Öffentliche Aufmerksamkeit erregte kürzlich die steuerliche Behandlung von Lebensmitteln, die nach Ladenschluss übrig bleiben und an gemeinnützige Einrichtungen (z.B. „Die Tafeln“) zur Weiterverteilung abgegeben werden. Einzelne Finanzämter wollten hier im Wege der Umsatzbesteuerung die Hand aufhalten, so der Vorwurf. Zahlreiche Presseberichte zum Fall eines sächsischen Bäckers haben nun das BMF dazu veranlasst, umgehend in der Öffentlichkeit die weiße Flagge zu hissen. Trifft hier Steuerrecht auf Moralempfinden? Ein klärender Blick auf die steuerrechtliche Behandlung von Sachspenden aus einem Betriebsvermögen schafft Klarheit.
Steuerrechtliche Ausgangslage
Wird überproduzierte Ware nicht abverkauft, geht sie an Bedürftige. Bei solch einer sinnhaften Gleichung sollte sich der Steuerstaat nicht einmischen – so das Moralempfinden. Ein Blick in das Steuerrecht offeriert allerdings differenziertere Antworten.
Ausgangspunkt ist zunächst der steuerliche Vergleich mit dem „normalen“ Ablauf, wenn die Ware also an einen Kunden verkauft worden wäre. Dann zieht der Unternehmer die Vorsteuern aus dem Einkauf der Roh-/Ausgangsprodukte und mindert damit seine eigene Umsatzsteuerschuld aus dem steuerpflichtigen Verkauf des Endproduktes an seine Kunden. Da der Kunde die Umsatzsteuer an den Unternehmer zu zahlen hat, trägt die wirtschaftliche Belastung der Umsatzsteuer letztlich der Kunde.
Umsatzsteuer bei Sachspenden
Spendet ein Unternehmer seine Ware anstatt sie zu verkaufen, ist das grundsätzlich ebenfalls ein Vorgang, der der Umsatzsteuer unterliegt, und zwar als Entnahme aus dem Betriebsvermögen. Bei einer Spende trägt die Umsatzsteuer der Unternehmer in der Regel selbst. Dafür bekommt er aber von der gemeinnützigen Körperschaft als Spendenempfängerin eine Zuwendungsbestätigung, die den Wert der Ware bei Entnahme zzgl. der von ihm getragenen Umsatzsteuer ausweist. Den gesamten Spendenbetrag inkl. Umsatzsteuer kann er dann – im Rahmen der gesetzlichen Spendengrenzen – von seinem Betriebsergebnis abziehen und damit seine ertragssteuerliche Bemessungsgrundlage mindern.
Sponsoring ist vorteilhafter
Vorteilhafter ist für einen Unternehmer meist das Sponsoring. Der gemeinnützige Empfänger der Waren „tut dann etwas für sein Geld“, indem er öffentlichkeitswirksam für den Sponsor wirbt. Der Tausch der Güter gegen Öffentlichkeitsarbeit ist wie ein Abverkauf umsatzsteuerpflichtig für den Unternehmer, wirtschaftlich belastet durch die Umsatzsteuer ist aber (wie beim Verkauf an einen Endkunden) letztlich die Nonprofit-Organisation. Dies gilt nur dann nicht, wenn die Nonprofit-Organisation die Waren für einen (ertragssteuerlich allerdings ungünstigen) wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb verwendet. Zusätzlich sind die Werbeleistungen für die Nonprofit-Organisation umsatzsteuerpflichtig (vgl. zuletzt OFD Karlsruhe, Verfügung v. 28.02.2012, Az. S 7100, USt-Karte 17). Der anwendbare Steuersatz kann dabei in einem gewissen Rahmen – je nach Intensität des werbenden Auftretens für den Sponsor – gestaltet werden.
Goldener Mittelweg
Auf das überregionale Presseecho hin machte das BMF umgehend ein Lösungsangebot: Der Wert der liegengebliebenen Waren soll am Ende des Tages mit 0 Euro bewertet werden. Im Ergebnis wird dem Bäckereihandwerk und dem Einzelhandel damit der goldene Mittelweg geboten: Sie dürfen weiter Vorsteuern aus den bezogenen Eingangslieferungen ziehen, Umsatzsteuer für die Entnahme fällt aber keine an. Gleichzeitig erspart das BMF Nonprofit-Organisationen den Umweg über das Sponsoring und die damit verbundenen eigenen Steuerrisiken. Das Angebot an die betroffenen Unternehmen lautet mit anderen Worten: Vorsteuerabzug samt umsatzsteuerfreier Betriebsentnahme gegen Verzicht auf einen (sowieso i.d.R. recht geringen) Spendenabzug. Das ist ein überaus vorteilhaftes Angebot, das die betroffenen Branchen im Vergleich zu anderen Branchen privilegiert – der erfolgreichen Lobbyarbeit sei Dank.
Spiegel online v. 19.07.2012, Süddeutsche v. 20.07.2012.
Zentralverband des Deutschen Handwerks e.V., Pressemeldung v. 20.07.2012.
Bund der Steuerzahler Deutschland e.V., Pressemitteilung v. 23.07.2012.
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Tags: Vorsteuer