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Scams, Insolvenz, Hackerangriffe & Co – Verluste von Kryptowerten steuerlich absetzen

Scams, Insolvenz, Hackerangriffe & Co – Verluste von Kryptowerten steuerlich absetzen

Wie werden Verluste von Kryptowährungen steuerlich behandelt? Können Verluste von der Steuer abgesetzt werden, wenn diese durch unerwartete Ereignisse wie Börseninsolvenzen, Hackerangriffe, Scams oder Phishing entstehen?

Verlust von Coins durch Insolvenz der Kryptobörse

Ein Beispiel aus unserer Praxis zeigt, dass die Verlustverrechnung schneller in den Fokus rücken kann, als man denkt: Ein Steuerpflichtiger hatte 2021 Ether (ETH) erworben und diese auf die Kryptobörse FTX transferiert. Durch die Insolvenz von FTX verlor er jedoch vollständig den Zugriff auf seine Coins. In seiner Steuererklärung machte er diesen Verlust als Werbungskosten bei den privaten Veräußerungsgeschäften geltend, was beim Finanzamt jedoch auf Widerspruch stieß.

Rechtliche Einordnung von Kryptowährungen

Kryptowährungen sind nach aktueller Rechtsprechung und Verwaltungsauffassung als „andere Wirtschaftsgüter“ im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG einzuordnen. Gewinne und Verluste aus ihrem Verkauf oder Tausch unterliegen damit der Besteuerung bzw. können steuerlich geltend gemacht werden, wenn die Haltefrist von einem Jahr nicht überschritten wird. Dies wurde vom Bundesfinanzhof am 14.02.2023 bestätigt (Az. IX R 3/22).

Argumente für die steuerliche Berücksichtigung des Verlusts

Dass Investoren und Geschädigte erst mit dem Finanzamt argumentieren müssen, um zu ihrem Recht zu kommen, zeigt, dass bisher klare behördliche Richtlinien zur steuerlichen Anerkennung von Verlusten aus dem Abhandenkommen von Kryptowerten fehlen. Unserer Meinung nach gibt es allerdings genügend stichhaltige Argumente, die dafür sprechen, Verluste in Folge der Insolvenz einer Kryptobörse, eines Scams oder Betrugs etc. steuerlich anzuerkennen:

1. Analogie zur Aktienrechtsprechung

Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte in einem wegweisenden Urteil entschieden, dass der Verlust aus dem entschädigungslosen Entzug von Aktien durch eine Kapitalherabsetzung auf null, der durch die Insolvenz der Aktiengesellschaft entsteht, steuerlich berücksichtigt werden kann. Diese Logik lässt sich auch auf Kryptowährungen übertragen:

  • In beiden Fällen handelt es sich um Wirtschaftsgüter des Privatvermögens.
  • Der Verlust tritt ohne Verschulden des Eigentümers ein.
  • Es kommt zu einem endgültigen Verlust der wirtschaftlichen Verfügungsmacht.

Diese Parallelen legen nahe, dass auch Kryptoverluste steuerlich anerkannt werden sollten.

2. Gleichmäßigkeit der Besteuerung

Ein fundamentales Prinzip unseres Steuersystems ist die Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Es wäre nicht konsistent und verfassungsrechtlich bedenklich, Gewinne aus Kryptotransaktionen zu besteuern, aber Verluste nicht anzuerkennen. Dies würde zu einer asymmetrischen Besteuerung führen, die dem Grundsatz der Steuergerechtigkeit widerspricht.

3. Besonderheiten und Risiken von Kryptowährungen

Kryptowährungen bringen spezifische Risiken mit sich, die bei traditionellen Anlageformen so nicht existieren, wie z.B.:

  • Hackerangriffe auf Wallets oder Börsen
  • Technische Fehler, die zum Verlust von Zugangsdaten führen können
  • Insolvenzen von Kryptobörsen

Diese Risiken sind oft außerhalb der Kontrolle des einzelnen Anlegers, dem Handel mit Kryptowährungen aber immanent. Eine faire steuerliche Behandlung sollte diese besonderen Umstände berücksichtigen und anerkennen, dass dem Handel mit Kryptowährungen immer auch das Risiko innewohnt, der gehandelten Coins verlustig zu gehen.

4. Förderung der Innovation

Die Anerkennung von Kryptoverlusten könnte als Signal verstanden werden, dass der Gesetzgeber die Bedeutung dieser neuen Technologie anerkennt. Dies könnte Innovationen im Blockchainbereich fördern und Deutschland als Standort für Kryptounternehmen attraktiver machen.

Die genannten Argumente zeigen, dass es gute Gründe gibt, Verluste von Kryptowährungen steuerlich zu berücksichtigen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Verlust innerhalb der einjährigen Haltefrist des § 23 EStG eintritt. Eine Anerkennung von Verlusten, die sich erst nach Ablauf der Jahresfrist realisieren, dürfte hingegen schwer zu begründen sein.

Transaktionen sorgfältig dokumentieren und Beratung einholen

Die steuerliche Behandlung von Kryptowährungsverlusten ist bisher noch nicht abschließend geklärt. Es gibt jedoch gute Argumente dafür, solche Verluste steuerlich anzuerkennen, insbesondere wenn sie außerhalb der Kontrolle des Steuerpflichtigen entstehen.

Für Kryptoanleger ist es daher wichtig, alle Transaktionen sorgfältig zu dokumentieren, um nachweisen zu können, auf welche Art und Weise der Verlust eingetreten ist und vor allem auch, dass der Verlust innerhalb der Jahresfrist seit Anschaffung der Kryptowährungen entstanden ist.

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Malika Amanbaeva

Malika Amanbaeva ist als Senior Tax Consultant Teil unserer Teams VSN und Internationales Steuerrecht und unterstützt unsere Mandanten vorwiegend im Bereich Umstrukturierungen/Umwandlungen.

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