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Recht auf Vergessen im Vereinsregister – Einschränkung der Abrufbarkeit von Vorstandsdaten

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass ehemalige Vereinsvorstände lange Zeit nach ihrem Ausscheiden verlangen können, dass ihre personenbezogenen Daten nicht mehr unbeschränkt im Internet über das Vereinsregister abrufbar sind. Ein Anspruch auf vollständige Löschung besteht jedoch nicht. Die Entscheidung bringt mehr Datenschutz für ehemalige Vorstände und klärt, wann und wie die Onlineverfügbarkeit personenbezogener Registerdaten zu beschränken ist.

Ehemaliger Vorstand möchte Daten löschen lassen

Der Antragsteller war bis Ende 2004 Vorstandsvorsitzender eines Vereins und im Vereinsregister mit Namen, Geburtsdatum und Wohnort eingetragen. Auch nach seinem Ausscheiden waren diese Daten weiterhin im Onlineregisterportal abrufbar. Der Antragsteller beantragte beim Registergericht die Löschung oder zumindest die Einschränkung der Abrufbarkeit seiner Daten. Das Registergericht und das OLG Köln (wir berichteten) wiesen dies zunächst ab und verwiesen auf die gesetzliche Publizitätspflicht des Vereinsregisters. Erst der BGH gab dem Antrag teilweise statt und schuf neue Maßstäbe für den Umgang mit personenbezogenen Daten ausgeschiedener Vorstandsmitglieder.

Offenlegung von Vorstandsdaten für Rechtsverkehr notwendig

Im Mittelpunkt der Entscheidung steht die Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an Transparenz im Vereinsregister und dem Datenschutzinteresse ausgeschiedener Vorstandsmitglieder. Der BGH betont, dass das Vereinsregister der Rechtssicherheit dient und die Offenlegung von Vorstandsangaben für den Rechtsverkehr notwendig ist. Dieses Informationsinteresse bleibt auch nach dem Ausscheiden eines Vorstandsmitglieds noch eine gewisse Zeit bestehen, etwa zur Klärung von Ansprüchen aus der Amtszeit oder bei lang laufenden Verträgen.

Allgemeines Informationsinteresse nimmt mit der Zeit ab

Mit zunehmendem Zeitablauf nach dem Ausscheiden nimmt das allgemeine Informationsinteresse jedoch stetig ab. Der BGH orientiert sich dabei an gesetzlichen Aufbewahrungs- und Verjährungsfristen, die regelmäßig zehn bis maximal dreißig Jahre betragen können. Nach Ablauf erheblicher Zeiträume – im entschiedenen Fall fast zwanzig Jahre – ist die Wahrscheinlichkeit, dass die personenbezogenen Daten noch relevant sind, erheblich gemindert.

Kein Anspruch auf vollständige Löschung

Ein Anspruch auf vollständige Löschung der Daten besteht nicht. Das „Recht auf Vergessen“ nach Art. 17 DSGVO ist so zu verstehen, dass die Daten für die Allgemeinheit im Internet nicht mehr ohne Weiteres zugänglich sein müssen, sondern nur noch bei Darlegung eines berechtigten Interesses im Einzelfall. Die Daten bleiben im Register erhalten, sind aber nicht mehr für jedermann online abrufbar. Die Schwelle für ein berechtigtes Interesse ist dabei vergleichbar mit der Einsicht ins Grundbuch: Ein konkretes rechtliches oder wirtschaftliches Interesse genügt.

Onlineabrufbarkeit kann eingeschränkt werden

Der BGH stellt klar, dass das Vereinsregister weiterhin personenbezogene Daten ausgeschiedener Vorstände enthalten darf. Nach Ablauf erheblicher Zeiträume kann deren unbeschränkte Abrufbarkeit jedoch auf Fälle mit berechtigtem Interesse beschränkt werden. Ein Anspruch auf vollständige Löschung besteht auch nach Jahrzehnten nicht, da einzelne Informationsbedürfnisse fortbestehen können.

Vorstände können Beschränkung der Abrufbarkeit ihrer Daten verlangen

Die Entscheidung des BGH stärkt die datenschutzrechtlichen Rechte ehemaliger Vorstandsmitglieder und setzt dem unbeschränkten Onlineabruf ihrer Daten nach langer Zeit klare Grenzen. Die personenbezogenen Daten bleiben im Register, sind aber nach Ablauf erheblicher Zeiträume nur noch bei Darlegung eines berechtigten Interesses abrufbar. Ein vollständiger Löschungsanspruch besteht nicht. Für die Praxis bedeutet dies, dass ehemalige Vorstände nach Ablauf von zehn bis zwanzig Jahren nach ihrem Ausscheiden eine Beschränkung der Onlineabrufbarkeit ihrer Daten verlangen können, sofern kein überwiegendes öffentliches Interesse mehr besteht.

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Praxistipp: Wer als ehemaliges Vorstandsmitglied nach langer Zeit nicht mehr möchte, dass seine Daten unbeschränkt online abrufbar sind, kann einen Antrag auf Beschränkung der Abrufbarkeit beim Registergericht stellen. Die Daten werden dann nur noch bei Darlegung eines berechtigten Interesses im Einzelfall bereitgestellt.

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BGH, Beschluss v. 04.06.2024, II ZB 10/23

Weiterlesen:
Vereinsregister: Kein Anspruch auf Löschung personenbezogener Daten
Anwalt für Vereinsrecht & Verbandsrecht

Eva Helfenstein

Rechtsanwältin Eva Helfenstein berät am Frankfurter Standort Stiftungen und andere Nonprofit-Organisationen in allen Angelegenheiten des Gemeinnützigkeits- und Stiftungsrechts.

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