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Ausschluss von Vereinsmitgliedern – Stolperfallen vermeiden

Drei Holzfiguren auf einer Treppe

Der Ausschluss eines Mitglieds aus dem Verein ist ein scharfes Schwert, das nur unter strikter Beachtung formeller und materieller Anforderungen geführt werden darf. Das OLG Hamm hat zahlreiche Fehlerquellen aufgezeigt, die in der Praxis regelmäßig zu einer Unwirksamkeit des Ausschlusses führen. Sie erfahren hier die wichtigsten Erkenntnisse aus dem Fall und erhalten Hinweise für eine rechtssichere Umsetzung für den Ausschluss eines Vereinsmitglieds.

Ablauf des Vereinsausschlusses im vorliegenden Fall

Auf Antrag eines anderen Mitglieds musste der Vereinsvorstand über den Ausschluss eines Mitglieds entscheiden. Dazu informierte der Vorstand zunächst das betroffene Mitglied über den Antrag und räumte dem Mitglied eine Frist zur Stellungnahme von wenigen Tagen ein. Dem Antrag des betroffenen Mitglieds auf Fristverlängerung gab der Vorstand nicht statt, gab dem betroffenen Mitglied aber zumindest drei Tage vor Fristablauf den Inhalt des Antragsschreibens des anderen Mitglieds bekannt. Das betroffene Mitglied nahm fristgerecht dazu Stellung. Der Vorstand beschloss drei Tage nach Fristablauf den Ausschluss des betroffenen Mitglieds.

Dieses legte vereinsintern Einspruch ein, über den erst nach über zehn Monaten vom Vereinsvorstand entschieden wurde. Dies geschah unter der Berücksichtigung neuer Tatsachen. Allerdings wurde dem Vereinsmitglied keine Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt. Im gerichtlichen Verfahren stellte sich heraus, dass sowohl bei der Antragstellung durch das andere Mitglied als auch beim Ausschluss selbst und im Einspruchsverfahren dem Vereinsvorstand zahlreiche formelle Fehler unterlaufen waren.

Das OLG Hamm wies die Beschwerde des Vereins gegen den Beschluss der Vorinstanz zurück und bestätigte die Entscheidung bezüglich der formellen und materiellen Unrechtmäßigkeit des Ausschlusses.

Formelle Anforderungen an den Ausschluss eines Vereinsmitglieds

Der Ausschluss muss von dem satzungsgemäß zuständigen Organ beschlossen und dem Mitglied auch durch dieses Organ bekanntgegeben werden. Im entschiedenen Fall wurde der Ausschluss nur durch eine Person aus dem Vorstand unterzeichnet, obwohl laut Satzung eine gemeinsame Vertretung durch mehrere Vorstandsmitglieder vorgesehen war. Eine Generalvollmacht, die ein einzelnes Vorstandsmitglied zur Alleinvertretung ermächtigt, ist unwirksam, wenn sie die Satzungsregelung unterläuft.

Das betroffene Mitglied hat zudem Anspruch auf rechtliches Gehör. Die Frist zur Stellungnahme muss angemessen sein und sich an der Komplexität des Sachverhalts orientieren. Eine Frist von nur drei Tagen sei dabei in keinem Fall ausreichend.

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Im Falle eines vereinsinternen Einspruchsverfahrens darf die Entscheidung grundsätzlich nur auf die Tatsachen gestützt werden, die bereits der ursprünglichen Ausschlussentscheidung zugrunde lagen. Neue Tatsachen dürfen nur dann berücksichtigt werden, wenn dem Mitglied hierzu erneut rechtliches Gehör gewährt wird.

Materielle Anforderungen an den Ausschluss aus dem Verein

Die gerichtliche Kontrolle des Ausschlusses ist in formeller Hinsicht umfassend, in materieller Hinsicht prüft das Gericht, ob der Ausschluss grob unbillig oder willkürlich war.

Grob unbillig bedeutet, dass der Ausschluss in keinem angemessenen Verhältnis zum Verstoß steht. Willkürlich ist der Ausschluss, wenn dieser nur gegen einzelne Mitglieder, nicht aber gegen andere mit identischem Fehlverhalten ergeht.

Zudem trägt der Verein die Beweislast für das Vorliegen eines Ausschlussgrundes. Die Entscheidung des satzungsgemäß zuständigen Organs muss konkret erkennen lassen, welches Fehlverhalten dem Mitglied vorgeworfen wird und wie dieses dem Mitglied zuzurechnen ist. Pauschale Behauptungen oder die Zurechnung des Verhaltens Dritter reichen nicht aus. Auch einzelne kritische Meinungsäußerungen von Mitgliedern über den Verein oder dessen Organe oder gar persönliche Differenzen sind grundsätzlich vereinsintern zu klären und rechtfertigen keinen Ausschluss.

Ausschlussverfahren sorgfältig vorbereiten

Der Fall des OLG Hamm zeigt, wie fehleranfällig das Ausschlussverfahren ist und wie schnell formelle Mängel zur Unwirksamkeit führen können. Der Fall zeigt zudem, wie wichtig es ist, die eigene Vereinssatzung zu kennen und deren Regelungen zu befolgen, da das Gesetz keine Vorschriften zum Vereinsausschluss enthält und die Details der Vereinsautonomie überlässt.

Für die Praxis bedeutet das: Ausschlussverfahren müssen sorgfältig vorbereitet und durchgeführt werden. Die Satzung muss klare Regelungen zu den Ausschlussgründen, zur Zuständigkeit und zum Verfahren enthalten. Die Einhaltung des rechtlichen Gehörs unter Einräumung angemessener Fristen und die genaue Dokumentation sowohl des Ablaufs als auch der Entscheidungsgründe sind unerlässlich. Bei Unsicherheiten empfiehlt sich die frühzeitige Einbindung rechtlicher Beratung, um teure und langwierige Gerichtsverfahren zu vermeiden.

Umfassende Beratung für Vereine

Sind Sie unsicher, ob Ihre Vereinssatzung ein rechtssicheres Ausschlussverfahren vorsieht? Haben Sie Fragen zur Umsetzung eines Ausschlusses oder möchten Sie wissen, wie Sie Fehler im Verfahren vermeiden können? Unser NPO-Team steht Ihnen für eine individuelle Beratung rund um das Vereinsrecht und die Gemeinnützigkeit gerne zur Verfügung.

OLG Hamm, Beschluss v. 06.01.2025, 8 W 362/24

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Dr. Isabella Löw

Rechtsanwältin Dr. Isabella Löw ist am Standort Frankfurt am Main in unserem Nonprofitteam tätig. Sie berät und vertritt gemeinnützige Vereine und Verbände, gemeinnützige GmbHs und Genossenschaften sowie Stiftungen.

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