Neue Anzeigepflichten beim Erwerb von Beteiligungen
Wenn außereuropäische Investoren in Deutschland Unternehmen oder Unternehmensanteile erwerben, hat das Bundeswirtschaftsministerium unter Umständen ein Mitspracherecht. So hat das Ministerium erweiterte Prüfungsrechte bei Unternehmenskäufen durch Nicht-EU-Ausländer, wenn „kritische Infrastruktur“ betroffen ist. Das gilt nicht nur für Unternehmen, die sogenannte „kritische Infrastruktur“ betreiben, sondern auch für Unternehmen, die Software speziell für den Einsatz in „kritischer Infrastruktur“ entwickeln.
Seit 18.07.2017 gilt eine Änderung der Außenwirtschaftsverordnung (AWV), durch die die Möglichkeiten des Bundeswirtschaftsministeriums wesentlich erweitert wurden.
Wirtschaftsministerium kann Unternehmenskauf untersagen
Schon bisher konnte das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) prüfen, ob der Kauf eines deutschen Unternehmens oder der unmittelbare oder mittelbare Erwerb von mindestens 25% Stimmrechtsanteilen an einem deutschen Unternehmen durch sogenannte Unionsfremde die öffentliche Ordnung oder Sicherheit Deutschlands gefährdet. Wenn das der Fall ist, kann der Kauf untersagt oder es können Anordnungen erlassen werden, um die öffentliche Ordnung oder Sicherheit Deutschlands zu gewährleisten.
„Unionsfremde“ sind alle Investoren, die aus einem Staat kommen, der weder der Europäischen Union noch den EFTA-Staaten (Island, Liechtenstein, Norwegen und Schweiz) angehört, also Erwerber aus China, Russland genauso wie solche aus Brasilien, der Türkei oder den USA.
Auch der Erwerb durch einen Käufer aus der EU kann betroffen sein, wenn der Käufer unionsfremden Gesellschaftern gehört.
Unternehmenskäufe müssen unter Umständen an das Wirtschaftsministerium gemeldet werden
Neu ist, dass nach der AWV nun eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung insbesondere dann vorliegen kann, wenn es sich um den Kauf einer Beteiligung von mindestens 25% an einem Unternehmen handelt, das entweder selbst „kritische Infrastruktur“ betreibt oder das Software entwickelt, die „branchenspezifisch“ zum Betrieb von „kritischer Infrastruktur“ dient.
Neu ist außerdem, dass nun eine Verpflichtung besteht, dem BMWi den Abschluss eines Vertrages über den Erwerb einer Beteiligung der vorgenannten Art zu melden.
In welchen Sektoren gibt es kritische Infrastrukturen?
„Kritische Infrastrukturen“ sind gesetzlich näher bestimmte Einrichtungen und Anlagen der Bereiche
- Energie,
- Informationstechnik und Telekommunikation,
- Transport und Verkehr,
- Gesundheit,
- Wasser,
- Ernährung sowie
- Finanz- und Versicherungswesen,
die von hoher Bedeutung für das Funktionieren des Gemeinwesens sind, was bei Überschreiten gesetzlicher Schwellenwerte als gegeben unterstellt wird. So kann z.B. ein Kraftwerk dazu gehören, wenn es eine installierte Netto-Nennleistung von mindestens 420 Megawatt hat, oder ein Flughafen, an dem pro Jahr mindestens 20 Millionen Passagiere abgefertigt werden.
Auch Krankenhäuser und Rechenzentren können „kritische Infrastruktur“ sein
Dabei mag manchen überraschen, was alles zu kritischen Infrastrukturen gehört:
Dass ein größeres Kraftwerk, eine Ölraffinerie oder die Trinkwasserversorgung einer deutschen Großstadt dazu gehören können, ist nicht überraschend. Doch z.B. auch große Lebensmittelhersteller, Krankenhäuser, Rechenzentren, Arzneimittelhersteller oder Kreditkartenunternehmen können „kritische Infrastruktur“ sein, wenn sie eine bestimmte Mindestgröße haben.
Und eben auch der Erwerb von Beteiligungen an Unternehmen, die Software speziell für den Einsatz in „kritischer Infrastruktur“ (fort-)entwickeln, kann der Prüfung und Untersagung durch das BMWi unterliegen.
2017 hat das Wirtschaftsministerium etwa 80 Erwerbe nach vorgenannten Regelungen geprüft. In keinem dieser Fälle wurde der Erwerb wegen einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit Deutschlands untersagt.
Kaufrückabwicklung fünf Jahre lang möglich
Das BMWi kann das Prüfverfahren innerhalb von drei Monaten ab Kenntniserlangung eröffnen, spätestens jedoch fünf Jahre ab Vertragsschluss über den Beteiligungserwerb, und dann bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen evtl. eine Rückabwicklung des Beteiligungserwerbs verlangen.
Daher empfiehlt es sich sowohl für Inverstoren als auch für Verkäufer, rechtzeitig zu prüfen, ob ein Beteiligungserwerb bzw. eine Beteiligungsveräußerung von den Regelungen der AWV betroffen ist und ob Meldepflichten oder das Risiko der Untersagung des Beteiligungserwerbs bestehen.
Gerne sind wir dabei behilflich und klären proaktiv alle offenen Fragen mit dem BMWI ab. Unter Umständen empfiehlt es sich, vorab eine Unbedenklichkeitsbescheinigung zu beantragen, um Ihre Transaktion ohne Störungen durchzuführen.
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