Beschlüsse von Vereinen können nicht nur auf klassischem Weg im Rahmen einer Präsenzversammlung gefasst werden. Eine Alternative bildet das sog. Umlaufverfahren. Welche Vor- und Nachteile bietet dieses Verfahren und warum hat es während der Coronapandemie an Bedeutung gewonnen?
Wie werden Beschlüsse im Umlaufverfahren gefasst?
Um einen Beschluss im Umlaufverfahren wirksam zu fassen, müssen mehrere Voraussetzungen vorliegen:
- Einstimmigkeit: Im Gegensatz zur Präsenzversammlung müssen im Umlaufverfahren alle Mitglieder dem Beschlussgegenstand zustimmen. Eine einzige ungültige oder enthaltene Stimme reicht aus, um den Beschluss unwirksam zu machen. Die Satzung kann jedoch vorsehen, dass auch beim Umlaufverfahren die einfache Mehrheit ausreicht.
- Schriftform: Die Stimmen der Mitglieder müssen auf schriftlichem Wege, z.B. über einen unterschriebenen Stimmzettel, abgegeben werden. Eine Stimmabgabe per E-Mail oder WhatsApp ist somit nicht möglich.
- Frist: Die Stimmen der Mitglieder müssen beim Verein innerhalb einer angemessenen Frist eingehen. Eine einzige verspätete abgegebene Stimme gilt als Enthaltung und reicht daher aus, um den Beschluss unwirksam zu machen.
- Kein Satzungsausschluss: Zu guter Letzt darf die Satzung des Vereins die Beschlussfassung im Umlaufverfahren nicht ausschließen. Es ist jedoch nicht notwendig, dass die Satzung eine Ermächtigung für das Umlaufverfahren enthält. Denn ohne Satzungsregelung gilt § 32 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), der die Beschlussfassung im Umlaufverfahren ausdrücklich erlaubt.
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Welche Vor- und Nachteile bietet das Umlaufverfahren?
Der Hauptvorteil des Umlaufverfahrens liegt auf der Hand: Der Verein muss keine Präsenzversammlung organisieren, die gerade bei einer hohen Anzahl von Mitgliedern hohe Kosten verursachen kann. So müssen für die Versammlung Räumlichkeiten angemietet und die Mitglieder verpflegt werden. Für die Mitglieder selbst fallen im Einzelfall Reisekosten an. Zudem nimmt die Organisation einer Präsenzveranstaltung viel Zeit in Anspruch – hier ist die schriftliche Beschlussfassung oft schneller. Gleichzeitig hat das Umlaufverfahren allerdings den Nachteil, dass alle Mitglieder dem Beschluss zustimmen müssen, wenn die Satzung dahingehend nichts anderes bestimmt. Zudem wird es bei komplexeren Beschlussgegenständen häufig dazu kommen, dass die Mitglieder eine Präsenzveranstaltung einfordern. Das Verfahren eignet sich daher insbesondere für eilbedürftige oder einfachere Entscheidungen.
Welche Ausnahmen gelten aufgrund der Coronapandemie?
Auch der Gesetzgeber hat die Vorteile des Umlaufverfahrens erkannt und daher im Covid-19-Gesetz mehrere Ausnahmen zu § 32 Abs. 2 BGB verabschiedet, die die rechtlichen Hürden für das Umlaufverfahren herabsenken sollen. So ist nach dem Covid-19-Gesetz keine Einstimmigkeit erforderlich – stattdessen gelten die Mehrheitserfordernisse laut Gesetz oder Satzung. Zudem kann die Stimmabgabe in Textform, also per E-Mail, Fax oder sogar über Messengerdienste wie z.B. WhatsApp erfolgen. Wichtig ist nur, dass der Verein alle Mitglieder am Umlaufverfahren beteiligt und bis zu einem festgesetzten Termin mindestens die Hälfte der Vereinsmitglieder ihre Stimme abgegeben haben.
Virtuelle Mitgliederversammlung und Umlaufverfahren
Während der Coronapandemie haben Vereine die Qual der Wahl: Sie können ihre Beschlüsse entweder in einer virtuellen Mitgliederversammlung oder im Umlaufverfahren fassen. Die virtuelle Mitgliederversammlung ist dabei klar zu bevorzugen: Denn sie verbindet die Kostenvorteile des Umlaufverfahrens mit der Teilhabemöglichkeit einer Präsenzversammlung. Unsere Erfahrung aus der Praxis zeigt, dass die virtuelle Teilnahme für die Mitglieder längst nicht so kompliziert ist wie zunächst befürchtet. Im Gegenteil: Der Großteil der bisher von uns betreuten virtuellen Mitgliederversammlungen hat aufgrund der geringeren Reisehürden häufig sogar deutlich mehr Teilnehmer als die herkömmlichen Präsenzveranstaltungen – ein echter Gewinn also für das Miteinander im Verein. Das Umlaufverfahren eignet sich daher nur für äußerst dringende Angelegenheiten, die keinen Raum für die Organisation einer virtuellen Mitgliederversammlung lassen.
Weiterlesen:
Virtuelle Mitgliederversammlung im Verein
Covid-19-Gesetz: Virtuelle Mitgliederversammlung bis Ende 2021
Sehr geehrter Herr Vielwerth,
wurde die Ausnahmeregelung auch für den Zeitraum nach dem 31.08.2022 verlängert oder ist sie nun aktuell nicht mehr in Kraft? Konkret geht es bei uns um die Durchführung eines schriftlichen Umlaufverfahrens, das wir gerne per E-Mail abhalten würden (anstatt postalisch).
Wäre ein Umlaufverfahren per E-Mail rechtlich abgesichert, wenn die einfache Mehrheit der Vereinsmitglieder diesem Verfahrensablauf (also per E-Mail anstatt Post) zustimmt?
Ich würde mich sehr über eine kurze Rückmeldung dazu freuen.
Danke im Voraus und beste Grüße
Hallo,
tatsächlich wurde die Ausnahmeregelung nicht über den 31. August hinaus verlängert. Stattdessen soll das BGB geändert werden. Allerdings ist dieses Gesetz noch nicht geschlossen. Aktuell sind wir also wieder auf dem Stand vor der Coronapandemie, wonach bei einem schriftlichen Beschluss sämtliche Mitglieder dem Beschluss zustimmen müssen. Abweichendes könnte nur in Ihrer Satzung geregelt sein.
Mit freundlichen Grüßen
Alexander Vielwerth
Hallo Herr Vielwerth,
wer bitte überwacht eine derartige Abstimmung und warum wird die Satzung außer Kraft gesetzt? …. die z.B. eine 2/3 Mehrheit für eine Satzungsänderung vorsieht?
Vielen Dank!
Hallo Herr Meyer,
eine derartige Abstimmung wird (wie auch jede Beschlussfassung in einer regulären Mitgliederversammlung) bei registerrelevanten Beschlüssen durch das Vereinsregister geprüft, andernfalls auf die Klage eines von der Abstimmung Betroffenen hin.
Die gesetzliche Ausnahmeregelung setzt übrigens keinesfalls die satzungsmäßige Anforderung an eine Satzungsänderung außer Kraft: Das Quorum von 50% Mitgliederbeteiligung bezieht sich nur auf die Wirksamkeit des Umlaufverfahrens an sich. Wenn sich also weniger als die Hälfte aller(!) Mitglieder beteiligen, ist das Verfahren an sich schon gescheitert. Sofern das Quorum erfüllt wird, muss dann noch immer die satzungsmäßige Mehrheit erreicht werden. Fordert die Satzung also eine Mehrheit von 2/3 der abgegebenen Stimmen, dann müssen von den im Umlaufverfahren abgegebenen Stimmen (die ja mindestens 50% aller Mitglieder betragen müssen) noch immer 2/3 der Satzungsänderung zustimmen.
Mit freundlichen Grüßen
Alexander Vielwerth
Hallo,
Ich würde gerne wissen, ob es diese Ausnahmeregelung noch gibt?
Ja oder nein würde mir schon reichen. Da ich keine neuen Kosten für den Verein produzieren darf.
Mit freundlichen Grüßen
Roland Straßberger
Welche Ausnahmen gelten aufgrund der Coronapandemie?
Auch der Gesetzgeber hat die Vorteile des Umlaufverfahrens erkannt und daher im Covid-19-Gesetz mehrere Ausnahmen zu § 32 Abs. 2 BGB verabschiedet, die die rechtlichen Hürden für das Umlaufverfahren herabsenken sollen. So ist nach dem Covid-19-Gesetz keine Einstimmigkeit erforderlich – stattdessen gelten die Mehrheitserfordernisse laut Gesetz oder Satzung. Zudem kann die Stimmabgabe in Textform, also per E-Mail, Fax oder sogar über Messengerdienste wie z.B. WhatsApp erfolgen. Wichtig ist nur, dass der Verein alle Mitglieder am Umlaufverfahren beteiligt und bis zu einem festgesetzten Termin mindestens die Hälfte der Vereinsmitglieder ihre Stimme abgegeben haben.
Hallo Herr Strassberger,
Die Ausnahmeregelung gilt noch und wird sogar bis 31.08.2022 verlängert: COVID-19-Maßnahmengesetz: Verlängerung bis Ende August 2022 geplant
Mit freundlichen Grüßen
Alexander Vielwerth
Danke für die Info!