Laut der Generalanwältin Kokott verstoßen die unterschiedlichen Umsatzsteuersätze auf digital gelieferte Bücher, Zeitschriften und Zeitungen einerseits und physische Lieferungen andererseits nicht gegen das Unionsrecht.
Unterschiedliche Umsatzsteuersätze
Gemäß des Urteils des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 03.12.2015 wird die Lieferung von E-Books mit dem Regelsteuersatz von 19% besteuert – im Gegensatz zu physischen Druckwerken („echte“ Bücher, Zeitschriften und Zeitungen), die einem ermäßigten Steuersatz von nur 7% unterliegen. Verkäufer digitaler Bücher, darunter natürlich auch gemeinnützige Körperschaften, die Publikationen vertreiben, empfinden das typischerweise als unfaire Ungleichbehandlung.
Begünstigung unionsrechtswidrig?
Das polnische Verfassungsgericht legte dem EuGH daher die Frage vor, ob die Ermäßigung auf physische Bücher zulässig sei. Die unterschiedlich hohe Besteuerung verstoße gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung. Auch für physische Bücher sei daher der reguläre Umsatzsteuersatz zu zahlen. Sollte das polnische Verfassungsgericht Recht behalten, würde damit auch die Umsatzsteuerermäßigung in Deutschland wackeln, denn das Umsatzsteuerrecht ist im Wesentlichen europäisches Recht.
Ungleichbehandlung gerechtfertigt
Nach Ansicht der Generalanwältin Kokott ist der unterschiedliche Umsatzsteuersatz aber mit dem europäischen Recht vereinbar. Auch sie erkennt zwar eine Ungleichbehandlung, hält diese aber für gerechtfertigt. Die Ansicht der Generalanwältin ist deswegen von Bedeutung, weil der EuGH in den meisten Fällen der Auffassung der Generalanwälte folgt. Das Verfahren bleibt gleichwohl spannend, nicht nur weil der EuGH immer wieder für eine Überraschung gut ist, sondern auch weil die Argumente der Generalanwältin nicht besonders überzeugend sind. So sei die Ungleichbehandlung dadurch gerechtfertigt, weil sie der Steuervereinfachung diene.
Das Verfahren betrifft alle, die physische und/oder digitale Druckwerke vertreiben. Sie sollten unbedingt die weitere Entwicklung im Blick behalten. Bis zur Entscheidung des EuGH bleibt es in Deutschland aber dabei, dass die Umsatzsteuer auf E-Books 19% beträgt, auf physische Bücher hingegen nur 7%.
Schlussanträge der Generalanwältin Juliane Kokott vom 08.09.2016, Az. C-390/15 RPO
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