Gemeinnützige Organisationen können ihre gemeinnützigen Tochtergesellschaften auf vielfältige Weisen finanzieren. In der Praxis häufig sind Einlagen, Mittelweiterleitungen oder Darlehen. Das Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz hat NPOs in seiner Entscheidung vom 07.10.2021 nun eine weitere Möglichkeit eröffnet: Die Finanzierung der Tochter-NPO durch Spenden der Muttergesellschaft.
NPO finanziert ihre gemeinnützige Tochter mit Spenden
In dem entschiedenen Fall ging es um einen gemeinnützigen Verein, der 90% der Anteile an einer gemeinnützigen GmbH (gGmbH) hielt. Die gGmbH betrieb einen gemeinnützigen Bildungs- und Forschungsbetrieb und verfolgte teilweise dieselben Zwecke wie ihre Mutter. Da die Einnahmen aus den beiden Betrieben den Finanzierungsbedarf der gGmbH nicht decken konnten, zahlte der Verein seiner Tochter insgesamt rund 700.000 Euro. Die Gelder stammten aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb des Vereins, flossen jedoch dem ideellen Bereich der Tochter zu. Der Verein machte die Zahlungen steuerlich – unter Vorlage von ausgestellten Spendenbescheinigungen ihrer Tochtergesellschaft – als Spenden geltend.
Zahlungen sind keine Spenden
Das Finanzamt war mit diesem Vorgehen nicht einverstanden und ließ den Abzug der Spende nicht zu. Der Grund: Die Zahlungen seien nicht als Spende, sondern als verdeckte Einlage zu behandeln. Bei einer verdeckten Einlage wendet vereinfacht ein Gesellschafter seiner Gesellschaft einen Vorteil zu, ohne eine angemessene Gegenleistung hierfür zu erhalten. Das sei hier der Fall, da der Verein Gelder an seine Tochtergesellschaft gezahlt habe, ohne von ihr eine angemessene Gegenleistung, z.B. in Form zusätzlicher Gesellschaftsrechte oder Dienstleistungen, zu erhalten.
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Zwar gebe es auch bei Spenden keine Gegenleistung, jedoch stehe dort der ideelle Förderungsgedanke im Vordergrund. Das Hauptmotiv für die Zahlungen des Vereins war in diesem Fall jedoch die finanzielle Unterstützung der Tochtergesellschaft, um sie vor Zahlungsschwierigkeiten zu bewahren. Die Zahlungen waren somit allein durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst, da ein ordentlicher und gewissenhafter Vereinsvorstand eines fremden Vereins solche Zahlungen niemals ohne eine angemessene Gegenleistung getätigt hätte. Die Zahlungen konnten daher nicht als Spende anerkannt werden.
Zahlungen als Spende anerkennen?
Nachdem der Einspruch des Vereins gegen das Vorgehen des Finanzamts erfolglos geblieben war, klagte er erfolgreich vor dem Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz: Das Gericht gab dem Verein recht, sodass er seine getätigten Zahlungen als Spenden im Rahmen der gesetzlichen Grenzen abziehen durfte. Zunächst stellte das Gericht klar, dass auch NPOs abzugsfähige Spenden leisten können. Die einzigen Voraussetzungen: Die Spendengelder müssen aus dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb stammen und der Erfüllung der eigenen Satzungszwecke dienen. Die Zahlungen des Vereins erfüllten diese Voraussetzungen: Denn die Gelder stammten zum einen aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb des Vereins.
Hauptmotiv der Spende: Förderung der Satzungszwecke
Zum anderen waren die Zahlungen aus Sicht des Gerichts gerade nicht durch das Gesellschaftsverhältnis zwischen dem Verein und der gGmbH veranlasst gewesen, so dass
keine verdeckte Einlage vorliege. Die Zahlungen des Vereins dienten nämlich primär dazu, seine eigenen Satzungszwecke zu verwirklichen. Denn seine Satzungszwecke stimmten teilweise mit den Satzungszwecken der gGmbH überein, so dass der Verein mithilfe der Spenden seine eigenen Satzungszwecke über seine Tochter verwirklichen konnte. Ein ordentlicher und gewissenhafter Vereinsvorstand eines fremden Vereins hätte somit genauso gehandelt.
Finanzielle Stärkung der Tochter ist nur positiver Nebeneffekt
Zwar habe sich die finanzielle Situation der Tochter durch die Spenden tatsächlich verbessert, dies sei jedoch nur ein positiver Nebeneffekt gewesen, so das Gericht. Wäre die Finanzierung der Tochter das Hauptmotiv des Vereins gewesen, so hätte er die Gelder nicht gespendet, sondern der Tochter in Form eines Darlehens gegeben. Ein Darlehen unterliegt nämlich nicht den strengen Anforderungen des Gemeinnützigkeitsrechts. Bei einem Darlehen darf die Tochter die Gelder in allen vier Sphären verwenden und sich hierfür auch Zeit lassen, da für die per Darlehen erhaltenen Gelder keine zeitnahe Mittelverwendungspflicht gilt. Dagegen muss die Tochter die erhaltenen Spendengelder zeitnah für ihre satzungsmäßige Zwecke verwenden und darf diese nicht im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb nutzen. Zudem wäre ein Darlehen auch finanziell attraktiver für den Verein gewesen: Denn die Tochter hätte ihm das Darlehen nebst Zinsen zurückzahlen müssen – Spendengelder sind dagegen für immer „verloren“, da eine Rückzahlung nicht erfolgt.
Entscheidung erhält Spendenrecht für NPOs
Wir halten die Entscheidung für richtig. Das Gericht hat zu Recht entschieden, dass NPOs nicht nur Spenden empfangen, sondern unter bestimmten Voraussetzungen auch selbst spenden können. Die Ansicht des Finanzamts, wonach bei der Finanzierung einer finanzschwachen Tochtergesellschaft durch ihre Mutter pauschal eine verdeckte Einlage vorliegen soll, widerspricht dem Wesen einer NPO: Denn in solchen Fällen würde das Spendenrecht für NPOs überhaupt keine Anwendung mehr finden – das kann nicht richtig sein.
Hinweis
Das Finanzamt hat gegen die Entscheidung des FG Rheinland-Pfalz bereits Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) eingelegt, sodass NPOs nicht voreilig handeln sollten (Az. I R 52/20). Stattdessen sollten sie gemeinsam mit einem Experten überprüfen, welche Finanzierungsmaßnahmen im Einzelfall geeignet sind. Neben dem klassischen Darlehen eignen sich beispielsweise auch Mittelweiterleitungen als rechtssichere und attraktive Alternative – zumindest bis der BFH über den Fall entschieden hat. Denn der Gesetzgeber hat die rechtlichen Anforderungen für Mittelweiterleitungen im Zuge der Reform des Gemeinnützigkeitsrechts zu Jahresbeginn erheblich erleichtert. Unsere Experten für Finanzierung und Gemeinnützigkeitsrecht sind Ihnen gerne behilflich.
FG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 07.10.2020 – 1 K 1264/19
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