Vereine können durch eine satzungsmäßige Gerichtsstandsvereinbarung bestimmen, welches Gericht im Falle von Rechtsstreitigkeiten zuständig ist. Das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) hat bestätigt, dass eine derartige Vereinbarung eine ausschließliche Zuständigkeit für das Gericht am Sitz des Vereins begründen kann.
Hintergrund zum Gerichtsstand bei Vereinen
Gesetzlich bestimmt sich der Gerichtsstand eines Vereins in der Regel nach dessen Sitz (§ 17 Abs. 1 ZPO). Der Sitz des Vereins muss in der Satzung festgelegt sein (§ 57 BGB). Fehlt eine satzungsmäßige Bestimmung, so ist der Verwaltungssitz maßgeblich, also der Ort, an dem die wesentlichen Entscheidungen getroffen und umgesetzt werden.
Eine Gerichtsstandsvereinbarung nach den §§ 38 bis 40 ZPO ist möglich, wenn beide Parteien prorogationsfähig sind – also Kaufleute oder juristische Personen des öffentlichen Rechts. Auch eine Vereinbarung in der Satzung gilt als schriftlich und damit wirksam, wenn sie hinreichend konkret ist und der Verein nur prorogationsfähige Mitglieder hat.
BayObLG stärkt Satzungsregelungen zum Gerichtsstand
Das BayObLG hat umfassend dargelegt, warum die Gerichtsstandsvereinbarung in der Satzung des Vereins wirksam war und einen ausschließlichen Gerichtsstand am Sitz des Vereins begründet hat.
Zunächst stellte das Gericht klar, dass der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts Dillingen a.d. Donau bindend ist, sofern dieser nicht willkürlich ergangen ist. Das Gericht prüfte die Rechtmäßigkeit des Beschlusses und überzeugte sich, dass dieser auf einer rechtlichen und nachvollziehbaren Prüfung beruhte. Dies führte dazu, dass im Fall eines negativen Kompetenzkonflikts zwischen verschiedenen Gerichten (§ 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO) das Gericht zuständig ist, an das die Sache zuerst verwiesen wurde.
Möchten Sie Neuigkeiten wie diese monatlich in Ihr Postfach erhalten? Abonnieren Sie hier unseren Newsletter Nonprofitrecht aktuell.
Sodann hat das Gericht festgestellt, dass eine satzungsmäßige Gerichtsstandsvereinbarung grundsätzlich zulässig ist, wenn die beteiligten Parteien prorogationsfähig sind. Im entschiedenen Fall waren beide Parteien prorogationsfähig.
Gerichtsstandsvereinbarungen in Satzung besonders wichtig für internationale Vereinsarbeit
Satzungsmäßige Gerichtsstandsvereinbarungen sind insbesondere bei grenzüberschreitenden Rechtsstreitigkeiten von besonderer Bedeutung: Internationale Vereine, die Mitglieder oder Geschäftsbeziehungen in verschiedenen Staaten unterhalten, profitieren von klaren Gerichtsstandsregelungen, die verbindlich festlegen, welches Gericht im Falle eines Streits zuständig ist. Durch eine solche Vereinbarung wird gewährleistet, dass Rechtsstreitigkeiten vor einem vorher festgelegten Gericht entschieden werden, was Planungssicherheit und Effizienz schafft. Zudem sorgt sie dafür, dass gerichtliche Entscheidungen grenzüberschreitend anerkannt und vollstreckt werden können – ein entscheidender Faktor bei der internationalen Vereinsarbeit. In der EU ist dies insbesondere durch die Brüssel Ia-Verordnung geregelt, die die Wirksamkeit und Anerkennung von Gerichtsstandsvereinbarungen sicherstellt. Solche Vereinbarungen reduzieren zudem das Risiko langwieriger und kostenintensiver Zuständigkeitsstreitigkeiten vor ausländischen Gerichten.
Es ist jedoch wichtig, bei der Satzungsgestaltung sicherzustellen, dass eine Gerichtsstandsvereinbarung klar formuliert ist und die rechtlichen Anforderungen erfüllt. In besonderen Fällen, etwa bei komplexeren internationalen Vereinsstrukturen, können individuelle Gerichtsstandsvereinbarungen erhebliche Vorteile bei der Prozessführung verschaffen.
Nationale Vereine: Gerichtsstandsvereinbarung meistens nicht notwendig
Bei nationalen Vereinen hingegen ist eine satzungsmäßige Gerichtsstandsvereinbarung meistens nicht notwendig, da § 22 ZPO bereits einen besonderen Gerichtsstand vorsieht. Nach dieser Norm ist für Klagen zwischen Vereinsmitgliedern und dem Verein grundsätzlich das Gericht am Sitz des Vereins zuständig. Dies genügt in der Praxis für die meisten innerdeutschen Rechtstreitigkeiten, insbesondere bei Mitgliedsbeitragsforderungen. Eine zusätzliche Gerichtsstandsvereinbarung bietet hier oft keinen Mehrwert, solange die Beteiligten unter das Anwendungsgebiet des § 22 ZPO fallen und die Streitigkeiten sich lediglich auf Mitgliedschaftsverhältnisse beschränken.
Satzung auf wirksame Gerichtsstandsvereinbarung prüfen
Das BayObLG-Urteil bestätigt, dass Vereine durch rechtskonforme Satzungsregelungen den Gerichtsstand am Vereinsort wirksam bestimmen können – ohne die ausdrückliche Bezeichnung „ausschließlich“. Dies schafft Klarheit und Rechtssicherheit bei Mitgliedsstreitigkeiten.
Vereine sollten prüfen, ob ihre Satzungen eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung enthalten. Bei Bedarf ist eine präzise und rechtssichere Formulierung zu empfehlen. Insbesondere bei internationalen Mitgliedschaften oder Unternehmenskonstruktionen kann eine solche Regelung wesentliche Vorteile bringen. Unsere erfahrenen Berater sind Ihnen dabei gerne behilflich.
BayObLG, Beschluss v. 28.04.2025, 101 AR 41/25

