Der Bundesfinanzhof (BFH) musste vor Kurzem entscheiden, wie eine Theateraufführung mit integrierter Bewirtung umsatzsteuerlich zu behandeln ist. Handelt es sich dabei um eine Theateraufführung, die gemäß § 4 Nr. 20 Umsatzsteuergesetz (UStG) von der Umsatzsteuer befreit ist oder führt die integrierte Bewirtung dazu, dass die Aufführung insgesamt umsatzsteuerpflichtig ist?
Theateraufführung mit integrierter Bewirtung
Klägerin vor dem BFH war eine gemeinnützige GmbH (gGmbH), die ein Volkstheater betrieb und dort Komödien im volkstümlichen Ambiente aufführte. Während den Aufführungen wurden die Gäste mit Kaffee, Kuchen und herzhaften Gerichten bewirtet. Die Besonderheit: Der Bewirtungsvorgang war in die jeweiligen Theaterszenen integriert, sodass die Schauspieler in ihrer Rolle als Bedienpersonal den Gästen ihre Plätze zuwiesen und ihnen auch die Speisen und Getränke servierten. Die Gäste waren somit in die Theateraufführung einbezogen.
Wie ist die Aufführung umsatzsteuerlich zu behandeln?
Die Einnahmen aus den Theateraufführungen behandelte die gGmbH als steuerfreie Umsätze gemäß § 4 Nr. 20 UStG. Das Finanzamt war jedoch gegenteiliger Auffassung und sah in den Einnahmen steuerpflichtige Umsätze, die es dem Regelsteuersatz von 19% unterwarf. Nachdem der Einspruch der gGmbH dagegen erfolglos geblieben ist, reichte sie Klage beim Finanzgericht (FG) Sachsen ein. Mit Erfolg: Denn das Gericht entschied, dass die gGmbH die Einnahmen zu Recht als steuerfreie Umsätze behandelt hat. Der Grund: Die Theateraufführungen der gGmbH bestehen aus den beiden Leistungen „Aufführung eines Theaterstücks“ und „Bewirtung“, die beide jedoch derart eng miteinander verbunden seien, dass wirtschaftlich eine einzige untrennbare Leistung vorliege. Diese einheitliche Leistung sei bei einer Gesamtbetrachtung jedoch als Theaterleistung zu qualifizieren, sodass sie nicht umsatzsteuerpflichtig sei.
BFH: Theateraufführung ist umsatzsteuerpflichtig
Das Finanzamt wollte die Entscheidung des FG Sachsen nicht akzeptieren und legte daher Revision beim BFH ein. Mit Erfolg: Denn der BFH hob das Urteil des FG Sachsen auf und entschied, dass es sich bei den Theateraufführungen der gGmbH mit integrierter Bewirtung um umsatzsteuerpflichtige Leistungen handle, die dem Regelsteuersatz zu unterwerfen seien.
Zunächst stellte der BFH klar, dass es sich bei der Theateraufführung mit integrierter Bewirtung tatsächlich um eine einheitliche Leistung handle. Denn die Aufführung und die Bewirtung stünden in einem untrennbaren wirtschaftlichen Zusammenhang. Es handle sich jedoch nicht um eine umsatzsteuerfreie Theaterleistung, so das Gericht. Der Grund: Steuerfrei können nur „typische“ Theaterleistungen sein, wie z.B. die Aufführung des Stücks. Bewirtungsleistungen gehören jedoch nicht dazu.
Keine Aufteilung in Haupt- und Nebenleistung möglich
Hier sei auch keine Aufteilung in Haupt- und Nebenleistung möglich, so das Gericht. Da die Bewirtung in die Theateraufführung integriert ist und damit die Theatergäste selbst Teil des Stücks seien, liege eine einheitliche Leistung vor, deren künstlerische und kulinarische Einzelleistungen nicht voneinander getrennt werden können. Somit könne die Aufführung nicht als steuerfreie Theaterleistung qualifiziert werden, sodass stattdessen eine steuerpflichtige sonstige Leistung vorliege, die dem Regelsteuersatz von 19% zu unterwerfen sei. Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes von 7% scheide aus, da der Verkauf von Speisen und Getränken nach der Abgabenordnung (AO) nicht zum Zweckbetrieb von kulturellen Einrichtungen gehört. Steuerlich sei die Theateraufführung mit einer Dinner-Show oder einem Krimi-Dinner vergleichbar, die ebenfalls umsatzsteuerpflichtig seien.
Nur reine Theaterleistungen profitieren von Umsatzsteuerbefreiung
Indem das Theater seine Bewirtungsleistungen in das Theaterstück künstlerisch integriert, vermischt es – aus steuerlicher Sicht – untrennbar die steuerfreie Theater- mit der steuerpflichtigen Bewirtungsleistung. Die Umsätze aus der Theateraufführung können daher nicht steuerbefreit sein, da nur reine Theaterleistungen von der Umsatzsteuerbefreiung profitieren sollen.
Steuerliche Folgen je nach künstlerischer Ausgestaltung unterschiedlich
Dieser Fall zeigt exemplarisch, dass Theaterleistung nicht gleich Theaterleistung ist und die steuerlichen Folgen je nach künstlerischer Ausgestaltung unterschiedlich sein können. Dieselben Grundsätze gelten auch für andere kulturelle Einrichtungen, die an ihre Gäste häufig nicht nur die künstlerische Darbietung als solche, sondern parallel auch andere Leistungen erbringen. In diesem Fall ist die richtige steuerliche Einordnung der jeweiligen Leistung durch einen erfahrenen Steuerberater unerlässlich. Unsere Umsatzsteuer-Experten unterstützen Sie gerne.
BFH, Urteil v. 10.12.2020 – V R 39/18
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