Unter dem Ende eines Strafverfahrens stellt man sich in der Regel eine von zwei Möglichkeiten vor: Die Verurteilung (Geldstrafe oder Freiheitsstrafe) oder der Freispruch. Es gibt jedoch noch weitere Varianten, wie ein Ermittlungsverfahren enden kann. Die wichtigste ist die Einstellung des Verfahrens. Besonders hervorzuheben ist dabei die Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung einer Auflage gemäß § 153a StPO. Worum genau es sich dabei handelt und wie NPOs davon profitieren können, wird im Folgenden vorgestellt.
Begünstigung von NPOs bei der Einstellung von Strafverfahren
Einstellungen von Strafverfahren gegen Auflage kommen im Gerichtsalltag häufig vor. Die Idee dahinter ist, dass kleine oder mittlere Kriminalität sowie komplizierte Wirtschaftskriminalität dadurch effektiv „erledigt“ werden soll und die Gerichte somit möglichst ressourcenschonend eingesetzt werden. Eine sehr beliebte Art ist dabei die Knüpfung der Einstellung an eine Geldauflage zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung gemäß § 153a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StPO.
Gemeinnützige Einrichtungen sind dabei nicht notwendigerweise nur diejenigen, die steuerlich als solche anerkannt sind. Jedoch muss ihre Gemeinnützigkeit und eine Verpflichtung zur entsprechenden Verwendung der Gelder in geeigneter Weise gegenüber einer öffentlichen Stelle nachprüfbar erklärt worden sein. Berechtigt sind auch Einrichtungen, deren Tätigkeit nur einem beschränkten Personenkreis nutzt, sofern durch die Erfüllung des Zwecks der Einrichtung Belange der Allgemeinheit gefördert werden.
Eine nur vom Richter oder Staatsanwalt aufgrund persönlicher Einschätzung vermutete Gemeinnützigkeit genügt daher nicht. Insoweit kann auf in den Landgerichtsbezirken geführten Listen gemeinnütziger Vereinigungen vertraut werden. In geeigneten Fällen kann ein sachlicher Bezug zur Straftat hergestellt werden.
Bußgeldmarketing als Möglichkeit der Beschaffung finanzieller Mittel
NPOs können davon im Wege des sog. Bußgeldmarketings profitieren. Unter Bußgeld- oder Geldauflagenmarketing versteht man das Bemühen gemeinnütziger Organisationen, sich bei Richtern und Staatsanwälten um die Zuweisung von Geldauflagen zu bewerben.
Der Bereich des Bußgeldfundraisings ist ein stark umkämpftes Feld. Tausende Organisationen werden auf den Zuweisungslisten der deutschen Gerichte geführt. Gleichzeitig steigt die Höhe der Bußgeldzuweisungen nicht im selben Verhältnis, sodass die Anteile für die einzelnen Organisationen eher kleiner werden. Trotzdem kann Bußgeldmarketing eine sinnvolle Ergänzung bei der Beschaffung finanzieller Mittel von NPOs sein.
Das gilt insbesondere, wenn diese einen Zweck stützt, der in den bisherigen Gerichtslisten nicht oder unterrepräsentiert vertreten ist. Eine großartige Chance ergibt sich hierbei auch für lokal verankerte NPOs, denn die Gerichte neigen dazu, Vereinen, Stiftungen und gemeinnützigen Körperschaften mit Sitz in ihrem jeweiligen Gerichtsbezirk einen Großteil der Gelder zukommen zu lassen.
Zahlen zum Bußgeldmarketing am Beispiel von NRW
Mit dieser Methode werden große Summen Geld bewegt. Dies zeigen aktuelle Zahlen aus dem Jahr 2022 am Beispiel von NRW. Dort haben die Strafgerichte und Staatsanwaltschaften 2022 Geldauflagen in Höhe von mehr als 30 Millionen Euro erteilt. Gut 17 Millionen Euro davon (ca. 58%) gingen an die Staatskasse. Knapp 13 Millionen Euro flossen an gemeinnützige Einrichtungen.
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Die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf führt zentral für NRW ein Verzeichnis gemeinnütziger Einrichtungen. Dort sind derzeit 2.800 Einrichtungen registriert. Von Institutionen wie „Aktion Deutschland Hilft“, „Ärzte ohne Grenzen“ oder „Deutscher Kinderhospizverein“ bis hin zu lokalen Einrichtungen.
Vorgehen zur Aufnahme in die Liste gemeinnütziger Vereinigungen
Vertreter gemeinnütziger Organisationen, die in die Liste aufgenommen werden möchten, können sich je nach Bundesland nach den konkreten Modalitäten für die Aufnahme in die Liste gemeinnütziger Organisationen informieren. Zumeist wird eine Online-Anmeldung über die Internetseite des Justizministeriums möglich sein. Dort können sie einen Antrag auf Aufnahme ins jeweilige Verzeichnis stellen. Dabei müssen sie belegen, dass sie von der Körperschaftsteuer befreit sind, und sollen die Satzung ihrer Organisation hochladen.
Informationen erhalten sie unter anderem über folgende Links:
- Allgemein
- Baden-Württemberg
- OLG Bamberg
- OLG München
- OLG Nürnberg
- Brandenburg
- Berlin
- Bremen
- Hamburg
- Hessen
- Mecklenburg-Vorpommern
- Niedersachsen
- Nordrhein-Westfalen
- Rheinland-Pfalz
- Saarland
- Sachsen-Anhalt
- Sachsen
- Schleswig-Holstein
- Thüringen
Weitere Chance: Die Bewährungsauflage
Wie bei der Geldauflage gibt es bei Bewährungsauflagen ebenfalls die Möglichkeit, für den Richter eine gemeinnützige Organisation zu bedenken. Auch dafür werden die vorgenannten Listen verwendet.
Weitere Chance: Die (Nicht-)Geldauflage
Eine nicht zu unterschätzende Chance für gemeinnützige Organisationen besteht in der Möglichkeit der Gerichte und Staatsanwaltschaften auch andere Auflagen als solche in Geld zu verhängen. Hierbei sind im Gesetz „gemeinnützige Leistungen“ explizit genannt (§ 153a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StPO). Gerade im Jugendstrafrecht – aber nicht nur dort – werden solche Möglichkeiten bevorzugt benutzt. In Betracht kommt hier insbesondere die Ableistung gemeinnütziger Arbeit in Alten- und Pflegeheimen, im Umweltschutz, in Jugend- und Obdachlosenheimen, usw. Bei entsprechendem Bedarf kann es sich hier lohnen, bei den Amts-, Land- und Oberlandesgerichten sowie bei den Staats- und Generalstaatsanwaltshaften gezielt nachzufragen und so die Richter und Staatsanwälte auf einen entsprechenden Bedarf aufmerksam zu machen.
Was gilt es zusätzlich zu beachten?
In Leitfäden der Justiz wird lokalen gemeinnützigen Organisationen davon abgeraten, durch Broschüren die Aufmerksamkeit der Richter und Staats- sowie Amtsanwälte zu wecken. Wegen der Menge der eingehenden Werbematerialien sei eine Verteilung bei den angesprochenen Personen nicht sinnvoll. Einerseits belaste die Verteilung die Geschäftsabläufe, andererseits könne kein Adressat der Flut der eingehenden Flyer die erhoffte Aufmerksamkeit widmen. Das Gegenteil sei vielmehr der Fall, da gerade das Übersenden von Hochglanzbroschüren dazu führen könne, dass Unmut über die Verwendung von Geldmitteln für solche Ausgaben aufkommt und die entsprechenden Einrichtungen gerade nicht bedacht werden.
Problemlos möglich sei jedoch, bei der Anmeldung eine Website mit den Schwerpunkten der Aktivitäten anzugeben, die für die Entscheidungsträger bei der Einsicht in die Liste angezeigt wird.
Haben wir Interesse an der Möglichkeit des Bußgeldmarketings geweckt? Kommen Sie bei Fragen oder Unklarheiten zu diesem Thema gern auf unsere Spezialisten im Gemeinnützigkeits- und Strafrecht zu.
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