Die Vertragsfreiheit gilt auch im Vereinsrecht – per Satzung kann festgelegt werden, ob und wie neue Mitglieder aufgenommen werden. Für viele kleinere Vereine und Verbände kann das zum Problem werden, wenn sie so von Leistungen ausgeschlossen werden, die nur den „großen“ Spitzenverbänden zur Verfügung stehen. Die Vertragsfreiheit kann daher im Einzelfall eingeschränkt werden, wie jüngst das Landgericht (LG) München I entschied.
Vertragsfreiheit vs. Kontrahierungszwang
Grundsätzlich kann jeder Verein in seiner Satzung festlegen, welche Voraussetzungen neue Mitglieder erfüllen müssen und ob diese einen Anspruch auf Aufnahme haben oder der Vorstand oder sonst ein Vereinsorgan darüber entscheidet. Dieser Grundsatz folgt aus dem allgemeinen Grundsatz der Vertragsfreiheit, wonach jeder frei in seiner Entscheidung ist, ob und wie er Verträge mit anderen eingeht, mit diesen also „kontrahiert“ (vgl. auch im Englischen: Vertrag = contract).
Allerdings wird diese Freiheit ab und zu eingeschränkt und es kommt zu einem sog. Kontrahierungszwang. Meist geschieht dies im Interesse von Schwächeren zulasten von Unternehmen, die Leistungen der Daseinsvorsorge anbieten, etwa örtliche Stromanbieter. Der Kontrahierungszwang trifft allerdings auch Anbieter, die eine gewisse Monopolstellung am Markt haben, wenn Außenstehende auf einen Vertragsschluss mangels Alternativen angewiesen sind.
Monopolstellung kann zu Aufnahmezwang in einen Verband führen
Das LG München hatte einen solchen Fall nun im Verbandsrecht zu entscheiden: Eine bundesweite Spitzenorganisation von Landessportverbänden hatte in ihrer Satzung vorgesehen, dass nur ein Landesverband pro Bundesland Mitglied werden könne. Ein Verband aus Nordrhein-Westfalen konnte deswegen aufgrund einer bereits bestehenden Mitgliedschaft eines anderen Landesverbandes aus NRW nicht Mitglied werden, klagte auf Aufnahme und bekam Recht.
Das LG München entschied, dass der Bundesverband für Vereine der jeweiligen Sportart eine Monopolstellung innehabe. Da die Mitgliedschaft in diesem Verband unter anderem Voraussetzung für den Erhalt von finanzieller Sporthilfe durch den Staat sowie für die Teilnahme bei Welt- und Europameisterschaften und den Olympischen Spielen sei, seien der klagende Landesverband bzw. seine angeschlossenen Mitgliedsvereine und deren Mitglieder für eine vollständige Ausübung ihres Sports auf die Mitgliedschaft im Spitzenverband angewiesen.
Mildere Maßnahmen möglich?
Die Satzungsregelung, die nur einen Verband je Bundesland zuließ, erklärte das Gericht für unzulässig. Zwar könne grundsätzlich eine derartige Regelung getroffen werden, um den Verbänden jedes Bundeslandes die gleiche Stimmmacht zu verleihen. Im vorliegenden Fall der Monopolstellung hätte dieses Ziel jedoch auch durch mildere Mittel als durch eine Aufnahmebeschränkung erreicht werden können, etwa indem sich mehrere Verbände eines Bundeslandes die Stimmen entsprechend ihrer Mitgliederzahl teilen.
Die Feststellung eines Aufnahmezwangs für Spitzenverbände ist nichts Neues. Häufig trifft sie Berufsverbände. Der Anspruch auf Aufnahme ergibt sich übrigens letztlich aus dem Kartellrecht, das die Bildung von Monopolen verhindern will. Vereine, die auf die Mitgliedschaft in Dachverbänden angewiesen sind, von diesen jedoch nicht aufgenommen werden, sollten einen entsprechenden Anspruch prüfen lassen. Gerne sind Ihnen unsere spezialisierten Anwälte dabei behilflich.
LG München I, Urteil vom 25.04.2018, Az. 37 O 7111/17
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