Gemeinnützige Körperschaften, die Publikationen als E-Books vertreiben, müssen ihre Umsätze (aktuell noch) mit dem Regelsteuersatz von 19% versteuern. Der ermäßigte Steuersatz kommt dem Bundesfinanzhof (BFH) zufolge nicht in Betracht.
GmbH stellt digitalisierte Bücher zur Verfügung
Eine GmbH bot Bibliotheken an, deren Bibliotheksnutzern digitalisierte Bücher zur Verfügung zu stellen. Die Bücher wurden von der GmbH digitalisiert und auf den Servern gespeichert. Die Bibliotheken konnten von der GmbH Lizenzen erwerben, die sie zum Abrufen der digitalisierten Bücher berechtigten. Die Bibliotheken durften ihren Nutzern das Abrufen der digitalisierten Bücher über das Internet ermöglichen. Die Umsätze für diese Dienstleistung unterwarf die GmbH dem ermäßigten Umsatzsteuersatz.
Leistungen der GmbH unterliegen dem Regelsteuersatz
Nach einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung ging das Finanzamt jedoch davon aus, dass die Leistungen dem Regelsteuersatz unterlägen. Die dagegen erhobene Klage der GmbH blieb in allen Instanzen ohne Erfolg. Dem BFH zufolge gilt der ermäßigte Steuersatz nur für „echte“ Bücher. Digitale Sprachwerke (E-Books) seien keine Bücher in diesem Sinne. Die Mehrwertsteuersystemrichtlinie verbiete ausdrücklich, elektronische Dienstleistungen dem ermäßigten Steuersatz zu unterwerfen. Auch der technische Fortschritt zwinge nicht dazu, neue Erscheinungsformen von Schriftwerken unter den Begriff der Bücher zu fassen.
Die GmbH könne sich, so der BFH, auch nicht auf die Steuerermäßigung gem. § 12 Abs. 2 Nr. 7c UStG berufen. Diese Norm sieht eine Steuerermäßigung bei Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus dem Urhebergesetz (UrhG) ergeben, vor. Diese Regelung gelte, so der BFH, jedoch ebenfalls nicht für elektronisch erbrachte Dienstleistungen. Und dass es sich vorliegend um ebensolche handelte, bezweifelte der BFH nicht. Aus diesem Grund überging er auch den Antrag der Klägerin, die Rechtsfrage dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorzulegen.
Steuerermäßigung nur für Bücher in Papierform
Der BFH geht in seiner Entscheidung, die eine gewerbliche GmbH betraf, aber selbstverständlich auf gemeinnützige Körperschaften ebenso Anwendung findet, offenbar davon aus, dass nur Bücher in Papierform vom ermäßigten Steuersatz profitieren können. Ob das so korrekt ist, ist zweifelhaft. Denn nach der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL) sind auch auf anderen physischen Trägern gespeicherte Bücher „Bücher“ im Sinne der MwStSystRL. In der Praxis wird das aber keine allzu große Bedeutung haben. E-Books werden ja typischerweise per Download vertrieben und nicht auf physischen Datenträgern geliefert. Per Download vertriebene E-Books unterfallen aber in jedem Fall dem Regelsteuersatz.
Initiative zum ermäßigten Steuersatz auf Downloadvertrieb
Interessant wird allerdings die weitere Entwicklung sein: Die EU Kommission hat nämlich letztes Jahr angekündigt, in der ersten Hälfte des Jahres 2016 eine Initiative vorzulegen, mit der der ermäßigte Steuersatz auch auf den Downloadvertrieb von E-Books ausgeweitet werden soll, um so eine technologieneutrale Erhebung der Mehrwertsteuer zu gewährleisten. Betroffene gemeinnützige Körperschaften sollten die Entwicklung daher aufmerksam verfolgen.
Neben der Steuersatzfrage müssen sie übrigens auch die zahlreichen sonstigen Fragen im Blick behalten, die sich im Zusammenhang mit der Herausgabe von Publikationen typischerweise stellen (Besteuerung des Anzeigengeschäfts im Rahmen eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs, Abgrenzung Fachzeitschrift <–> Vereinszeitung, Vorsteuerabzug, Mitgliederbegünstigung bei vergünstigter Abgabe von Publikationen an Mitglieder, Ausgliederung des Verlagsgeschäfts auf Tochter-GmbH etc.). Gerne beraten Sie unsere erfahrenen Anwälte dahin gehend.
BFH, Urteil vom 03.12.2015, Az. V R 43/13
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