Die heute marktüblichen niedrigen Zinsen für Finanzierungen sorgen dafür, dass mancher die vor einigen Jahren getroffene Entscheidung für ein Festzinsdarlehen bereut. So waren vor wenigen Jahren noch Zinsen i.H.v 5 % p.a. für Immobilardarlehen durchaus üblich. Heute liegt der Marktzins wesentlich darunter.
Eine vorzeitige Ablösung des alten Darlehens ist jedoch oftmals schwierig oder zumindest aufgrund der von den Banken verlangten Vorfälligkeitsentschädigung sehr teuer. Einen möglichen Ausweg kann der Widerruf des Darlehens darstellen.
Widerrufsrecht fester Bestandteil des Verbraucherschutzes
Ein Widerrufsrecht besteht für nahezu alle von Verbrauchern abgeschlossenen Darlehensverträge. Dies hat seine Ursache im Verbraucherschutz. Als Verbraucher gilt dabei jeder, der im Rahmen seiner privaten Vermögensverwaltung handelt. Unter gewissen Voraussetzungen gelten auch Existenzgründer als Verbraucher. Ferner besteht ein Widerrufsrecht für solche Verträge, die im Rahmen des Fernabsatzes geschlossen wurden. Das heißt, dass diese Darlehnsverträge ohne Beratung in der Filiale allein über Fernkommunikationsmittel, wie Telefon, Internet oder E-Mail zu Stande gekommen sein müssen. Bei Anschlussfinanzierungen kommt dies häufig vor. Das Widerrufsrecht ist ein sog. Gestaltungsrecht. Es kann ohne besondere Begründung ausgeübt werden und setzt weder ein Verschulden (wie bei Beratungsfehlern) voraus noch enthält es selbst einen Schuldvorwurf. Es ist daher möglich, den Widerruf allein aus wirtschaftlichen Erwägungen zu erklären.
Wurden Sie ordnungsgemäß über Ihr Widerrufsrecht aufgeklärt?
Die Ausübung des Widerrufsrechts kann allerdings grundsätzlich nur innerhalb einer gesetzlichen Frist von im Regelfall 14 Tagen erfolgen. Voraussetzung für den Fristbeginn ist jedoch, dass der Verbraucher ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht aufgeklärt wurde. Ist dies nicht der Fall, so kann er sein Widerrufsrecht auch heute noch ausüben. Genau hierauf können sich viele Verbraucher stützen: Vielen Banken sind bei der Formulierung von Widerrufsbelehrungen in der Vergangenheit nämlich Fehler unterlaufen. Insbesondere vor 2010 wichen die Banken häufig von den damals geltenden Musterwiderrufsbelehrungen ab und belehrten nicht ordnungsgemäß über die Frist, den Fristbeginn, die Form und den Inhalt des Widerrufs oder den richtigen Adressaten. Oftmals wurde es auch versäumt, ordnungsgemäß über die Rechtsfolgen des Widerrufs aufzuklären.
Insbesondere die Aufklärung über den Fristbeginn bereitete Schwierigkeiten. Zahlreiche Formulierungen wurden hier bereits durch die Gerichte als unwirksam erachtet.
Seit der gesetzlichen Neuregelung 2010 entsprechen die meisten neueren Widerrufsbelehrungen der Musterbelehrung und gelten somit als ordnungsgemäß. Dennoch lohnt sich auch hier ein genaues Hinsehen. Teilweise wurde auch hier über die Maßen von dem genauen Wortlaut der Musterbelehrung abgewichen. Dieses Abweichen kann dazu führen, dass die Belehrung nicht mehr ordnungsgemäß ist.
Widerruf führt zu Rückabwicklungsverhältnis
Hat der Darlehensnehmer den Vertrag ordnungsgemäß widerrufen, führt dies dazu, dass das Vertragsverhältnis in ein Rückabwicklungsverhältnis umgewandelt wird. Grundsätzlich bedeutet dies, dass die Bank einen Anspruch auf die Erstattung des Darlehnsbetrags zuzüglich einer Nutzungsentschädigung hat. Diese entspricht dem vertraglich vereinbarten Zins über den Zeitraum, für den das Darlehen in Anspruch genommen wurde. Die gezahlten Tilgungsraten vermindern insoweit die Berechnungsgrundlage. Der Darlehensnehmer kann bei Verbraucher-Immobliardarlehen den Zinssatz jedoch verringern, wenn er nachweisen kann, dass er einen geringeren Zinssatz am Markt hätte zahlen müssen als mit der Bank vereinbart.
Darlehnsnehmer hat Anspruch auf geleistete Zahlungen
Auf der anderen Seite hat der Darlehnsnehmer einen Anspruch darauf, die von ihm geleisteten Zahlungen (Tilgungsraten und Zinsen) von der Bank zurückzuerhalten. Auch die Bank hat diese für den Zeitraum, in dem ihr die jeweiligen Beträge zur Verfügung standen, zu verzinsen. Die Rechtsprechung geht dabei davon aus, dass die Bank hierfür einen Zinssatz von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen hat. Gerade bei älteren Verträgen kann dies einen erheblichen Zahlungsanspruch für den Darlehensnehmer bedeuten. Eine zusätzliche Vorfälligkeitsentschädigung fällt nicht an, da der Vertrag aufgrund des Widerrufs als von Anfang an nichtig betrachtet wird. Die gegenseitigen Ansprüche werden im Regelfall gegeneinander aufgerechnet.
Der Widerruf kann somit eine günstige Möglichkeit darstellen, alte Finanzierungen abzulösen und durch neue Finanzierungen mit günstigeren Konditionen zu ersetzen. Darlehnsnehmer, die eine vorzeitige Ablösung ihrer Finanzierung in Betracht ziehen, sollten sich daher ernsthaft mit Ihrem Darlehensvertrag auseinandersetzen und gegebenenfalls von einem auf das Bankrecht spezialisierten Rechtsanwalts überprüfen lassen, ob ein Widerrufsrecht (noch) besteht.
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Praxisbeispiel: 85.000 Euro sparen durch Widerruf von alten Darlehen
Tags: Widerruf