Vermögensanlage und Vermögensverwaltung gehören zu den ureigenen Aufgaben eines Stiftungsvorstandes. Die stiftungsrechtlichen Regelungen lassen zwar viel Spielraum bei der Anlagestrategie – meist erwähnen die Landesstiftungsgesetze nur allgemeine Grundsätze wie Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Sicherheit. Zu riskante Anlagegeschäfte können aber als Verstoß gegen das in der Abgabenordung (AO) verankerte Gebot der ordnungsgemäßen Geschäftsführung und Mittelverwendung gewertet werden, was den Entzug der Gemeinnützigkeit nach sich ziehen kann. Dies zeigt ein Urteil des Finanzgerichts (FG) Münster vom 11. Dezember 2014.
Einseitiger Anlagebestand beeinträchtigt Sicherheit des Vermögens
Da die Bezirksregierung in regelmäßigen Abständen die Jahresabschlüsse der Stiftung überprüfte, fiel ihr auf, dass 70 Prozent des Anlagevolumens der Stiftung aus Darlehensausleihungen bestand. Außerdem konnten weder die Bonität der Darlehensnehmer noch eine ausreichende Besicherung der Darlehen nachgewiesen werden. Dieser einseitige Anlagebestand habe die Sicherheit der Vermögensanlage beeinträchtigt. Die Bezirksregierung riet der Stiftung deshalb dringend von der Vergabe weiterer Darlehen ab. Dass die Stiftung nicht reagierte, führte schließlich zur Versagung der Gemeinnützigkeit durch das zuständige Finanzamt.
Und das vollkommen zu Recht, urteilte das FG Münster. Die tatsächliche Geschäftsführung habe nicht den Voraussetzungen des § 63 Abs. 1 AO entsprochen. Demnach muss die tatsächliche Geschäftsführung auf die ausschließliche und unmittelbare Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke gerichtet sein und den Bestimmungen entsprechen, die die Satzung dazu enthält. Im vorliegenden Fall bestimmte § 3 Abs. 2 der Stiftungssatzung, dass „im Interesse des langfristigen Bestandes der Stiftung […] das Stiftungsvermögen in seinem Wert zu erhalten“ sei. Diese Vorgabe hatte die Stiftung nicht beachtet. Im Rahmen einer vermögenserhaltenden Anlagestrategie dürften zwar wegen der höheren Ertragschancen auch Anlageformen gewählt werden, denen ein größeres Ausfallrisiko anhaftet. Die vollständige Umschichtung von Stiftungsvermögen in Darlehen an Wirtschaftsunternehmen, die nicht ausreichend besichert seien, hielt das FG Münster aber nicht für zulässig. Spätestens nach dem Hinweis der Bezirksregierung hätte die Stiftung ihre Anlagestrategie ändern und frei werdende Mittel auch in andere Anlageformen investieren müssen.
Ausgabe von Darlehen passt nicht zur gemeinnützigen Stiftung
Die Entscheidung erging zu § 13 Abs. 1 Nr. 16 ErbStG, hat aber auch darüber hinaus, d.h. für ertragsteuerliche Zwecke, Bedeutung. Allerdings liegt der Entscheidung ein eher außergewöhnlicher Sachverhalt zugrunde. Es kommt in der Praxis vergleichsweise selten vor, dass gemeinnützige Stiftungen in großem Umfang Darlehen ausgeben. Zum Glück: Gegen eine solche Vermögensbewirtschaftung bestehen nämlich nicht nur stiftungsrechtliche und gemeinnützigkeitsrechtliche Bedenken; sie dürfte daneben auch gegen die Vorgaben des Kreditwesengesetzes verstoßen und entsprechende bankaufsichtsrechtliche und ggf. sogar strafrechtliche Probleme mit sich bringen. Stiftungen sollten daher die Finger davon lassen.
Stifter wiederum sind gut beraten, „ihrer“ Stiftung und den für sie handelnden Personen konkrete Anlagerichtlinien mit auf den Weg zu geben. Existieren solche Vorgaben, muss sich die Stiftung nämlich daran halten. Das Zauberwort heißt insoweit Diversifikation. Denn nur so reduziert die Stiftung wirksam ihr Anlagerisiko. Ein gemischtes Portfolio aus unterschiedlichen Anlageformen, mit verschiedenen Laufzeiten, Ertragsaussichten und unterschiedlich hohen Risiken hilft, das Vermögen einer Stiftung langfristig zu sichern.
FG Münster, Urteil v. 11.12.2014 – Az. 3 K 323/12 Erb
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