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Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes verabschiedet

Es ist durch: Am 1. März hat der Bundesrat dem Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes zugestimmt. Sobald der Bundespräsident das Reformpaket ausgefertigt hat und es im Bundesgesetzblatt verkündet ist, werden viele Regelungen bereits rückwirkend zum 1. Januar 2013 in Kraft treten. Wir hatten bereits in früheren Beiträgen über das Gesetzesvorhaben berichtet. Im Folgenden finden Sie noch einmal alle Neuregelungen auf einen Blick:

Die Änderungen in der Abgabenordnung (AO)

§ 53 Nr. 2 AO
Leichterer Nachweis der Hilfsbedürftigkeit: Haben die Behörden bereits einmal die wirtschaftliche Notlage einer hilfsbedürftigen Person festgestellt (bspw. im Zusammenhang mit der Gewährung von Wohn-, Kindergeld, Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld II), müssen mildtätige Organisationen keine zusätzlichen Kontrollen mehr vornehmen. Teilweise kann künftig auf Antrag beim Finanzamt sogar vollständig auf den Nachweis der wirtschaftlichen Hilfsbedürftigkeit verzichtet werden. Die Neuregelung tritt rückwirkend zum 1. Januar 2013 in Kraft.

§ 55 Abs. 1 Nr. 5 AO
Bisher musste eine gemeinnützige Einrichtung ihre Mittel spätestens in dem auf den Zufluss folgenden Kalender- oder Wirtschaftsjahr für ihre satzungsmäßigen Zwecke verwendet haben. Mit der Gesetzesreform wird diese Frist zur zeitnahen Mittelverwendung um ein Jahr verlängert. Eine gemeinnützige Einrichtung hat damit nun drei statt zwei Jahre Zeit, um ihre Mittel dem steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zweck zuzuführen. Auch diese Regelung tritt rückwirkend zum 1. Januar 2013 in Kraft.

§ 58 Nr. 3 AO
Lockerung des Endowment-Verbotes: Künftig kann eine gemeinnützige Einrichtung eine andere steuerbegünstigte Körperschaft mit Vermögen ausstatten: Einnahmenüberschüsse aus der Vermögensverwaltung, Gewinne aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben sowie maximal 15 Prozent der sonstigen nach § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO zeitnah zu verwendenden Mittel dürfen entsprechend weitergegeben werden. Voraussetzung ist, dass sich die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke beider Körperschaften entsprechen. Außerdem darf der Zuwendungsempfänger seinerseits die Mittel und deren Erträge nicht weitergeben. Die Neureglung gilt ab dem 1. Januar 2014.

§ 58 Nr. 10 AO
Die bisherige Regelung des § 58 Nr. 7 b AO a.F. findet sich in ähnlicher Form künftig im neuen § 58 Nr. 10 AO wieder: Eine Steuervergünstigung wird danach nicht dadurch ausgeschlossen, dass eine Körperschaft Mittel zum Erwerb von Gesellschaftsrechten zur Erhaltung der prozentualen Beteiligung an Kapitalgesellschaften ansammelt oder im Jahr des Zuflusses verwendet; diese Beträge sind auf die in demselben und in künftigen Jahren zulässigen freien Rücklagen anzurechnen. Am 1. Januar 2014 tritt diese Regelung in Kraft.

§ 60a AO
Ein Novum in der AO: Das Anerkennungsverfahren für die Gemeinnützigkeit wird erstmals gesetzlich geregelt. Die Norm ersetzt die bisher übliche vorläufige Bescheinigung der Gemeinnützigkeit durch einen echten Verwaltungsakt, gegen den Rechtsmittel zulässig sind. § 60a AO gilt ab seiner Verkündung, d.h. voraussichtlich ab April 2013.

§ 62 AO
Der neue § 62 AO vereint die bisherigen Bestimmungen zur Rücklagenbildung und zur Zuführung von Mitteln zum Vermögen gemäß den §§ 58 Nr. 6, 7a, 11 und Nr. 12 AO a.F. Außerdem wird die Wiederbeschaffungsrücklage in Höhe der jährlichen Abschreibung im Gesetz verankert. Zudem bestimmt die Neuregelung, dass zweckgebundene Rücklagen aufgelöst werden müssen, wenn der Verwendungszweck wegfällt. Die Bildung freier Rücklagen kann in den folgenden zwei Jahren nachgeholt werden, wenn in einem Jahr der Rücklagenhöchstbetrag einmal nicht ausgeschöpft wird. Mit dem 1. Januar 2014 tritt der neue § 62 AO in Kraft.

§ 63 Abs. 5 AO
Zuwendungsbestätigungen dürfen nur ausgestellt werden, wenn das Datum der Anlage zum Körperschaftsteuerbescheid oder zum Freistellungsbescheid nicht länger als fünf Jahre zurückliegt oder, falls ein solcher Bescheid noch nicht vorliegt, die Anerkennung der Gemeinnützigkeit nicht länger als drei Jahre zurückliegt. Diese Regelung tritt mit der Verkündung des Gesetzes in Kraft.

§ 67a AO
Die Zweckbetriebsgrenze für sportliche Veranstaltungen erhöht sich um 10.000 Euro auf 45.000 Euro und zwar rückwirkend zum 1. Januar 2013.

Die Änderungen im Einkommensteuergesetz (EStG) und Gewerbesteuergesetz (GewStG)

§ 3 Nr. 26 EStG
An Übungsleiter können künftig höhere Beträge steuerfrei gezahlt werden. Der jährliche Übungsleiterfreibetrag wird von 2.100 Euro auf 2.400 Euro angehoben. Diese Neuregelung gilt rückwirkend zum 1. Januar 2013.

§ 3 Nr. 26 lit. a EStG
Auch der Ehrenamtsfreibetrag wird rückwirkend zum 1. Januar 2013 um 220 Euro erhöht und kann nun maximal 720 Euro p.a. betragen.

§ 10b Abs. 1a EStG, § 9 Nr. 5 GewStG
Spenden gemeinsam veranlagte Ehepartner in den Vermögensstock einer Stiftung, können sie den Höchstabzugsbetrag von einer Million Euro künftig doppelt – also in Höhe von 2 Millionen Euro – in Anspruch nehmen. Das gilt aber gemäß § 10b Abs. 1a EStG und § 9 Nr. 5 GewStG nicht für Zuwendungen in das verbrauchbare Vermögen einer (Verbrauchs-)Stiftung. Rückwirkend zum 1. Januar 2013 werden diese Regelungen in Kraft treten.

§ 10b Abs. 3 EStG
Die Neuregelung stellt klar, dass im Fall einer Sachspende aus dem Betriebsvermögen auch die auf die Entnahme entfallende Umsatzsteuer in die Höhe des Sonderausgabenabzugs mit einzubeziehen ist. Diese Klarstellung tritt rückwirkend zum 1. Januar 2013 in Kraft.

§ 10b Abs. 4 EStG, § 9 Abs. 3 KStG, § 9 Nr. 5 GewStG
Mit dem Ausstellen einer Spendenbescheinigung gehen Haftungsrisiken einher. Das Gesetz unterscheidet zwischen der sog. Aussteller- und der Veranlasserhaftung. Die Neuregelungen gleichen künftig den Verschuldensmaßstab beider Haftungstatbestände einander an: Fortan haftet in beiden Fällen nur, wer vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt. Die Regelungen sollen rückwirkend zum 1. Januar 2013 in Kraft treten.

Die Änderungen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)

§ 27 Abs. 3 BGB
Dem Grundsatz nach sollen Vorstandsmitglieder unentgeltlich tätig sein. Vereine und Stiftungen können aber in ihrer Satzung von diesem Grundsatz abweichende Regelungen treffen. Damit Vereine und Stiftungen genügend Zeit haben, ihre Satzungen entsprechend anzupassen, tritt diese Regelung erst zum 1. Januar 2015 in Kraft. § 3 Nr. 26 lit. a EStG
Auch der Ehrenamtsfreibetrag wird rückwirkend zum 1. Januar 2013 um 220 Euro erhöht und kann nun maximal 720 Euro p.a. betragen.

§ 31a BGB
Der neue § 31a BGB weitet die Haftungsprivilegien von Vorstandsmitgliedern auf nur geringfügig vergütete sonstige Organmitglieder und besondere Vertreter aus. Diese haften dem Verein und den Vereinsmitgliedern gegenüber nur bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit. Mit der Verkündung des Gesetzes wird § 31a BGB gültig sein.

§ 31b BGB
enthält eine neue Regelung zur Haftungsbegrenzung von geringfügig vergüteten Vereinsmitgliedern. Auch sie haften nur bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit. Damit wird die bisherige Rechtsprechungspraxis, wonach Vereinsmitglieder nach den Grundsätzen der Arbeitnehmerhaftung nur eingeschränkt zur Rechenschaft gezogen werden konnten, obsolet. Mit der Verkündung des Gesetzes tritt die Norm in Kraft.

§§ 80, 81 BGB
Verbrauchsstiftungen bekommen mit dem Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes erstmals eine gesetzliche Grundlage. Als Verbrauchsstiftung anerkannt werden kann danach eine Stiftung dann, wenn sie für mindestens zehn Jahre besteht. Mit Verkündung des Gesetzes treten diese neuen Regelungen in Kraft.

Die Änderung im GmbH-Gesetz: § 4 GmbHG

Eine gemeinnützige GmbH darf sich künftig – wie es übrigens in der Praxis seit langem gang und gäbe ist – als „gGmbH“ bezeichnen, obwohl die Rechtsprechung bislang Vorbehalte gegen die Verwendung dieses Akronyms hatte. Die Neuregelung tritt mit Verkündung des Gesetzes in Kraft.

Die Änderungen in den Sozialgesetzbüchern (SGB II und XII)

§ 11b Abs. 2 S. 3 SGB II
Rückwirkend zum 1. Januar 2013 steigt der nicht auf das Arbeitslosengeld II anzurechnende Betrag aus dem Übungsleiterfreibetrag von monatlich 175 Euro auf 200 Euro.

§ 82 Abs. 3 S. 4 SGB XII, § 1 Abs. 2 der Verordnung über die ehrenamtliche Betätigung von Arbeitslosen
Auch bei der Sozialhilfe und dem Arbeitslosengeld I steigt rückwirkend zum 1. Januar 2013 der nicht anzurechnende Betrag von monatlich 175 Euro auf 200 Euro.

Die letzten Schritte des Gesetzgebungsverfahren sind die Ausfertigung und Verkündung des Gesetzes. Bei der Ausfertigung überprüft der Bundespräsident, ob das Gesetz nicht evident gegen die Verfassung verstößt – was hier nicht zu befürchten ist. Unterschreibt er es, wird es im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Eine Frist zur Ausfertigung sieht das Grundgesetz zwar nicht vor. Für das Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes wird aber für April 2013 mit der Ausfertigung und Verkündung gerechnet.

Bundesrats-Drucksache 73/13 v. 01.03.2013.

Stefan Winheller

Rechtsanwalt Stefan Winheller ist seit rund 20 Jahren auf steuerrechtliche Fragen spezialisiert, v.a. in den Bereichen Krypto, Stiftungen/NPO und Internationales.

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