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Beteiligung an Volksinitiative als schädliche politische Betätigung?

Der BUND Landesverband Hamburg e.V. (BUND) streitet sich seit mehreren Jahren mit dem Finanzamt wegen seiner Beteiligung an einer Volksinitiative, die den Rückkauf der Energienetze in Hamburg zum Gegenstand hatte. Statt einer Klärung der Frage, ob eine solche politische Betätigung gemeinnützigkeitsrechtlich zulässig ist oder nicht, hat das Verfahren vor dem Finanzgericht (FG) Hamburg ein – aus unserer Sicht – gleichermaßen kurioses wie falsches Ergebnis zu Tage gebracht: Wenn eine gemeinnützige Körperschaft Spenden für ein bestimmtes Projekt einwirbt und dafür ein Projektkonto einrichtet, muss sie die Aufwendungen für das Projekt unbedingt von diesem Projektkonto begleichen. Begleicht sie die Aufwendungen stattdessen mit Mitteln von anderen Konten, kann dies nach Ansicht des FG Hamburg eine Mittelfehlverwendung darstellen, die zum Erlass eines Haftungsbescheides führen kann.

Spenden auf Projektkonto eingesammelt…

Der BUND hatte gemeinsam mit anderen Organisatoren ein Volksbegehren initiiert. Um das Vorhaben zu finanzieren, warb der Verein Spenden auf ein von ihm bereitgestelltes Projektkonto ein und stellte dafür Zuwendungsbestätigungen aus.

…Aufwendungen von anderem Konto bezahlt

Der Verein beglich die Aufwendungen jedoch nicht mit den auf dem Projektkonto befindlichen Spendenmitteln, sondern mit Mitteln, die auf anderen Konten lagen. Daraufhin erließ das Finanzamt einen Haftungsbescheid wegen unerlaubter Ausstellung von Spendenbestätigungen. Nach Ansicht des Finanzamtes lag eine Mittelfehlverwendung aufgrund der Weiterleitung der Mittel an eine nicht begünstigte politische Einrichtung (die Volksinitiative) vor.

Fehlverwendung durch Nichtverwendung

Die Klage des BUND vor dem FG Hamburg hatte keinen Erfolg. Die Begründung überrascht allerdings: Statt sich mit der Frage zu beschäftigen, ob sich der Verein durch die Unterstützung der Volksinitiative zu intensiv politisch betätigt hatte oder in der Weiterleitung von Mitteln an die politische Initiative eine gemeinnützigkeitsschädliche Mittelfehlverwendung zu erblicken war, war das FG Hamburg
der Auffassung, dass schon die schlichte Nichtverwendung der auf dem Projektkonto liegenden Spenden eine die Spendenhaftung auslösende Mittelfehlverwendung darstelle. Bestandteil der zweckentsprechenden Mittelverwendung im Sinne der Haftungsnormen sei auch die zeitliche Anforderung gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO, die Mittel zeitnah zu verwenden. Diese Anforderung habe der Verein, so das FG Hamburg, missachtet, weil er seine Mittel, die auf dem Projektkonto bereitlagen, nicht verwendet habe.

Begründung des Gerichts absurd

Das Urteil ist unseres Erachtens falsch, zumindest jedoch falsch begründet. Eine Verpflichtung zur Verwendung von Mitteln von einem bestimmten Konto sieht das Gemeinnützigkeitsrecht nämlich nicht vor. Gemeinnützigkeitsrechtlich entscheidend ist lediglich, dass eine gemeinnützige Körperschaft ihre Mittel zeitnah für gemeinnützige Zwecke verwendet. Mit anderen Worten: Welchen konkreten Geldschein sie zur Zweckverwirklichung einsetzt, interessiert das Gemeinnützigkeitsrecht herzlich wenig. Bis die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) in der anhängigen Revision (Az. X R 13/15) vorliegt, sollten gemeinnützige Körperschaften mit Projektkonten trotzdem vorsichtig umgehen: Es dürfte ratsam sein, sich auf die Führung eines einzigen Kontos zu beschränken oder zumindest sicherzustellen, dass die Projektkonten im Zuge der Projektdurchführung regelmäßig geleert werden.

BFH muss über politische Zwecke entscheiden

Das Revisionsverfahren darf auch in anderer Hinsicht mit Spannung erwartet werden: Es wäre hilfreich, wenn der BFH zu der drängenden Frage Stellung nehmen würde, ob der BUND durch seine Beteiligung an der Volksinitiative noch im Rahmen seiner Satzungszwecke tätig war oder bereits – unzulässigerweise – einen politischen Zweck verfolgte. Geht man davon aus, dass der BUND mit seinem Engagement das Ziel verfolgte, den Rückkauf der Energienetze zu bewirken und durch dann mögliche Investitionen in die Netze eine höhere Energieeffizienz und hohe Energieeinsparungen zu erreichen, wird man nicht abstreiten können, dass es sich hierbei um Maßnahmen handelt, die der Förderung des Umweltschutzes dienen. Da der BUND darüber hinaus keine parteipolitische Unterstützung leistete, wagen wir die These, dass das Vorgehen des BUND gemeinnützigkeitsrechtlich zulässig war. Ob der BFH das ebenso sieht, wird sich allerdings erst zeigen müssen.

Gerne sind unsere Anwälte für Gemeinnützigkeitsrecht Ihrer NPO bei Konflikten mit der Finanzverwaltung behilflich. Wir freuen uns über Ihre Kontaktaufnahme.

FG Hamburg, Urteil vom 25.02.2015, Az. 5 K 135/12

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Stefan Winheller

Rechtsanwalt Stefan Winheller ist seit rund 20 Jahren auf steuerrechtliche Fragen spezialisiert, v.a. in den Bereichen Krypto, Stiftungen/NPO und Internationales.

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