
Das Finanzgericht Hamburg hat klargestellt, wie Aufwendungen für gemischt genutzte Wirtschaftsgüter – etwa Sportanlagen – bei gemeinnützigen Vereinen zwischen ideellem Bereich, Zweckbetrieb und wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb aufzuteilen sind. Besonders praxisrelevant: Auch Leerstandszeiten sind nicht automatisch dem ideellen Bereich zuzuordnen, sondern nach dem Verhältnis der tatsächlichen Nutzung aufzuteilen. Das Urteil schafft Rechtssicherheit und gibt Vereinen einen klaren Handlungsrahmen für die steuerliche Zuordnung ihrer Kosten.
Verein vermietet Sportstätten an Mitglieder und Nichtmitglieder
Ein gemeinnütziger Sportverein betrieb eine Schwimm- und eine Tennishalle, die sowohl für den ideellen Bereich (z.B. Jugendtraining), als auch für den Zweckbetrieb (Vermietung an Mitglieder) und den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (Vermietung an Nichtmitglieder) genutzt wurden. Die Betriebsausgaben für die Sportanlagen wurden vom Verein entsprechend den Nutzungszeiten auf die drei Sphären verteilt, einschließlich der Leerstandszeiten, die anteilig zugeordnet wurden. Das Finanzamt hingegen ordnete die Kosten der Leerstandszeiten ausschließlich dem ideellen Bereich zu und setzte die Steuer entsprechend fest. Nach erfolglosem Einspruch klagte der Verein vor dem Finanzgericht.
Aufteilung gemischter Aufwendungen
Herzstück der Entscheidung ist die Frage, wie gemischt veranlasste Aufwendungen – also solche, die mehreren Sphären dienen – aufzuteilen sind. Das FG Hamburg zeichnet zunächst die Entwicklung der Rechtsprechung nach: Ursprünglich war eine Schätzung zulässig, später wurde eine restriktivere Linie verfolgt, bei der die Kosten primär dem Hauptanlass zugeordnet wurden. Erst seit 2015 vertritt der BFH die Linie, dass eine anteilige Zuordnung zu verschiedenen Sphären möglich sei, sofern objektivierbare Abgrenzungskriterien – wie etwa Nutzungszeiten – vorliegen.
Leerstand im gleichen Verhältnis verteilen
Das Gericht stellt klar: Sind die tatsächlichen Nutzungsanteile der verschiedenen Sphären bekannt, ist eine Aufteilung nach diesen Zeitanteilen sachgerecht und geboten. Die Leerstandszeiten sind dann im gleichen Verhältnis wie die belegten Zeiten auf die Sphären zu verteilen. Eine vollständige Zuordnung der Leerstandszeiten zum ideellen Bereich ist nicht zulässig, solange eine objektive Aufteilung möglich ist. Das Gericht verweist dabei ausdrücklich auf die Parallelen zur Aufteilung von Kfz- oder Telefonkosten sowie zur Behandlung von Leerstandszeiten bei Ferienwohnungen im Steuerrecht.
Gebot der zweckentsprechenden Mittelverwendung und Ausschließlichkeitsgebot einhalten
Das FG betont, dass gerade bei gemeinnützigen Körperschaften eine zutreffende Zuordnung der Aufwendungen zu den einzelnen Sphären notwendig ist, um das Gebot der zweckentsprechenden Mittelverwendung (§ 55 AO) und das Ausschließlichkeitsgebot (§ 56 AO) einzuhalten. Nur so lässt sich verhindern, dass Verluste aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben unzulässig mit Mitteln des ideellen Bereichs ausgeglichen werden.
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Ein weiterer wichtiger Punkt: Das FG folgt der Auffassung von Finanzverwaltung und Literatur, dass bei mehreren wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben für die Frage gemeinnützigkeitsschädlicher Verluste auf das saldierte Ergebnis aller steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe abzustellen ist (§ 64 Abs. 2 AO). Einzelne verlustträchtige Betriebe gefährden die Gemeinnützigkeit nur dann, wenn insgesamt ein Dauerverlust entsteht und dieser mit Mitteln aus den steuerbegünstigten Bereichen ausgeglichen wird.
Leistungsgerechte Besteuerung durch richtige Zuordnung
Das Urteil des FG Hamburg schafft für die Praxis gemeinnütziger Körperschaften erfreuliche Klarheit: Betriebsausgaben für gemischt genutzte Anlagen sind nach den tatsächlichen Nutzungszeiten auf die Sphären zu verteilen – einschließlich der Leerstandszeiten. Eine pauschale Zuordnung des Leerstands zum ideellen Bereich ist nicht zulässig, wenn objektive Kriterien für eine Aufteilung vorliegen. Das erhöht die Steuerabzugsfähigkeit im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb und sorgt für eine leistungsgerechte Besteuerung.
Für die Praxis empfiehlt sich, die Nutzung von Vereinsanlagen genau zu dokumentieren und die Aufteilung der Kosten nachvollziehbar zu gestalten. So können Sie im Falle einer Betriebsprüfung oder Nachschau die sachgerechte Zuordnung belegen und steuerliche Nachteile vermeiden.
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FG Hamburg, Urteil v. 05.12.2024, 5 K 125/23
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