Nicht immer ist es für einen Sterbenden noch möglich, vor seinem Ableben ein eigenhändiges oder notariell beurkundetes Testament aufzusetzen. Ist der Sterbende körperlich zu schwach, ein handschriftliches Testament zu erstellen, die lebensbedrohende Situation akut und ein Notar in der Kürze der Zeit nicht aufzufinden, bleiben folgende Möglichkeiten: Es kann ein Nottestament mündlich vor dem Bürgermeister (oder dessen Vertreter) und zwei Zeugen erklärt werden. Sofern auch dies nicht zeitgerecht erfolgen kann, bleibt letztlich noch das Drei-Zeugen-Testament.
Gesetzliche Voraussetzungen eines Drei-Zeugen-Testaments
Zunächst darf diese Form eines Testaments nur in Situationen erfolgen, in denen sich der unmittelbar vor dem Tod befindliche Sterbende an einem umständlich zu erreichenden und schwer zugänglichen Ort befindet (in der Praxis häufig Krankenhäuser oder Pflegeheime). Zudem muss die Todesgefahr objektiv so nah sein, dass ein Testament vor dem Notar oder Bürgermeister nicht mehr möglich ist oder die Zeugen sich über den in Kürze eintretenden Tod einig sind. Weiterhin ist bei der mündlichen Erklärung des letzten Willens erforderlich, dass die beteiligten Zeugen eine Niederschrift vornehmen.
Beispiel eines Falls vor dem Kammergericht Berlin
Im Fall einer erblindeten 82-Jährigen, bei der eine drastische Verschlechterung ihres gesundheitlichen Zustandes eintrat, wurde die Möglichkeit eines Drei-Zeugen-Testaments wahrgenommen. Als Zeugen anwesend waren ein Arzt und eine Pflegekraft, ein dritter Zeuge fehlte jedoch zunächst. Erst nach einem Hinweis des Nachlassgerichts auf das Fehlen einer dritten Unterschrift auf der Niederschrift wurde als weiterer Zeuge ein Besucher benannt, der am Krankenbett anwesend war, als das Testament vorgenommen wurde.
Strenger Maßstab an Zeugenfunktion
Das Kammergericht Berlin entschied in diesem Fall, dass das Drei-Zeugen-Testament nicht den gesetzlichen Anforderungen genüge und dementsprechend unwirksam entstanden sei. Als Grund nannte das Gericht die nicht erfüllte Voraussetzung, dass die beteiligten Zeugen auch mit der Absicht und in dem Bewusstsein ihrer Mitwirkung und Verantwortung handeln müssen. Eine lediglich zufällige Anwesenheit eines Zeugen wie im vorliegenden Fall genüge nicht.
Fehle dagegen die Unterschrift eines Zeugen, der dem Testament tatsächlich im Bewusstsein seiner Verantwortung beigewohnt habe, sei dies ein Formfehler, der nicht unbedingt zur Unwirksamkeit des Drei-Zeugen-Testaments führe. Zudem führte das Gericht an, dass vor Errichtung eines Drei-Zeugen-Testaments alle anderen Möglichkeiten hinreichend ausgeschöpft sein müssen, wie beispielsweise auch die Chance, samstags einen Notar aufzufinden.
Rechtzeitiges Aufsetzen des Testaments beugt Risiken vor
Angesichts der Vielzahl an Umständen, unter denen ein Testament unter Zeugen scheitern kann, ist das rechtzeitige Aufsetzen eines Testaments von großer Bedeutung. Ein Nottestament vor dem Bürgermeister oder Zeugen sollte nur in extremen Ausnahmesituationen erfolgen und stellt auf keinen Fall eine verlässliche Alternative dar. Ist ein Testament unwirksam, tritt automatisch die gesetzliche Erbfolge ein. Das rechtzeitige Aufsetzen des Testaments, im besten Fall durch notarielle Beurkundung, schließt etwaige Risiken aus und kann auch später noch geändert bzw. bei Bedarf aufgehoben werden.
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Tags: Testament