Eine Stiftung wird durch den Vorstand vertreten, der hierzu vollumfängliche Vertretungsmacht besitzt. Im Rahmen der Satzungsautonomie kann diese Vertretungsmacht allerdings beschränkt werden – etwa auf den Stiftungszweck und die damit verbundene Gemeinnützigkeit, wie kürzlich das Landgericht (LG) München I entschied.
Schadensersatzprozess in Millionenhöhe
Hintergrund der Entscheidung des LG München war, dass eine große deutsche Stiftung ihre Marken- und Namensrechte an eine neu zu gründende Gesellschaft verlizenzieren und damit zusätzliche Einnahmen generieren wollte. Im Gegenzug sollte die Stiftung derart umfangreiche Werbemaßnahmen durchführen, dass sie damit die Aberkennung ihrer Gemeinnützigkeit riskiert hätte. In der Folge wurde der Vertrag von der Stiftung nicht erfüllt – und die Stiftung von der mittlerweile gegründeten Gesellschaft auf Schadensersatz wegen entgangenen Gewinns in Höhe von 25 Millionen Euro verklagt.
Vertragsgestaltung verstößt gegen Gemeinnützigkeitsrecht
Der Vorstand der Stiftung argumentierte, er habe von Beginn an erhebliche Bedenken gegen die Vereinbarkeit des Vertrages mit der Gemeinnützigkeit geäußert und sei daher nicht an den Vertrag gebunden. Immerhin würde die Stiftung bei Erfüllung des Vertrags wegen Verstoßes gegen das Unmittelbarkeits-, Ausschließlichkeits- und Selbstlosigkeitsgebot die Vorgaben des Gemeinnützigkeitsrechts missachten. Das sah auch das LG München I so, nachdem es wegen der speziellen Steuermaterie einen Gutachter hinzugezogen hatte.
Keine Vertretungsmacht bei Verstoß gegen Gemeinnützigkeitsrecht
Allerdings ist die Entscheidung nicht ohne Weiteres auf sonstige Fälle übertragbar. Im zu entscheidenden Fall war die Vertretungsmacht des Vorstandes nämlich ausdrücklich auf den gemeinnützigen Stiftungszweck begrenzt. Mit Erfüllung des Vertrages wäre die Gemeinnützigkeit aber höchstwahrscheinlich aberkannt worden, so dass – so das Gericht – bereits der Vertragsschluss gegen den Stiftungszweck verstieß und der Vorstand damit ohne Vertretungsmacht gehandelt hatte. Der Vertrag war also nie wirksam mit der Stiftung zustande gekommen.
Beschränkung bestand nur aufgrund Satzungsregelung
Die Lösung des LG München I ist durchaus sachorientiert, liegt aber nicht gerade auf der Hand. Grundsätzlich ist die Vertretungsmacht von Vorständen (bzw. Geschäftsführern) – anders als im anglo-amerikanischen Rechtsraum – nämlich nicht auf den Satzungszweck begrenzt. Nur in diesem Einzelfall sah die Satzung eine solche Einschränkung vor, so dass sich die Stiftung insgesamt vor einer Inanspruchnahme retten konnte – zumindest in dieser Instanz, denn es wurde bereits Berufung zum OLG München eingelegt.
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Die Beschränkung der Vertretungsmacht kann im Rahmen der Satzungsgestaltung durchaus sinnvoll sein – birgt aber auch erhebliche Risiken für den handelnden Vorstand: Als Vertreter ohne Vertretungsmacht haftet er (gutgläubigen) Vertragspartnern gegenüber auf Ersatz dessen, was dieser bei ordnungsgemäßer Vertragserfüllung erhalten hätte. Der Fall zeigt außerdem: Vor Vertragsschluss mit gemeinnützigen Organisationen sollte geprüft werden, ob der Vertrag im Einklang mit dem Gemeinnützigkeitsrecht und der Satzung steht.
LG München I, Urteil vom 13. März 2019, Az. 29 O 3129/14 (Berufung anhängig)
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Tags: Satzungsgestaltung, Stiftung