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Bundesfinanzhof: Es gibt keine Vorstiftung

Die Errichtung einer rechtsfähigen Stiftung ist erst in dem Moment vollbracht, in dem die Stiftung als rechtsfähig anerkannt wird – ein Prozess, der sich hinziehen kann. Die Behörde muss prüfen, ob die Stiftung den zwingenden gesetzlichen Anforderungen entspricht und ob sichergestellt ist, dass die Stiftung ihren Stiftungszweck erfüllen kann. Stark umstritten war bisher, ob eine Stiftung in dieser Übergangsphase als Vorstiftung schon Trägerin von Rechten und Pflichten und Empfängerin von abzugsfähigen Spenden sein kann. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat dies mit seinem Urteil vom 11. Februar 2015 verneint. Spenden an Vorstiftungen sind daher nicht abziehbar.

Spenden an Stiftungen können als Sonderausgaben abgezogen werden

Nach § 10 b Abs. 1 a des Einkommensteuergesetzes (EStG) können Spenden an eine gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) befreite Stiftung des Privatrechts als Sonderausgaben abgezogen werden. Das Problem ist, dass keine rechtsfähige Stiftung existiert, solange die Stiftung noch nicht von der zuständigen Landesbehörde als Stiftung anerkannt ist. Die Rechtsfähigkeit bekommt die Stiftung erst mit ihrer Anerkennung zugesprochen. Dennoch spendeten die Klägerin und deren Schwester bereits vor Anerkennung der Stiftung jeweils 300.000 Euro an die Stiftung und wollten die Zuwendungen als Sonderausgaben im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärungen geltend machen.

Das Spendenrecht unterscheidet zwar nicht zwischen einer rechtsfähigen und einer nicht-rechtsfähigen Stiftung (siehe Stiftungsarten im Überblick). Somit sind auch Spenden an nicht-rechtsfähige Stiftungen als Sonderausgaben abziehbar. Voraussetzung ist dann aber natürlich, dass eine solche nicht-rechtsfähige Stiftung auch existiert. Im zu entscheidenden Fall war dem nicht so, weil die Stifter sich bewusst für die Errichtung einer rechtsfähigen Stiftung entschieden hatten. Die Zuwendungen konnten daher weder als solche an eine nicht-rechtsfähige Stiftung noch als solche an eine rechtsfähige Stiftung geltend gemacht werden.

Vorstiftung ist nicht mit Vorgesellschaft wie Vor-GmbH vergleichbar

Als letzte Chance für die Anerkennung des Spendenabzugs kam in Betracht, die Existenz des Rechtsgebildes „Vorstiftung“ anzuerkennen, also einer Stiftung schon im Vorfeld der später erfolgten Anerkennung als rechtsfähig. Der BFH geht diesen Schritt aber nicht. Ob eine Vorgesellschaft, wie ein Vorverein, eine Vor-GmbH (GmbH in Gründung, GmbH i. G.) oder die angedachte Vorstiftung rechtsfähig und damit steuerrechtsfähig sei, richte sich nämlich nach dem Zivilrecht, so der BFH. Aber schon dogmatisch sei die Vorstiftung nicht mit anderen Vorgesellschaften vergleichbar: Charakteristikum einer Vorgesellschaft sei, dass sie über eine Vermögensmasse verfügt, die im Verhältnis zu den Gesellschaftern schon vor Eintragung der Gesellschaft eine gewisse Verselbständigung erfahren hat. So komme selbst bei einer Einmann-GmbH eine Zwangsvollstreckung der Privatgläubiger des Gründers in das Vermögen der Vorgesellschaft nicht in Frage. Bei einer Vorstiftung bestehe ein solches Sondervermögen hingegen nicht. Die Anerkennung einer Vorstiftung beeinträchtige außerdem die Dispositionsfreiheit des Stifters: Bis zur Anerkennung der Stiftung ist der Stifter nämlich nicht an sein Zuwendungsversprechen gebunden; er kann das Stiftungsgeschäft bis dahin jederzeit widerrufen. Grund ist, dass die Stiftung nach ihrer Anerkennung vollkommen verselbständigt ist. Bis zur Verselbständigung soll der Stifter hingegen noch Einfluss nehmen können, so der BFH.

Stiftungen müssen über Rechtsfähigkeit informieren

Damit setzt der BFH einen Schlusspunkt unter einen jahrelangen wissenschaftlichen Streit um die Vorstiftung. In der Phase bis zur Anerkennung einer Stiftung ist also Vorsicht geboten: Spender sollten mit ihren Zuwendungen warten, bis die Stiftung tatsächlich als rechtsfähig anerkannt wurde. Sonst gibt es keinen Spendenabzug. Die Stiftungen wiederum sollten darüber informieren, ab wann sie rechtsfähig sind und damit Zuwendungsbestätigungen ausstellen dürfen. Wenn es schnell gehen soll, steht es dem Stifter aber selbstverständlich weiterhin frei, zunächst eine nicht-rechtsfähige Stiftung zu errichten und ihr seine steuerbegünstigte Zuwendung zu übertragen; später kann diese nicht-rechtsfähige Stiftung dann in eine rechtsfähige Stiftung überführt werden.

Ein interessanter Nebenaspekt: Der Oberste Gerichtshof Österreichs hat die rechtsfähige Vorstiftung anerkannt. Allerdings unterscheidet sich die österreichische Rechtslage in wesentlichen Punkten von der deutschen: So wird z.B. die österreichische Privatstiftung bereits durch die Stiftungserklärung „errichtet“.

BFH, Urteil vom 11.02.2015 – Az. X R 36/11

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Stefan Winheller

Rechtsanwalt Stefan Winheller ist seit rund 20 Jahren auf steuerrechtliche Fragen spezialisiert, v.a. in den Bereichen Krypto, Stiftungen/NPO und Internationales.

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