Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes sind nur dann vorsteuerabzugsberechtigt, wenn sie auch selbst umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbringen. Mitgliedsbeiträge in Vereinen sind jedoch meist steuerfrei, weshalb Vereine in der Folge auch keine Vorsteuer aus ihren Eingangsrechnungen geltend machen können. Das Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg sieht das nun anders: Berufsverbände erbringen umsatzsteuerpflichtige Leistungen und sind somit auch vorsteuerabzugsberechtigt.
Vorsteuerabzug nur bei steuerpflichtigen Umsätzen
Mit der Umsatzsteuer belastet der Staat die Erbringung von Dienstleistungen und den Austausch von Waren, indem der Dienstleister bzw. Verkäufer einen bestimmten Prozentsatz des Entgelts (im Regelfall 19%) an das Finanzamt abführen muss. Da ein leistender Unternehmer in der Regel zuvor ebenfalls Leistungen bezogen hat, die bereits der Umsatzsteuer unterlagen, würde die am Ende der Unternehmerkette schlussendlich vom Endabnehmer zu tragende Gesamtsteuerlast sehr hoch ausfallen. Um dies zu vermeiden, können Unternehmer die ihnen in Rechnung gestellte Umsatzsteuer beim Finanzamt geltend machen (sog. Vorsteuer). So wird im Ergebnis nur der Unterschiedsbetrag zwischen Eingangs- und Ausgangsumsatz des Unternehmers besteuert – eben der Mehrwert, weswegen man die Umsatzsteuer auch als Mehrwertsteuer bezeichnet.
Damit der Staat keine Umsatzsteuer verliert, kann die Vorsteuer allerdings nur dann geltend gemacht werden, wenn der Unternehmer auch tatsächlich Umsatzsteuer bezahlen muss. Unternehmer, die umsatzsteuerfreie Leistungen erbringen, können demnach keine Vorsteuer geltend machen. Das betrifft z.B. viele gemeinnützige Organisationen, die in Bezug auf ihre gemeinnützigen Leistungen von der Umsatzsteuer befreit sind.
Mitgliedsbeiträge steuerbar?
Ähnliches gilt für viele Berufs- und Wirtschaftsverbände, die ihren Mitgliedern Leistungen erbringen, die sie durch Mitgliedsbeiträge finanzieren. Damit die Verbände die im Rahmen ihrer Tätigkeit gezahlte Vorsteuer erstattet bekommen, müssten die Mitgliedsbeiträge der Umsatzbesteuerung unterliegen. Die Finanzverwaltung geht allerdings grundsätzlich davon aus, dass das nicht der Fall ist. Nur dann, wenn der Verband spezielle Leistungen im Individualinteresse einzelner Mitglieder erbringt, soll es anders sein.
Berufsverband erbringt umsatzsteuerbare Leistungen
Das FG Berlin-Brandenburg macht diese Unterscheidung nicht. Es hat entschieden, dass ein Berufsverband dann die Voraussetzungen für einen steuerbaren Leistungsaustausch erfüllt und damit zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, wenn er wirtschaftliche Interessen verfolgt – auch dann, wenn sich sein Leistungsangebot an alle Mitglieder richtet. Es sei auch nicht erforderlich, dass jedes einzelne Mitglied die Leistungen tatsächlich in Anspruch nehme, solange es nur die Möglichkeit dazu habe.
Die vom konkreten Verband erbrachten Leistungen wie Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit, Informations- und Beratungsangebote, Unterstützung in Rechtsfragen sowie die Organisation von Veranstaltungen stellten im Übrigen Leistungen dar, die auch durch externe Anbieter gegen Entgelt angeboten würden. Zwischen dem Verband und seinen Mitgliedern fand daher ein Leistungsaustausch statt, der Umsatzsteuer auslöste und damit auch zum Vorsteuerabzug führte.
Verbandsmitglieder sind Unternehmer
Geklagt hatte übrigens der Verband selbst, da er den vollen Vorsteuerabzug geltend machen wollte. Da seine Mitglieder selbst Unternehmer sind, ist die Umsatzsteuerpflicht der Mitgliedsbeiträge für sie wirtschaftlich kein Nachteil, da sie die Umsatzsteuer als Vorsteuer ohnehin geltend machen können. Das Urteil ist für Berufs- und Wirtschaftsverbände daher äußerst wichtig: Durch den vollen Vorsteuerabzug können sie ihre Mitgliedsbeiträge günstiger kalkulieren, ohne den Mitgliedern über die Umsatzsteuerpflicht zu schaden. Die Finanzverwaltung will das allerdings nicht auf sich sitzenlassen und hat bereits Revision beim BFH eingelegt (Az. V R 45/17).
FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13.09.2017, Az. 2 K 2164/15
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