Wenn sich Unternehmen von einem Mitarbeiter trennen müssen, kommt oft ein sogenannter Aufhebungsvertrag infrage. Auch eine Abfindung kann dann eine wichtige Rolle spielen. Ist der Angestellte jedoch Mitglied des Betriebsrats, darf er durch eine Abfindung nicht unzulässig begünstigt werden.
Nach einer aktuellen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ist es keine gesetzlich verbotene Begünstigung eines Betriebsratsmitglieds, wenn der Arbeitgeber und der Betriebsratsvorsitzende einen Aufhebungsvertrag über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses schließen, der den Arbeitgeber u.a. zur Zahlung einer Abfindung an den Betriebsratsvorsitzenden verpflichtet. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall beendeten Arbeitgeber und Betriebsratsvorsitzender das Arbeitsverhältnis einvernehmlich, um zahlreichen und langwierigen Rechtsstreitigkeiten aus dem Weg zu gehen.
Arbeitgeber beabsichtigte außerordentliche Kündigung
Der Arbeitgeber beabsichtigte, das Arbeitsverhältnis mit dem seit 1983 bei ihm beschäftigten und seit 2006 voll freigestellten Betriebsratsvorsitzenden aus verhaltensbedingten Gründen außerordentlich fristlos zu kündigen. Hintergrund waren Vorwürfe gegen den Betriebsratsvorsitzenden, er habe die ihm zugeordnete Assistentin sexuell belästigt. Er soll ihr zudem durch eine Vielzahl von Kurz- und Textnachrichten nachgestellt haben (sog. Stalking).
Ob die Vorwürfe berechtigt waren, wurde jedoch im Fortgang nie vollständig aufgeklärt. Die Parteien einigten sich durch Abschluss eines außergerichtlichen Aufhebungsvertrags, der das Arbeitsverhältnis mit dem Betriebsratsvorsitzenden u.a. gegen Zahlung einer Abfindung von 120.000 Euro netto beenden sollte. Die Abfindungszahlung sollte noch während der Restlaufzeit des Arbeitsverhältnisses zur Zahlung fällig sein.
Aufhebungsvertrag begünstigt den Betriebsratsvorsitzenden nicht unzulässig
Der Betriebsratsvorsitzende klagte anschließend gegen die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses. Er war der Auffassung, der Aufhebungsvertrag sei nichtig, da er eine unzulässige Begünstigung eines Betriebsratsmitglieds darstelle (§ 78 Satz 2 Betriebsverfassungsgesetz [BetrVG]). Eine derart hoch dotierte Abfindung („Goldener Handschlag“) könnten „normale“ Arbeitnehmer niemals im Verhandlungsweg erreichen. Der Arbeitgeber habe ihm damit das „unbequeme Betriebsratsamt“ abkaufen wollen.
Das BAG entschied zugunsten des Arbeitgebers und schloss sich den beiden Vorinstanzen an. Allein eine günstige Verhandlungsposition des Betriebsratsmitglieds, die maßgeblich auf dem gesetzlichen Sonderkündigungsschutz (§ 15 Kündigungsschutzgesetz [KSchG] und § 103 BetrVG) beruhe, reiche für eine unzulässige Begünstigung nicht aus. Im Gegenteil müsse auch das Betriebsratsmitglied die Möglichkeit haben, individualrechtliche Vereinbarungen über das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber zu treffen wie andere Arbeitnehmer auch.
Frühzeitige Beratung bei Kündigungen
Bei der Beendigung von Arbeitsverhältnissen gibt es zahlreiche rechtliche Fallstricke zu beachten. Arbeitgeber sollten sich daher unbedingt von Experten rechtlich beraten lassen, wenn Arbeitsverhältnisse beendet werden sollen. Ist der Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis enden soll, ein Betriebsratsmitglied, gibt es zahlreiche weitere Besonderheiten, die die rechtssichere Beendigung des Arbeitsverhältnisses erschweren. Das zeigt die aktuelle Entscheidung des BAG ganz deutlich.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.03.2018, 7 AZR 590/16 (Pressemitteilung)
Landesarbeitsgericht Saarland, Urteil vom 22.06.2016, 1 Sa 63/15
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