In seiner Regierungserklärung vom 12.10.2023 fordert Bundeskanzler Scholz, die Hamas in Deutschland mit allen Mitteln zu bekämpfen. Wörtlich sagt er: „Zu diesen Mitteln gehören ausdrücklich auch Vereins- und Betätigungsverbote. Unser Vereinsrecht ist ein scharfes Schwert. Und dieses Schwert werden wir als starker Rechtsstaat hier ziehen“. Doch was bedeutet das in der Praxis?
Vereinsverbot als Mittel der wehrhaften Demokratie
Bereits im Grundgesetz heißt es: „Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.“ Umgesetzt wird dies im Vereinsgesetz. Danach können Vereine, bei denen zumindest eines der genannten Merkmale feststeht, durch Verfügung verboten werden. Zuständig für das Vereinsverbot sind die Innenministerien der Länder bzw. das Bundesinnenministerium. Mit dem Verbot geht regelmäßig die Beschlagnahme und Einziehung aller Vermögenswerte des Vereins einher.
Tatbestandsmerkmale müssen Vereinigung prägen
Damit ein Verein verboten werden kann, müssen die genannten Tatbestandsmerkmale den Charakter der Vereinigung prägen. Es reicht nicht aus, dass der Verein Kritik an einzelnen Verfassungsvorschriften äußert. Vielmehr muss der Verein einen Gesamteindruck dahingehend vermitteln, dass er aktiv und dauerhaft jedenfalls eines der Merkmale verwirklichen will. Während dies bei der Strafgesetzwidrigkeit noch relativ einfach nachweisbar ist, ist die Frage ob sich ein Verein gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richtet, regelmäßig eine Frage der Abwägung.
Vereine müssen Organe und Mitarbeiter kontrollieren
In der Verbotspraxis wird hierzu über einen längeren Zeitraum auf die Handlungen des Vereins und die Äußerungen der Vereinsorgane sowie dessen Mitglieder und Mitarbeiter geschaut. Ruft ein Vereinsvorstand regelmäßig in den sozialen Medien zu verfassungsfeindlichen Handlungen auf oder versieht entsprechende Einträge mit einem „Gefällt mir“ und wird dies vom restlichen Verein toleriert, ergibt sich insgesamt ein Bild, welches ein Vereinsverbot rechtfertigen kann. Vereine müssen daher Maßnahmen ergreifen, um solche Handlungen zu unterbinden, und im Zweifel den so handelnden Vorstand abberufen, Mitglieder ausschließen oder Mitarbeiter mit entsprechenden Äußerungen aus dem Verein entlassen.
Rechtsschutz ist möglich
Kommt es rechtswidrig zu einem Vereinsverbot, ist hiergegen Rechtsschutz zu den Oberverwaltungsgerichten bzw. zum Bundesverwaltungsgericht möglich. Es existiert also nur eine Tatsacheninstanz, in welcher der Verein die gegen ihn erhobenen Vorwürfe entkräften muss. Ein solches Verfahren kann kompliziert und zeitraubend sein.
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