Die Strafverfolgungsbehörde darf ohne Wissen der Betroffenen deren Telekommunikation überwachen und aufzeichnen. Durch diese Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) kann die Staatsanwaltschaft Beweise erlangen.
Da die TKÜ in den privaten Lebensbereich des Betroffenen und Dritter eingreift, sind an ihren Einsatz strenge Anforderungen gestellt. Daher darf nur das zuständige Gericht eine TKÜ anordnen. Außerdem ist diese nur beim Verdacht schwerer Straftaten zulässig.
Steuerhinterziehung ist schwere Straftat
Unter diesen schweren Straftaten lassen sich neben terroristischen Aktivitäten aber auch Taten aus dem wirtschaftlichen Bereich finden, wie beispielsweise die bandenmäßige Steuerhinterziehung oder die Urkundenfälschung. An den Begriff der Bande stellen die Staatsanwaltschaften dabei keine allzu hohen Anforderungen.
So stellten wir in einem Verfahren fest, dass auf Grundlage eines geführten Telefongespräches im Strafverfahren auch Kunden eines vermeintlichen Steuerberaters als Beteiligte der Steuerhinterziehung beschuldigt wurden, obwohl im konkreten Fall der Verdacht der bandenmäßigen Steuerhinterziehung fernlag.
Intimsphäre bleibt geheim
Von der TKÜ ist nicht nur der Verdächtigte selbst betroffen. Auch Angehörige und im selben Haushalt wohnende Personen können davon erfasst sein. Diese Erkenntnisse aus dem „Kernbereich der privaten Lebensgestaltung“ sind allerdings vor einer Verwertung durch die Strafverfolgungsbehörden sicher. Aufzeichnungen über solche Kenntnisse müssen sofort gelöscht werden. Auch eine gerichtliche Verwertung von Aussagen durch Personen, denen ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht, ist nicht zulässig.
Bei Personen, denen aufgrund ihres Berufes ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht, ist eine Verwertung durch das Bundesverfassungsgericht erschwert worden. Dazu zählen neben Rechtsanwälten auch Notare, Geistliche und Mitglieder anerkannter Beratungsstellen. Mit diesen Personen kann ungehindert und abhörsicher gesprochen werden, z.B. um die Verteidigungsstrategie zu besprechen.
Zufällige Aufdeckung von Straftaten: Werden Zufallserkenntnisse verwertet?
Von einer TKÜ sind zwangsläufig aber auch Dritte auf der anderen Seite der Telefonleitung erfasst. Wie sieht es also aus, wenn ich mit einer Person telefoniere, bei der gerade eine Überwachung stattfindet? Habe ich demnächst mit einer Strafanzeige zu rechnen, wenn ich meinem Bekannten am Telefon erzähle, dass ich wieder einmal mit 100 km/h durch die Innenstadt gefahren bin?
Wenn die Behörden im Rahmen einer TKÜ auf solche „Zufallsfunde“ stoßen, stellt sich die Frage, ob diese auch verwertet werden dürfen. Laut Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein solcher Zufallsfund gerichtlich nur verwertbar, wenn eine TKÜ auch bezüglich der Straftat hätte vorgenommen werden dürfen, die mit dem Zufallsfund aufgedeckt wird.
Die Übertretung des Geschwindigkeitsgebots innerorts in unserem Beispiel befindet sich nicht im Katalog schwerer Straftaten in § 100a Abs. 2 StPO. Eine Ahndung dieses Verstoßes, der mit einem solchem Zufallsfund bewiesen werden soll, wäre also in aller Regel nicht haltbar. Andere Straftaten könnten aber unter Umständen verfolgt werden.
Schwierige Abgrenzung zwischen Zufallsfund und Zusammenhangstat
Von einem Zufallsfund abzugrenzen ist eine sogenannte Zusammenhangstat. Auch wenn es sich nicht um eine schwere Straftat handelt, ist eine Beweisverwertung trotzdem dann zulässig, wenn ein enger Bezug zu der in der Anordnung aufgeführten Tat besteht. Das bedeutet beispielsweise, dass man für eine Begünstigung belangt werden könnte, wenn man dem Täter bei der Verwertung seiner Beute hilft. Eine Abgrenzung zwischen Zufallsfunden und Zusammenhangstaten kann sich in der Praxis als durchaus schwierig darstellen.
Kein Schutz mehr durch Verschlüsselung
Einige Telekommunikationsanbieter haben ihr Geschäftsmodell auf einen diskreten Umgang mit den Kommunikationsinhalten und Daten ihrer Kunden ausgelegt. Durch diverse Verschlüsselungssoftwares waren diese Gespräche bisher vor dem Zugriff Dritter und somit auch vor der Überwachung durch die Strafverfolger geschützt. Durch eine umstrittene Gesetzesanpassung haben die Strafverfolger nun auch Zugriff auf diese verschlüsselten Inhalte.
Bei der sogenannten Quellen-TKÜ kann die Behörde direkt auf die Kommunikationsquelle zugreifen, bevor diese verschlüsselt wird. Telekommunikationsanbieter sind danach in Zukunft verpflichtet, Gesprächsdaten aufzuzeichnen und im Falle einer ordnungsgemäßen TKÜ-Anordnung an die Staatsanwaltschaft herauszugeben. Das hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 20.12.2018 als zulässig befunden (Aktenzeichen: 2 BvR 2377/16 – NJW 2019, 584).
Beratung durch erfahrene Strafverteidiger
Sollten Betroffene mit Beweisen konfrontiert sein, die aus einer TKÜ stammen, ist im Einzelfall zu prüfen, ob diese Beweise überhaupt im Verfahren verwertbar sind oder einem Beweisverwertungsverbot unterliegen.
Diese Prüfung wie auch die Übernahme Ihrer Strafverteidigung und die Ausarbeitung einer Verteidigungsstrategie übernehmen unsere erfahrenen Strafverteidiger gerne.
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