
Das Verwaltungsgericht Köln hat entschieden, dass die von einer gemeinnützigen Stiftung beschlossenen Satzungsänderungen, die Familienprivilegien streichen sollten, nicht wirksam und daher nicht genehmigungsfähig sind. Das Gericht stellt klar: Maßgeblich ist der zum Zeitpunkt der Stiftungserrichtung objektivierte Wille der Stifterin – und dieser steht den gewünschten Änderungen entgegen. Der Fall zeigt, wie eng die Grenzen für Satzungsänderungen im Stiftungsrecht gezogen sind und welche Bedeutung dem Stifterwillen zukommt.
Stiftungsvorstand möchte Satzung anpassen
Die Klägerin ist eine gemeinnützige Stiftung, deren Satzung auf mehreren Testamenten der Stifterin basiert. Die Stifterin hatte der Stiftung umfangreiche Aufgaben und Zwecke zugewiesen, darunter auch Auflagen zugunsten ihrer Familie: So sollte der Familie das Nutzungsrecht am Stiftungsschloss zustehen und möglichst ein Familienmitglied im Vorstand vertreten sein. Nach Wegfall der finanziellen Unterstützung durch die Familie beschloss der Stiftungsvorstand 2023, diese Privilegien aus der Satzung zu streichen. Die zuständige Stiftungsaufsicht bei der Bezirksregierung Köln verweigerte die Genehmigung der Satzungsänderung – dagegen klagte die Stiftung.
Satzungsänderung genehmigungsfähig?
Kern des Urteils ist die Frage, ob die Satzungsänderungen wirksam und mithin genehmigungsfähig sind. Das Gericht prüfte zunächst, ob für die Änderungen eine behördliche Genehmigung erforderlich war. Unabhängig davon, ob das alte oder neue Stiftungsrecht anwendbar ist, sieht die Satzung der Stiftung selbst einen Genehmigungsvorbehalt vor. Damit können Änderungen nur mit Zustimmung der Stiftungsaufsicht wirksam werden – ein von der Stifterin bewusst gewählter „Schutzmechanismus“.
Wille der Stifterin maßgeblich
Im Mittelpunkt der Entscheidung steht der Stifterwille. Nach Auffassung des Gerichts ist bei jeder Satzungsänderung der bei Errichtung der Stiftung zum Ausdruck gekommene Wille der Stifterin maßgeblich. Dieser Wille ist objektiviert im Stiftungsgeschäft und der Satzung dokumentiert. Das Gericht betont, dass spätere Entwicklungen oder ein „hypothetischer Wille“ der Stifterin – also Überlegungen, wie sie sich bei Kenntnis späterer Umstände entschieden hätte – keine Rolle spielen dürfen.
Die Richter analysieren ausführlich die Testamente und Satzungsfassungen. Die Stifterin hat die Familienprivilegien – das Nutzungsrecht am Schloss und die Vorstandsbeteiligung – bewusst und ohne Bedingungen in die Satzung aufgenommen. Eine Koppelung an finanzielle Leistungen der Familie oder eine Absicht, diese Rechte nur bei fortdauernder Unterstützung zu gewähren, lässt sich nicht feststellen. Auch die spätere Änderung der konkreten Vorstandsbesetzung im Testament 1985 ändert daran nichts: Die Stifterin hat die Privilegien für die Familie in der Satzung ausdrücklich beibehalten und nicht gestrichen. Das Gericht sieht darin einen klaren, objektivierten Willen, der auch für die Zukunft bindend ist.
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Gemeinnützigkeit der Stiftung nicht gefährdet
Zudem verneint das Gericht, dass die Änderungen zur Sicherung der Gemeinnützigkeit erforderlich wären. Die Satzung enthält bereits eine Begrenzung, dass maximal ein Viertel des Stiftungseinkommens für die Familienprivilegien verwendet werden darf. Diese Regelung wurde auf Anregung des Finanzministeriums eingefügt und genügt den Anforderungen des Gemeinnützigkeitsrechts. Die Gemeinnützigkeit der Stiftung ist daher nicht gefährdet.
Stifterwille muss Änderung zulassen
Das Urteil des VG Köln unterstreicht die starke Bindungswirkung des Stifterwillens: Satzungsänderungen, die in den Kernbereich der ursprünglichen Stiftungskonzeption eingreifen, sind nur möglich, wenn der Stifterwille dies zulässt. Nachträgliche Veränderungen der tatsächlichen Verhältnisse oder wirtschaftliche Erwägungen reichen nicht, um von klaren Satzungsbestimmungen abzuweichen. Für die Praxis bedeutet das: Wer eine Stiftung errichtet, sollte sich der langfristigen Wirkung seiner Regelungen bewusst sein und diese möglichst klar und vorausschauend formulieren. Für bestehende Stiftungen empfiehlt es sich, Satzungsänderungen sorgfältig zu begründen und frühzeitig mit der Stiftungsaufsicht abzustimmen.
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VG Köln, Urteil v. 14.11.2024, 4 K 4809/23
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