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Neues zur Abgrenzung von Vermögensverwaltung und Gewerbebetrieb bei Immobilieninvestitionen

Mit der Frage, ob Einkünfte aus Immobilieninvestitionen noch der Vermögensverwaltung zuzurechnen sind oder bereits gewerblichen Charakter tragen, mussten sich wieder einmal die Gerichte befassen. Für gemeinnützige Körperschaften ist die Abgrenzung von großer Bedeutung, da Einkünfte aus Vermögensverwaltung steuerfrei vereinnahmt werden können, wohingegen gewerbliche Einkünfte im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zu versteuern sind (vgl. bereits hier, sowie Winheller, ZStV 2010, 233 f.).

3-Objekt-Grenze

Die Rechtsprechung grenzt vermögensverwaltende von gewerblichen Einkünften unter Zuhilfenahme der sog. 3-Objekt-Grenze ab. Verkauft der Steuerpflichtige mehr als drei Objekte innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs von etwa fünf Jahren zwischen Anschaffung und Verkauf, liegt danach in der Regel ein gewerblicher Grundstückshandel vor. Für gemeinnützige Körperschaften, die in Immobilien investieren, bedeutet dies, dass ihre Immobilieneinkünfte dann der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer unterliegen.

Was ist ein Objekt?

Ein häufiger Streitpunkt im Zusammenhang mit der 3-Objekt-Grenze betrifft die Frage, was als „Objekt“ zu werten ist. Die Antwort fällt insbesondere dann schwer, wenn auf einem Grundstück mehrere Immobilien stehen. Der vierte Senat des BFH hat mit Urteil vom 05.05.2011 nun eine für Steuerpflichtige günstige Entscheidung getroffen. Danach handelt es sich bei einem ungeteilten Grundstück, auf dem mehrere freistehende Mehrfamilienhäuser stehen, nur um ein Objekt. Der BFH stellt in seiner Entscheidung auf das Grundstück im Sinne des Grundbuchrechts ab. Ein Grundstück, dem im Grundbuch eine Grundbuchnummer zugewiesen ist, stellt mithin ein Objekt dar – unabhängig davon, wie viele einzelne Immobilien auf ihm stehen und in wie viele Flurstücknummern es unterteilt ist. Nicht übersehen werden darf freilich, dass diese günstige Rechtsprechung des vierten Senats vom 10. Senat offenbar nicht geteilt wird. In einem Urteil vom 03.08.2004 hatte der 10. Senat nämlich noch in die entgegengesetzte Richtung tendiert.

Ebenfalls um die Frage, was als Objekt gilt, dreht sich eine Entscheidung des BFH vom 30.09.2010. In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt war ein Kaufvertrag über einen einzigen Miteigentumsanteil von 546,2/1000 geschlossen worden. In derselben notariellen Urkunde war das Grundstück dann allerdings per Teilungserklärung in zahlreiche Wohneinheiten aufgeteilt worden, von denen dem Käufer mehr als drei zugewiesen wurden. Der Senat entschied, dass hiermit die 3-Objekt-Grenze überschritten sei. Es komme nicht auf die Übertragung des unabgeteilten Miteigentumsanteils, sondern auf die Zahl der übertragenen Wohneinheiten an.

Achtung bei Beteiligung an Immobiliengesellschaften

Gemeinnützige Körperschaften sind nicht selten an geschlossenen Immobilienfonds beteiligt (siehe hierzu auch das Urteil des BFH vom 25.05.2011 in dieser Ausgabe unter „Stiftungsrecht“). Vergessen wird dabei oftmals, dass auch für solche Beteiligungen die 3-Objekt-Grenze gilt. Das ist insbesondere dann gefährlich, wenn die Körperschaft neben den Fondsanteilen noch unmittelbar selbst Immobilen hält und eine scheinbar der Vermögensverwaltung unterliegende Veräußerung einer direkt gehaltenen Immobilie plötzlich in eine gewerbliche (steuerpflichtige) Veräußerung umqualifiziert wird, weil der Körperschaft die Veräußerungen mehrerer Objekte auf Ebene des Immobilienfonds zugerechnet werden und damit insgesamt die 3-Objekt-Grenze überschritten wird. Hierauf weist ein Urteil des Finanzgerichts Hessen vom 24.02.2010 hin. Immerhin verlangt das BMF für eine solche Zurechnung, dass der Gesellschafter an dem Fonds zu mindestens 10% beteiligt ist oder dass der Verkehrswert des Gesellschaftsanteils oder des Anteils an dem veräußerten Grundstück mehr als 250.000 Euro beträgt (BMF v. 26.03.2004, IV A 6-S 2240-46/04 Rn. 14 ff.).

5-Jahres-Grenze oder eher 10-Jahres-Grenze?

Das Finanzgericht Hessen weist außerdem darauf hin, dass die Gewerblichkeit von Objekt-Veräußerungen auch dann erreicht werden kann, wenn der Zeitraum zwischen Erwerb und Veräußerung mehr als fünf Jahre beträgt. Bei der 5-Jahres-Grenze handele es sich nicht um eine starre unverrückbare Grenze. Vielmehr könne im Einzelfall auch ein Zeitraum von bis zu zehn Jahren in den Blick genommen werden. Immerhin gesteht das Gericht zu, dass die Indizwirkung für die Gewerblichkeit mit zunehmendem Zeitabstand abnimmt und die Gewerblichkeit nach Ablauf der 5-Jahres-Grenze nur dann bejaht werden kann, wenn weitere Umstände, die für die Gewerblichkeit sprechen, hinzutreten.

Hinweis: Das Urteil des BFH zur Frage, was als Objekt im Sinne der 3-Objekt-Grenze zählt, schafft Klarheit und Rechtssicherheit. Angesichts der offenbar anderen Auffassung des 10. Senats ist Steuerpflichtigen wie gemeinnützigen Körperschaften allerdings weiterhin zur Vorsicht zu raten. Die 3-Objekt-Grenze hat lediglich Indizwirkung. Der Steuerpflichtige, der auf einem Grundbuchgrundstück eine große Zahl von Immobilienprojekten realisiert, sollte neben dem Verweis auf die Entscheidung des 4. Senats des BFH am besten weitere Argumente bei der Hand haben, die gegen seine gewerbliche Betätigung sprechen. Gleiches gilt in Fällen, in denen zwischen Erwerb und Veräußerung zwar fünf, aber noch keine zehn Jahre liegen.

BFH, Urteil v. 05.05.2011, Az. IV R 34/08.
BFH, Urteil v. 30.09.2010, Az. IV R 44/08.
FG Hessen, Urteil v. 24.02.2010, Az. 8 K 3380/07.

 

Stefan Winheller

Rechtsanwalt Stefan Winheller ist seit rund 20 Jahren auf steuerrechtliche Fragen spezialisiert, v.a. in den Bereichen Krypto, Stiftungen/NPO und Internationales.

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