Bislang war es gängige Praxis, dass vor allem Online-Shop-Betreiber zusätzliche Gebühren bei der Zahlungsabwicklung mittels z.B. Kreditkarte oder Paypal aufgeschlagen haben (sog. Surcharge = Aufpreis, Zuschlag), um die ihnen hierbei entstehenden Kosten abzudecken. Damit ist künftig Schluss:
Seit dem 13. Januar 2018 dürfen Händler (online wie offline) keine gesonderten Gebühren mehr für Überweisungen, Kartenzahlungen und Lastschriften erheben. Dieses Verbot ergibt sich aus § 270a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Umsetzung der Vorgaben aus der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie (Richtlinie (EU) 2015/2366, PSD II)):
§ 270a Vereinbarungen über Entgelte für die Nutzung bargeldloser Zahlungsmittel
Eine Vereinbarung, durch die der Schuldner verpflichtet wird, ein Entgelt für die Nutzung einer SEPA-Basislastschrift, einer SEPA-Firmenlastschrift, einer SEPA-Überweisung oder einer Zahlungskarte zu entrichten, ist unwirksam. Satz 1 gilt für die Nutzung von Zahlungskarten nur bei Zahlungsvorgängen mit Verbrauchern, wenn auf diese Kapitel II der Verordnung (EU) 2015/751 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2015 über Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge (ABl. L 123 vom 19.05.2015, S. 1) anwendbar ist.
Das Verbot gilt für alle Transaktionen, bei denen sowohl der Zahlungsdienstleister des Zahlers als auch der des Zahlungsempfängers im europäischen Wirtschaftsraum („EWR“) ansässig sind.
Zweck des Verbots ist, den Zahlungsverkehr des europäischen Binnenmarkts verbraucherfreundlicher zu gestalten. Denn gerade der Umstand, dass das sogenannte „Surcharging“ in einigen Mitgliedsstaaten zulässig war, in anderen hingegen nicht, sorgte bislang für Verwirrung bei den Verbrauchern.
Welche Zahlungsarten sind betroffen?
Die Richtlinie erfasst Kredit- und Debitkartentransaktionen, SEPA, SEPA Direct Debit und SEPA B2B sowie (mittelbar) PayPal-Transaktionen. Allerdings fallen nur Kredit- und Debitkarten mit dem 4-Parteien-System unter die Regelung. Dies sind beispielsweise VISA und Mastercard. 3-Parteien-Systeme wie American Express sind nicht vom Verbot erfasst.
PayPal-Transaktionen sind nicht explizit reguliert. Allerdings wird bei diesem Service entweder vorher eine Kredit- oder Debitkarte eingerichtet oder eine SEPA-Lastschrift genutzt. Zudem hat PayPal selbst mit einer Änderung seiner AGB zum 09.01.2018 Klarheit dahingehend geschaffen, dass es Händlern untersagt ist, bei der Nutzung von PayPal Aufschläge zu verlangen. Ganz unabhängig von der Richtlinie ist die Erhebung eines Zahlungsentgelts daher jedenfalls vertraglich unzulässig.
Entgelte für Kartenzahlungen im Bereich B2B weiterhin möglich
Händler wie Käufer sollten aber beachten, dass die Erhebung eines Zusatzentgelts für die Nutzung von Zahlungskarten nur im Verhältnis zwischen Unternehmern und Verbrauchern (B2C) untersagt ist. § 270a S. 2 BGB spricht insoweit ausdrücklich (nur) von „Zahlvorgängen mit Verbrauchern“, weshalb im Umkehrschluss die Erhebung von Zahlungsmittelentgelten im unternehmerischen Verkehr (B2B) weiterhin zulässig bleibt.
Kein Verbot bei Ansässigkeit außerhalb der EU
Das Gebühren-Verbot gilt für Zahlungsvorgänge in der Währung eines Mitgliedstaats und grds. auch in Fremdwährungen, wenn sowohl der Zahlungsdienstleister des Zahlenden als auch der des Zahlungsempfängers in der Europäischen Union ansässig sind.
Für Unternehmen mit Sitz im EWR bedeutet dies in der Regel, dass im Einzelfall ermittelt werden muss, ob der Zahlungsdienstleister des Kunden ebenfalls im EWR sitzt und dadurch das „Gebühren-Verbot“ greift. Entscheidet sich allerdings ein Unternehmen, einen Zahlungsdienstleister mit Sitz außerhalb des EWR zu nutzen, würde es nicht unter den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen und könnte somit Gebühren erheben.
Gleiches gilt, wenn zwar der Zahlungsdienstleister des Empfängers, nicht aber der des Zahlenden innerhalb des EWR sitzt. Eine Gebührenerhebung ist also grundsätzlich in den Fällen möglich, in denen einer der Zahlungsdienstleister außerhalb des EWR sitzt. Zusätzlich kann das Verbot umgangen werden, wenn 3-Parteien-Systeme wie American Express oder aber sogenannte Commercial Cards, also Business Karten für Selbstständige oder Firmen, genutzt werden.
Keine Umgehung durch Ermäßigungen
Unternehmen könnten nun auf die Idee kommen, durch Ermäßigungen bei der Nutzung von unregulierten Zahlungsmethoden den Kunden zur Nutzung dieser zu motivieren, um durch die dann erlaubte Gebührenerhebung schließlich Mehreinnahmen zu erreichen. Bei einem solchen Handhabe kann es sich jedoch schnell um eine faktische Gebührenerhebung handeln. Denn eine Ermäßigung muss stets bei allen Zahlungsmethoden in derselben Höhe angeboten werden. Auch darf der Zahlungsempfänger den Zahlenden nicht zur Nutzung eines bestimmten Dienstes instruieren.
Sollten die Vertragsparteien nach dem 12. Januar 2018 eine Gebühr vereinbart haben, so ist diese Vereinbarung zwar unwirksam, der zugrundeliegende Vertrag allerdings nicht. So kann ein Kunde nach einer solchen Vereinbarung zwar die Gebühr zurückfordern, der Vertrag über die Ware oder Dienstleistung ist jedoch weiterhin wirksam.
Handlungsbedarf bei Händlern
Unternehmen im E-Commerce müssen ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) und technischen Systeme auf die Vereinbarkeit mit der Gesetzesänderung prüfen und ggf. anpassen. Sollten nach dem 12. Januar 2018 weiterhin Aufschläge erhoben worden sein, muss mit einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung gerechnet werden. Zudem kann jeder Kunde die zu Unrecht erhobenen Gebühren zurückverlangen.
Sollte Ihr Unternehmen Unterstützung bei der Anpassung Ihrer AGB benötigen, oder juristischen Rat bezüglich einer Abmahnung suchen, wenden Sie sich gern an unsere spezialisierten Anwältinnen und Anwälte.
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