Experten im Vereinsrecht dazu beraten.
BVerfG, Beschluss v. 02.02.2023, 1 BvR 187/21
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