Viele Stiftungen vergeben Stipendien, um ihren Stiftungszweck zu verwirklichen. Dass dabei nicht jeder Bewerber ein Stipendium erhalten kann, ist klar. Eine aktuelle Entscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) Köln zeigt, welche Maßnahmen Stiftungen präventiv ergreifen sollten, um sich wirksam vor Klagen von abgelehnten Stipendienbewerben zu schützen.
Stiftung vergibt Stipendien an Schüler und Studenten
Der Fall vor dem VG Köln betraf eine Familienstiftung, deren Vermögen durch einen öffentlich-rechtlichen Stiftungsfonds verwaltet wurde. Der Stiftungsfonds vergab drei Stipendien an bedürftige Schüler und Studenten aus dem Kreise der Nachkommen der Stifter der Familienstiftung. Um die Höhe des Familieneinkommens nachzuweisen, mussten die Bewerber die Steuer-, Gehalts-, Renten- oder Arbeitslosenbescheide ihrer Eltern einreichen. Damit waren die Eltern eines Schülers nicht einverstanden und weigerten sich, ihre Steuerbescheide mit der Bewerbung ihres Sohnes einzureichen. Der Grund: Aus ihrer Sicht verlange die Stiftungsurkunde nicht, dass Stipendiaten finanziell bedürftig sein müssen. Somit sei, so die Eltern, eine Prüfung der Bedürftigkeit des Schülers anhand den Steuerbescheiden entbehrlich. Der Stiftungsfonds teilte dem Schüler daraufhin mit, dass seine Bewerbung aufgrund unvollständiger Bewerbungsunterlagen nicht weiter berücksichtigt werden könne.
VG: Köln: Falsche Klageart
Der Schüler war mit dieser Entscheidung nicht einverstanden und reichte nach einem erfolglosen Widerspruch dagegen Klage vor dem VG Köln ein. Allerdings hatte die Klage zum einen aus verfahrensrechtlichen Gründen und zum anderen aufgrund des klaren Stifterwillens keinen Erfolg. Das Gericht stellte zunächst klar, dass die Klage des Schülers bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen scheitere. Denn in seiner Klage habe der Schüler lediglich beantragt, dass das Gericht den Stiftungsfonds dazu verpflichten solle, ihm ein Stipendium zu bewilligen.
Das Problem: In der Zwischenzeit habe der Stiftungsfonds jedoch die drei möglichen Stipendien bereits vergeben. Da der Schüler die Vergabe dieser drei Stipendien in seiner Klage nicht angefochten habe, sei deren Vergabe bestandskräftig geworden. Eine nachträgliche Vergabe eines vierten Stipendiums an den Schüler sei, so das Gericht, nicht möglich, da die Stiftungsurkunde nur die Vergabe von drei Stipendien zulasse. Die Klage des Schülers sei somit von vornherein unzulässig.
Stifterwillen ist eindeutig
Zudem scheitere die Klage des Schülers am klaren Stifterwillen: Denn in der Stiftungsurkunde haben die Stifter festgelegt, dass die Stipendien durch eine unabhängige dritte Person – hier den Stiftungsfonds – vergeben werden sollen. Deren Vergabeentscheidung solle, so die Stiftungsurkunde, nicht anfechtbar und damit endgültig sein. Somit könne die Klage des Schülers jedoch von vornherein keinen Erfolg haben, da er keinen rechtlichen Anspruch auf eine inhaltliche Überprüfung der Vergabeentscheidung habe.
Rechtssichere Gestaltung von Satzungen und Förderrichtlinien
Wir halten die Entscheidung des Gerichts nur teilweise für richtig. Denn trotz der Formulierung in der Stiftungsurkunde, wonach die Vergabeentscheidungen endgültig seien, sind sie dennoch vor Gericht anfechtbar – sofern sie willkürlich und nicht sachgerecht erfolgt sind. Das war hier jedoch nicht der Fall: Denn die Bewerbung des Schülers scheiterte an den fehlenden Steuerbescheiden der Eltern. Die Steuerbescheide der Eltern waren Teil der Bewerbungsunterlagen, die alle Bewerber gleichermaßen einreichen mussten, um für das Vergabeverfahren berücksichtigt zu werden. Die Bewerbung des Schülers ist somit an unvollständigen Bewerbungsunterlagen gescheitert, sodass sein Ausschluss vom Vergabeverfahren nicht willkürlich erfolgt ist.
Diese Entscheidung zeigt, wie wichtig die Erstellung einer rechtssicheren und einwandfrei gestalteten Satzung und Förder- bzw. Vergaberichtlinie ist, damit sich Stiftungen wirksam vor Klagen von abgelehnten Stipendienbewerben schützen können. Unsere Experten für Stiftungsrecht unterstützen Sie gern – nicht nur bei der Gestaltung von Satzungen und Förderrichtlinien, sondern auch bei Streitigkeiten mit abgelehnten Bewerbern vor Gericht.
VG Köln, Urteil v. 10.11.2021 – 3 K 2200/18
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