Hat sich ein Sportverein dem Zweck verschrieben, durch Pflege des Sports zur körperlichen Ertüchtigung seiner Mitglieder beizutragen und dadurch auch die Zusammengehörigkeit seiner Mitglieder zu fördern, muss dafür keine eigene Vereinsabteilung existieren. Die Auflösung einer solchen Abteilung verstößt deshalb auch nicht gegen die vereinsrechtliche Treuepflicht. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) am 19. Februar 2013 entschieden.
Sportverein klagt gegen Ruderabteilung
Geklagt hatte ein Sportverein, der sich wegen sinkender Spendeneinnahmen gezwungen sah, ein Grundstück zu verkaufen, welches hauptsächlich von Ruderern einer seiner Untergliederungen („Abteilung“) in der Form eines nicht-rechtsfähigen Vereins genutzt wurde. Über den geplanten Verkauf des Grundstücks entbrannte Streit zwischen dem Sportverein und seiner Rudersektion: Die Ruderer weigerten sich, das Grundstück zu räumen, obwohl der Sportverein fünf Vorschläge für andere geeignete Grundstücke unterbreitet hatte. Die Folge: Der Sportverein klagte gegen seine Ruderabteilung auf Räumung und Herausgabe des Grundstücks.
Das Berufungsgericht hatte der Ruderabteilung noch Recht gegeben: Zum einen hätte der Sportverein die unentgeltliche Überlassung (hier verstanden als Leihe im Sinne der §§ 598, 604 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB)) des Grundstücks nur kündigen dürfen, wenn er dieses wegen eines unvorhergesehenen Ereignisses dringend gebraucht hätte. Zum anderen hätte der Grundstücksverkauf die faktische Liquidation der Ruderabteilung zur Folge – das sei ein Verstoß gegen den Vereinszweck. Eine Änderung des Vereinszwecks hätte aber gemäß § 33 Abs. 1 S. 2 BGB der Zustimmung aller Vereinsmitglieder bedurft.
Verkauf im Gesamtinteresse des Vereins
Der BGH befand dagegen, dass der Grundstücksverkauf nicht zwingend die Auflösung der Ruderabteilung zur Folge habe, und hat die Sache zur erneuten Verhandlung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Gebe es einen anderen Zugang zum Wasser, stünde dem Rudern nichts im Wege. Ferner ergebe sich aus der Vereinssatzung, dass der Vereinsvorstand für das Gesamtinteresse des Vereins zuständig sei und damit auch im Interesse der Unterabteilungen handeln könne. Dies habe der Sportverein mit der Veräußerung des Grundstücks getan – ging es ihm doch darum, die finanzielle Situation aller Abteilungen zu verbessern.
Gegen solche Entscheidungen könne sich eine Unterabteilung nicht wehren – sie darf nur ihre eigenen Belange selbst regeln, nicht aber die des gesamten Vereins. Deshalb verstoße der Grundstücksverkauf auch nicht gegen die vereinsrechtliche Treuepflicht. Die Förderung des Vereinszwecks setze nicht zwingend die Existenz einer bestimmten Abteilung voraus.
Vereinszweck ist Herzstück der Satzung
Der Vereinszweck bildet das Herzstück der Vereinssatzung, denn: kein Verein ohne Vereinszweck. Dieser bestimmt die Aufgaben und Ziele des Vereins und charakterisiert dessen Ausrichtung, zum Beispiel als gemeinnützig. Ändert sich dieser Charakter, ist eine Zweckänderung notwendig, der grundsätzlich alle Mitglieder (auch die nicht auf einer Mitgliederversammlung anwesenden!) zustimmen müssen (§ 33 Abs. 1 S. 2 BGB). Diese gesetzliche Vorgabe ist allerdings gem. § 40 S. 1 BGB disponibel. Daher sollte bereits im Rahmen der Satzungserstellung daran gedacht werden, statt der Einstimmigkeit eine niedrigeres Quorum (z.B. 3/4-Mehrheit aller anwesenden Mitglieder) festzulegen. Ansonsten besteht das Risiko, zu einem späteren Zeitpunkt Zweckänderungen mangels Einstimmigkeit nicht mehr vornehmen zu können.
BGH, Urteil vom 19.02.2013, Az. II ZR 169/11.
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