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Steuerliche Hilfeleistung durch Studierende: Bundesregierung beschließt Erlaubnis von Tax Law Clinics

Steuerliche Hilfeleistung durch Studierende: Bundesregierung beschließt Erlaubnis von Tax Law Clinics

Sogenannte Law Clinics sind im angloamerikanischen Raum bereits seit den 1960er Jahren etabliert. Mittlerweile gehören sie auch in Deutschland zu den erprobten Konzepten der juristischen Ausbildung. In einem Beschluss vom 28.03.2023 hatte der Bundesgerichtshof (BGH) das bestehende Verbot von Tax Law Clinics gestützt und heizte, wenn auch ungewollt, bestehende Reformbestrebungen weiter an. Dies führte nun dazu, dass die Bundesregierung ein Gesetz zur Erlaubnis von Tax Law Clinics beschlossen hat.

Was ist eine Law Clinic?

Im Rahmen von Law Clinics leisten Studierende ehrenamtliche Rechtsberatung nach dem Pro-bono-Prinzip. Die Anzahl dieser praxisorientierten Ausbildungsangebote wächst stetig und umfasst eine Vielzahl thematischer Beratungsschwerpunkte wie zum Beispiel Asylrecht oder auch Mietrecht. Durch Law Clinics erhalten Studenten die Möglichkeit, bereits vor Beginn des Referendariats wertvolle praktische Erfahrungen zu sammeln und somit über den Tellerrand des weitestgehend von Theorie geprägten Uni-Alltags hinauszublicken. Auf der anderen Seite wird durch die Pro-bono-Struktur der Beratung sozusagen Rechtszugang für jedermann ermöglicht.

Die unentgeltliche Rechtsberatung sowie die außergerichtliche Vertretung durch Studierende wurde mit der zum 01.07.2008 in Kraft getretene § 6 Abs. 2 Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) unter der Voraussetzung legalisiert, dass dabei eine Anleitung und Betreuung durch einen Volljuristen erfolgt, um so die Qualität der Rechtsberatung zu gewährleisten.

Registergericht lehnt Eintragung von „Tax Law Clinic“ ab

Ein in der Gründung befindlicher Verein wollte in das Vereinsregister eingetragen werden. Der Zweck des Vereins ist die Förderung der Berufsbildung, einschließlich der Studentenhilfe i.S.d. § 52 Abs. 2 Nr. 7 AO, insbesondere durch die Errichtung und den Betrieb einer sog. Tax Law Clinic. In diesem Zusammenhang sollen ehrenamtlich tätige Studierende der Rechts- oder Wirtschaftswissenschaften unter der Anleitung hinreichend im Steuerrecht versierter und beruflich vorgebildeter Personen, die entweder zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen nach dem Steuerberatungsgesetz (StBerG) befugt sind oder die Befähigung zum Richteramt nach dem deutschen Richtergesetz (DRiG) erlangt haben, anderen Studierenden unentgeltlich in steuerrechtliche Hilfe leisten.

Den entsprechend gestellten Antrag auf Eintragung des Vereins lehnte das zuständige Registergericht ab. Hiergegen legte der Verein Beschwerde ein. Diese Beschwerde hatte keinen Erfolg, weshalb der Verein Rechtsbeschwerde zum BGH eingelegte.

Verbot unentgeltlicher Hilfe in Steuersachen für Verein

Nach der Ansicht des BGH hat das zuständige Registergericht die Eintragung des Vereins in das Vereinsregister gem. § 60 BGB zu Recht abgelehnt. Ein Verein der diese satzungsmäßige Tätigkeit wie die vorliegende verfolgen will, sei wegen eines Verstoßes gegen § 2 Abs. 1 und § 5 Abs. 1 Satz 1 StBerG nicht eintragungsfähig. § 5 Abs. 1 Satz 1 StBerG enthält ein grundsätzliches Verbot der unbefugten Hilfeleistung in Steuersachen. Auch könnten sich die Beteiligten nicht auf eine Zulässigkeit der beabsichtigten Tätigkeit nach § 6 RDG berufen, da das Verbot des § 5 Abs. 1 Satz 1 StBerG durch § 1 Abs. 3 RDG auch für das RDG gilt.

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Erlaubt ist eine unentgeltliche Hilfe in Steuersachen gem. § 6 Nr. 2 StBerG nur gegenüber Angehörigen nicht jedoch gegenüber jedermann, selbst wenn eine solche Beratung unter der Aufsicht fachlich versierter Personen erfolgt, die selbst Steuer- bzw. Rechtsberatung betreiben dürfen.

Ausnahme: Tax Law Clinics

Für Law Clinics besteht jedoch eine Ausnahme mit dem Steuerrecht. § 5 StBerG regelt ein Verbot der unbefugten Hilfeleistung in Steuersachen, zu denen bislang auch die studentischen Rechtsberatungen zählen. Dieses Verbot ist seit Jahren umstritten. Teilweise wird § 5 StBerG für verfassungswidrig erachtet. Grund dafür ist, dass dessen Wortlaut im Wesentlichen dem ursprünglich für alle Rechtsgebiete geltenden Verbot der Rechtsberatung durch Nichtanwälte im früheren Rechtsberatungsgesetz (RBerG) entspricht. Eben jenes hatte das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2004 für verfassungswidrig erklärt. Dies hatte die Ablösung des RBerG durch das RDG zur Folge und ebnete gleichermaßen den Weg für studentische Rechtsberatung.

Auch das AG Frankfurt am Main hat hierzu festgestellt, dass eine studentische Rechtsberatung in der Rechtsform eines e.V. unter anwaltlicher Leitung grundsätzlich erlaubt ist. Daher muss ein „Law Clinic e.V.“ nicht aus dem Vereinsregister gelöscht werden. Wenig nachvollziehbar erscheint auch die Tatsache, dass eine Law Clinic ebenso Steuerrecht beraten darf und dies erst unter das Verbot des § 5 Abs. 1 Satz 1 StBerG fällt, sobald sie den Namen Tax Law Clinic trägt.

Bundeskabinett beschließt Legalisierung von Tax Law Clinics

In die Problematik um Tax Law Clinics kam kürzlich Bewegung. Nachdem der Verein zur Förderung der Steuerrechtswissenschaft an der Leibniz Universität Hannover e.V. ankündigte, gegen die aufgeführte BGH-Entscheidung Verfassungsbeschwerde einlegen zu wollen, meldete sich das Finanzministerium mit einem Referentenentwurf zu Wort.

Nun hat die Bundesregierung am 26.07.2023 ein Gesetz beschlossen, das die unentgeltliche Beratung von Tax Law Clinics erlauben soll. Das Bundeskabinett hat dazu vorgeschlagen, die Vorschriften zur unentgeltlichen Beratung im Steuerberatungsgesetz weitgehend an § 6 RDG anzugleichen. Durch die Angleichung für Beratung in Steuersachen „entsteht ein kohärentes Regelungsgefüge“, heißt es im Gesetzentwurf. Der Entwurf muss noch den Bundestag passieren. Das Gesetz soll zum 01.05.2024 in Kraft treten.

Insofern bleibt anzumerken, dass der zuständige Rechtspfleger des Registergerichts im vorliegenden Fall zwar formell zu Recht so entschieden hat und aufgrund der gegebenen Rechtslage auch gar nicht anders entscheiden konnte. Jedoch darf diese Entscheidung aufgrund der gegebenen Gründe und Entwicklungen keinen Bestand haben.

Wenden Sie sich bei Fragen rund um das Thema (Tax) Law Clinics gern an unsere erfahrenen Anwälte.

BGH, Beschluss v. 28.03.2023 – 2 ZB 11/22

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Johannes Fein

Rechtsanwalt Johannes Fein ist im Steuerrecht, im Gemeinnützigkeitsrecht und im Sportrecht tätig. Er berät und vertritt gemeinnützige Vereine und Verbände, Wirtschafts- und Berufsverbände, gemeinnützige GmbHs und Genossenschaften sowie Stiftungen und sonstige Nonprofit-Organisationen.

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