Mit Schreiben vom 05.02.2024 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) den Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) in einzelnen Punkten geändert. Die in dem Schreiben enthaltenen Änderungen, von denen im Wesentlichen zwei für gemeinnützige Organisationen von Bedeutung sind, gelten mit sofortiger Wirkung.
Zweck des AEAO
Der AEAO ist eine interne Verwaltungsanweisung zur Auslegung der einzelnen Normen der Abgabenordnung (AO). Als solche bindet der AEAO nur die Finanzverwaltung des Bundes und der Länder, nicht aber die Finanzgerichtsbarkeit oder den Steuerpflichtigen. Der AEAO dient gemeinsam mit anderen Verwaltungsanweisungen dazu, dass die Steuergesetze durch die einzelnen Finanzbehörden gleichmäßig, d.h. mit möglichst gleichen Ergebnissen in vergleichbaren Einzelfällen, angewendet werden. Wenngleich der AEAO zwar die Verwaltung bindet, nicht aber den Steuerpflichtigen, dient er als wichtiges Instrument zur Berücksichtigung und Antizipation der Vorstellungen und des Handelns der Finanzverwaltung.
Erleichterungen zur Unterstützung in Katastrophenfällen
Die neugeschaffene Ziffer 13 des AEAO zu § 53 stellt nunmehr klar, dass sog. Katastrophenfälle zu den „besondere Gründen“ i.S.d. § 53 Nr. 2 Satz 3 AO zählen. Bislang hat das BMF auf Katastrophenfälle (zuletzt z.B. Corona, Krieg in der Ukraine, Erdbeben in der Türkei und in Syrien) stets mit einem gesonderten BMF-Schreiben reagiert und hierbei eine Litanei an Einzelfallregelungen getroffen. Der AEAO bestimmt nun dauerhaft, dass in solchen Katastrophenfällen folgende Erleichterungen in Bezug auf die Nachweispflichten der sog. Notlage und somit die Unterstützungsmöglichkeiten Notleidender gelten:
- Im Fall einer Notlage werden Personen unabhängig von ihren Einkommens- und Vermögensgrenzen gem. § 53 Nr. 2 Satz 1, 2 AO als hilfebedürftig angesehen, soweit durch die Katastrophen unvorhersehbare Mehraufwendungen verursacht werden, die nicht durch Ansprüche auf Leistung gegenüber Dritten kompensiert werden können. Konkret sind hierunter z.B. Ansprüche gegenüber Versicherungen oder dem Staat zu verstehen. Die durch die jeweilige Katastrophe entstandenen Mehraufwendungen müssen entsprechend auch glaubhaft gemacht werden.
- Werden Leistungen, auf die ein Anspruch gegen Dritte besteht, erst verzögert geleistet, sind die betroffenen Personen für den Überbrückungszeitraum, bis die Leistung erfolgt, als hilfebedürftig anzusehen. Entstehen dadurch Liquiditätseinbußen oder werden sonstige Nachteile erlitten, könne diese durch steuerbegünstigte Körperschaften ausgeglichen werden; beispielsweise durch die Gewährung zinsloser Darlehen oder unentgeltliche Nutzungsüberlassungen gegenüber den Hilfebedürftigen.
Die Anfügung des Nr. 13 schärft somit die Anwendung der § 53 Nr. 2 Satz 3 AO für Katastrophenfälle. Die Klarstellung darüber, dass auch der Überbrückungszeitraum von Versicherungsleistungen als hilfebedürftiger Zeitraum anzusehen ist, erscheint konsequent. Als Möglichkeiten zur Hilfeleistung werden in dem Schreiben zwei Beispiele angeführt, wobei der Wortlaut „beispielsweise“ darauf schließen lässt, dass sich die Begünstigung auf weitere vergleichbare Sachverhalte erstreckt.
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Trotzdem bleibt zu fragen, ob diese Änderung nicht hätte noch weiter gefasst werden müssen, sodass das Geleistete u.U. auch bei den Hilfebedürftigen verbleiben könnte. Dieses Problem stellt sich z.B. wenn eine steuerbegünstigte Körperschaft als Hilfsmaßnahme im Rahmen eines Katastrophenfalls den Betroffenen mehrere Tage mit einer Suppenküche hilft. In diesem Fall wäre ein Verbrauch aufgrund des Direktverzehrs der Suppe gegeben, sodass letztlich eine Ersparnis aufseiten der Hilfebedürftigen vorliegt. Ob dieser Fall im Rahmen der Änderung bedacht wurde, bleibt insoweit leider unklar.
Übernahme von Verwaltungstätigkeiten kann Zweckbetrieb begründen
Die entgeltliche Übernahme von Verwaltungstätigkeiten durch Einsatzstellen, Zentralstellen und Träger i.S.d. §§ 6 und 7 Bundesfreiwilligendienstgesetz (BFDG) aufgrund von Verträgen nach § 16 BFDG begründet regelmäßig einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb nach § 64 AO.
Hierin lag eine teilweise Nichtanwendung des BFH-Urteils vom 23.07.2009 (V R 93/07, BStBl 2015 II S. 735), welche nun durch die Aufhebung entfallen ist. Im Umkehrschluss folgt daraus, dass Leistungen, die eine Körperschaft aufgrund von Verwaltungsaufträgen gem. § 16 BFDG erbringt und die dazu dienen, dass Freiwilligendienstleistende im sozialen Bereich tätig sind, einen Zweckbetrieb gem. § 65 AO begründen können. Je nach dem konkreten Fall können diese Leistungen des Zweckbetriebs dann als eng mit der Sozialfürsorge und sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen i.S.d. § 4 Nr. 18 UStG umsatzsteuerfrei oder nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7% unterworfen werden.
BMF-Schreiben v. 05.02.2024, IV D 1 – S 0062/23/10003 :001
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