Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verpflichtet Arbeitgeber zur Beseitigung bereits eingetretener Diskriminierungen sowie zu ihrer präventiven Vermeidung. Der folgende Beitrag gibt Hinweise zur diskriminierungsfreien Gestaltung des Bewerbungsverfahrens und damit zur effektiven Minimierung von Haftungsrisiken.
Überblick über die Benachteiligungsmerkmale und Rechtsfolgen
§ 1 AGG nennt als Benachteiligungsmerkmale die Rasse, die ethnische Herkunft, das Geschlecht, die Religion, die Weltanschauung, eine Behinderung, das Alter sowie die sexuelle Ausrichtung. Erfährt ein Beschäftigter (zu denen gem. § 6 I 2 AGG auch der Bewerber zählt) aus einem dieser Gründe eine weniger günstige Behandlung als ein anderer Bewerber, dann liegt eine (unmittelbare) Benachteiligung und zugleich eine Verletzung des Benachteiligungsverbots gem. § 7 I AGG vor.
Dies löst unterschiedliche Rechtsfolgen aus. Aus § 15 I AGG ergibt sich ein Anspruch auf Schadensersatz, sofern der Arbeitgeber die Benachteiligung mindestens fahrlässig verursacht hat und ein (Vermögens-)Schaden nachweisbar ist. Daneben existiert mit § 15 II AGG ein verschuldensunabhängiger Anspruch auf Entschädigung für einen erlittenen immateriellen Schaden. In Abgrenzung zum Vermögensschaden macht dieser zwar nicht ärmer, bedeutet aber dennoch eine Beeinträchtigung geschützter Rechtsgüter. Hier wird das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des diskriminierten Bewerbers relevant.
Haftungsträchtiges Bewerbungsverfahren
Seit einiger Zeit nehmen Diskriminierungsklagen gegen Bewerbungsverfahren deutlich zu. Diese sind erfolgreich, wenn Indizien eine diskriminierende Nicht-Berücksichtigung des Klägers bei der Stellenbesetzung vermuten lassen. Selbst wenn der Bewerber auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre, steht diesem der beschriebene immaterielle Entschädigungsanspruch zu, der gem. § 15 II 2 AGG auf drei Monatsgehälter beschränkt ist.
Ausschreibungsverfahren
Bereits im Vorfeld des Bewerbungsverfahrens ist Sorgfalt geboten. Insbesondere obliegt dem Arbeitgeber die Prüfpflicht, ob der freie Arbeitsplatz mit Schwerbehinderten besetzt werden kann (§ 81 I 1 SGB IX). Bereits die ausgebliebene Abfrage der Bewerberdaten der Agentur für Arbeit ist ein Indiz für die Benachteiligung wegen einer Behinderung.
Stellenanzeige
Die diskriminierungsfreie Ausschreibung eines Arbeitsplatzes ist präventive Organisationspflicht des Arbeitgebers (§ 11 AGG). Hier kommt es sehr häufig zu Formulierungen, die eine Altersdiskriminierung indizieren, wie etwa „Berufsanfänger“, „Young Professionals“, oder „Junior Consultant“. Vermieden werden sollte zudem die Beschreibung des Teams oder Unternehmens als „jung“.
Bewerbungsgespräch
Während die Frage nach der konkreten gesundheitlichen Eignung für die geplante Tätigkeit zulässig ist, indizieren Fragen nach Erkrankungen, Leiden oder gar ausdrücklich einer Behinderung des Bewerbers eine Diskriminierung wegen Behinderung. Fragen nach Schwangerschaft, bestehenden Kinderwünschen oder Elternzeitplänen indizieren eine Diskriminierung wegen des Geschlechts.
AGG-Compliance
Eine sogenannte „AGG-Compliance“ im Bewerbungsverfahren leistet einen effektiven Beitrag zur Haftungsminimierung. Wir beraten Sie gern zur Gestaltung tragfähiger Organisationsmaßnahmen und schildern Ihnen die Vorteile einer Compliance-Beratung.
Tags: Diskriminierung