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Lassen sich Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastung absetzen?

In Abkehr zu seinem Urteil in 2011 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass die Kosten eines Zivilprozesses im Allgemeinen keine außergewöhnlichen Belastungen i.S.d. § 33 EStG seien (Urteil v. 18.6.2015, BFH VI R 17/14). Noch in 2011 hatte der BFH entschieden, dass solche Kosten als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sind, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (BFH VI R 42/10). Dies war eine Abkehr von der langjährigen Rechtsprechung, nach der Zivilprozesskosten grundsätzlich nicht abziehbar seien, da der Steuerpflichtige freiwillig in einen Zivilprozess eintrete. Nach nur 4 Jahren kehrt der BFH somit zu seiner bis 2011 geltenden Rechtsprechung zurück.

Absetzbarkeit nur für Sicherung der Existenzgrundlagen

Die Entscheidung des BFH aus dem Jahr 2011 ist auf viel Kritik, auch von Seiten der Finanzgerichte, gestoßen. Das Finanzgericht Düsseldorf, dass dem BFH in früheren Entscheidungen noch gefolgt ist, hat in erster Instanz nunmehr auch Kritik an der Rechtsprechung des BFH geübt und die Kosten nicht als außergewöhnliche Belastungen anerkannt (13 K 3724/12 E). Es weist darauf hin, dass § 33 EStG Aufwendungen des Steuerpflichtigen zur Wahrung seiner Existenzgrundlage in Abzug bringen lässt.

Prozesskostenhilfe sichert Existenzminimum

Bei Prozessen stellt aber bereits das Instrument der Prozesskostenhilfe sicher, dass das Existenzminimum der Partei gewahrt bleibt. Einer darüber hinausgehenden Honorierung im Einkommensteuerrecht bedürfe es nicht. Auch die Tatsache, dass das staatliche Gewaltmonopol zwangsläufig zu Kosten für die eigene Rechtsverfolgung führt, führe nicht zur „Zwangsläufigkeit“ i.S.d. § 33 EStG. Hierbei komme es nämlich nicht auf die Kausalität zwischen der Handlung des Steuerpflichtigen und den dadurch anfallenden Kosten an. Vielmehr müsse bereits die Handlung des Steuerpflichtigen selbst zwangsläufig zur Sicherung der eigenen Existenz sein. Ansonsten würde jede staatliche Gebühr z.B. zur Eheschließung oder Wohnungsanmeldung zu einer außergewöhnlichen Belastung führen.

Zivilprozesskosten rückwirkend abziehbar

Dieser Auffassung schloss sich der BFH in der Revision an. Nunmehr sind Zivilprozesskosten nur noch abziehbar, wenn ein Rechtsstreit einen für den Steuerpflichtigen existenziell wichtigen Bereich oder den Kernbereich des menschlichen Lebens berührt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Steuerpflichtige ohne den Prozess Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren. Diese Rechtsprechung gilt rückwirkend für alle nicht abgeschlossenen Fälle.

Rechtsunsicherheit erhöht Beratungsbedarf

Das Hin und Her des BFH in der Frage der Absetzbarkeit von Zivilprozesskosten führt zu großer Rechtsunsicherheit bei den Steuerpflichtigen, insbesondere wenn diese sich im Vertrauen auf das Urteil von 2011 auf Zivilprozesse eingelassen haben. Ob und inwieweit Ihre Rechtsstreitigkeiten noch zu abziehbaren außergewöhnlichen Belastungen führen, sollte in einem persönlichen Beratungsgespräch geprüft werden.

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Steuerrecht und Steuererklärung

Stefan Winheller

Rechtsanwalt Stefan Winheller ist seit rund 20 Jahren auf steuerrechtliche Fragen spezialisiert, v.a. in den Bereichen Krypto, Stiftungen/NPO und Internationales.

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2 Antworten zu "Lassen sich Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastung absetzen?"

  1. Sehr geehrte Frau Hartmann,

    Krankheitskosten sind nur in dem Jahr abzugsfähig in dem die Zahlung geleistet wurden. Also Zahlungen 2011 in 2011, 2012 in 2012. Wenn in 2013 keine Zahlungen geleistet wurden, können hier auch keine Kosten geltend gemacht werden. Der Zeitraum der Behandlung ist irrelevant.

    Beste Grüße
    Anka Hakert

  2. Sabine Hartmann sagt:

    Kann ich aussergewöhnliche Belastungen ( Zahnbehandlung )wo die Zahlungen 2011 anfingen und 2012 endeten auch 2013 von der Steuer absetzen.
    Es wäre nett wenn Sie antworten könnten.

    Vielen Dank

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