
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in seinem mit Spannung erwarteten Urteil vom 11.07.2024 die bisherige deutsche Praxis zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Innenumsätzen in der Organschaft bestätigt.
Die Trägerin eines Universitätsklinikums erbringt umsatzsteuerbare Leistungen und nimmt auch nicht umsatzsteuerbare hoheitliche Aufgaben wahr. Sie ist Organträgerin einer GmbH, die für sie unter anderem entgeltliche Reinigungsarbeiten erbringt. Diese Leistungen erstrecken sich sowohl auf unternehmerisch (Krankenhausbetrieb) als auch auf hoheitlich (für den eigentlichen Universitätsbetrieb) genutzte Flächen.
Vorabentscheidung des EuGHs zur umsatzsteuerlichen Organschaft
Bereits zum 01.12.2022 hat der EuGH (C-269/20) in dem Fall entschieden, dass der Organträger zulässigerweise Steuerschuldner ist. Die Bestimmung des Organträgers als einziger Steuerpflichtiger dürfe laut EuGH jedoch nicht zu Steuerverlusten oder -ausfällen führen.
Außerdem entschied der EuGH, dass die Erbringung einer Dienstleistung aus dem Bereich seiner wirtschaftlichen Tätigkeit für den Bereich der Hoheitstätigkeit des Steuerschuldners keine unentgeltliche Wertabgabebesteuerung nach § 3 Abs. 1b und 9a UStG auslöst (Rz. 55 bis 63 im Urteil C 269/20).
Unklar blieb, wie mit Innenleistungen zu verfahren ist. Nach dem deutschen Gesetz sind Innenleistungen innerhalb der Organschaftsgruppe nicht steuerbar (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG). Der EuGH hatte offengelassen, ob Innenleistungen im Organkreis – wie bislang von der Praxis angenommen – nicht steuerbar sind und inwiefern die deutsche Regelung unionskonform ist.
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Die Vorlagefragen des BFH (Beschluss vom 26.01.2023, V R 20/22 (V R 40/19)) lauten daraufhin, ob entgeltliche Innenleistungen des Organkreises generell nicht steuerbar seien und ob entgeltliche Innenleistungen (zumindest) dann der Umsatzsteuer unterliegen, wenn der Leistungsempfänger nicht oder nur teilweise zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.
EuGH bestätigt deutsche Praxis
Der EuGH (C-184/23) hat nun klargestellt: Entgeltliche Leistungen zwischen Mitgliedern einer Umsatzsteuergruppe (umsatzsteuerlichen Organschaft) unterliegen nicht der Umsatzsteuer. Dies gilt auch dann, wenn der Leistungsempfänger die Vorsteuer nicht oder nur teilweise abziehen kann.
Damit bestätigt der EuGH die bisherige deutsche Praxis der Nichtsteuerbarkeit von Innenumsätzen in der Organschaft. Die vom BFH geäußerten Zweifel erwiesen sich als unbegründet.
Rechtssicherheit für Unternehmen mit Organschaftsstrukturen
Das Urteil sorgt für Rechtssicherheit bei Unternehmen mit Organschaftsstrukturen. Eine Änderung der deutschen Regelungen ist nicht erforderlich. Bestehende Gestaltungsmodelle, die auf der Nichtsteuerbarkeit von Innenumsätzen basieren, bleiben grundsätzlich wirksam. Für die Praxis bedeutet dies:
- weiterhin keine Umsatzsteuer auf Leistungen zwischen Organgesellschaften
- keine Änderung bei der Ermittlung der Vorsteuerquote im Organkreis
- Beibehaltung der Steuerschuldnerschaft des Organträgers
Insgesamt hat der EuGH mit diesem Urteil Klarheit geschaffen und die Zweifel an der Unionsrechtskonformität der Nichtsteuerbarkeit der Innenumsätze in der deutschen Organschaft ausgeräumt.
Bei Fragen zur Steuerbarkeit von Leistungen Ihrer Organisation, kommen Sie gerne auf uns zu.
EuGH, Urteil v. 11.07.2024, C-184/23
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