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Genossenschaft als Finanzierungsmodell: Vorteile und Herausforderungen

Das Jahr 2025 ist von den Vereinten Nationen als „Jahr der Genossenschaften“ ausgerufen worden, sodass derzeit die Rechtsform der Genossenschaft wieder mehr in den Fokus der Öffentlichkeit geraten ist. Auch die Genossenschaftsgründungen im Profifußball tragen dazu bei, die Genossenschaft als mögliche Finanzierungsform in Betracht zu ziehen.

Als erster Fußballverein mit einer Erstliga-Herren-Profifußballmannschaft hatte im vergangenen Jahr der FC St. Pauli e.V. eine Genossenschaft gegründet – passend zu den vorhandenen Initialen FCSP nunmehr als „Football Cooperative St. Pauli von 2024 e.G.“.

Kapitalaufbringung über eine eG

Bei einer Genossenschaft erbringt jedes Genossenschaftsmitglied einen Beitrag. Im Gegensatz zum Mitgliedsbeitrag im Verein, der in der Regel in gleichmäßigen Abständen in Geld zu leisten ist und keinerlei Gegenleistung des e.V. beinhaltet, stellt der zu leistende Beitrag bei der Genossenschaft die Gegenleistung für den Erwerb eines Mitgliedsanteils dar. Um Genossenschaftsmitglied zu werden, muss daher mindestens ein Anteil erworben werden. Im Genossenschaftsgesetz gilt zudem der Grundsatz „pro Mitglied eine Stimme“. Der Stimmanteil ist daher von der Anzahl der erworbenen Anteile unabhängig (und kann maximal auf drei Stimmen pro Anteilseigner erweitert werden). Genau dieser Aspekt macht die Rechtsform der Genossenschaft so charmant für Vereine wie den FC St. Pauli, der sich neben den sportlichen Themen ein hohes Maß an sozialer Verantwortung und Gleichbehandlung auf die Fahnen schreibt.

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Für eine umfangreiche Kapitalaufbringung ist die Genossenschaft daher nur bedingt geeignet, da sich finanzstarke Investoren regelmäßig nur gegen Einräumung entsprechender Stimmrechte motivieren lassen. Zudem kann jedes Genossenschaftsmitglied jederzeit aus der Genossenschaft austreten und ist dann berechtigt, den Wert der jeweiligen Genossenschaftsanteile zurückzufordern. Damit steht das in die Genossenschaft investierte Kapital in Anteilsform nur so lange zur Verfügung, wie die Genossenschaftsmitglieder ebensolche bleiben. Auf diese Volatilität muss sich die Genossenschaft bei der Planung einstellen.

Genossenschaft als Modell für Teilhabe und Fan-Investment

Grundsätzlich ist die Genossenschaft dazu da, den Erwerb oder die Wirtschaft der Mitglieder oder deren soziale oder kulturelle Belange durch einen gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb zu fördern (vgl. § 1 Abs. 1 Genossenschaftsgesetz). Das bedeutet, dass ein Genossenschaftsmitglied mehr als „nur“ einen wirtschaftlichen Vorteil aus der Mitgliedschaft ziehen kann. Somit eignet sich die Rechtsform der Genossenschaft nicht nur unter dem Aspekt der gleichberechtigten Teilhabe, sondern auch unter dem Aspekt, ein nicht nur aus wirtschaftlicher Sicht wichtiges Projekt zu finanzieren. Bei den Profifußballvereinen wie dem FC St. Pauli oder dem Fußballclub Gelsenkirchen-Schalke 04.e.V. steht die Finanzierung der „Clubheimat“ – sprich: die Anteile an der Stadionbetreibergesellschaft des jeweiligen Heimstadions – im Vordergrund, sodass sich für die Fans die Möglichkeit ergibt, sich über die Mitgliedschaft in der Genossenschaft an der Heimat ihres Vereins zu beteiligen.

Genossenschaftssatzung: Mitbestimmung und Investoren

Ein Mitspracherecht ist auf die Anzahl der Stimmen in der Genossenschaft begrenzt und kann in der jeweiligen Stadion-Betreibergesellschaft letztlich nur über den Vorstand der Genossenschaft ausgeübt werden. Je mehr in diesem Zusammenhang auf die Emotionen statt auf die wirtschaftlich-rechtlichen Aspekte gebaut wird, desto wichtiger ist es, die konkreten Satzungsregelungen der jeweiligen Genossenschaft im Blick zu behalten. Zwar begrenzt das Genossenschaftsgesetz in einigen Punkten die Gestaltungsfreiheit, wie etwa im Hinblick auf die Maximalzahl der Stimmrechte. Es erlaubt aber auch die Mitgliedschaft sogenannter investierender Mitglieder. Hier gibt es zwar Einschränkungen für die investierenden Mitglieder und deren anteilige Anzahl im Aufsichtsrat der Genossenschaft, aber keine gesetzlichen Vorgaben für den Vorstand, sodass letztlich der Vorstand der Genossenschaft, der die Genossenschaft nach außen vertritt und das operative Geschäft leitet, vollständig aus investierenden Mitgliedern bestehen könnte.

Derartige Gestaltungsmöglichkeiten können zum einen als negativ im Sinne der ordentlichen Mitglieder, aber auch als positiv im Sinne der Attraktivität für größere Investoren gesehen werden.

Beratung zur Genossenschaft

Umso deutlicher wird, wie wichtig es aus Sicht der Genossenschaftsgründer ist, die Satzung sorgfältig im Hinblick auf die beabsichtigten Ziele zu gestalten, vor allem wenn ein bestimmtes Finanzierungsziel im Vordergrund steht.

Gerne beraten wir Sie bei der Gründung einer Genossenschaft oder bei Fragen zur Satzung Ihrer Genossenschaft.

Weiterlesen:
Gründung einer Genossenschaft
Virtuelle Generalversammlungen aktuell auch ohne Satzungsgrundlage möglich

Dr. Isabella Löw

Rechtsanwältin Dr. Isabella Löw ist am Standort Frankfurt am Main in unserem Nonprofitteam tätig. Sie berät und vertritt gemeinnützige Vereine und Verbände, gemeinnützige GmbHs und Genossenschaften sowie Stiftungen.

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